Alles, nur kein Zufall: Holstein Kiel ist in der Bundesliga angekommen

Stand: 03.11.2024 11:33 Uhr

Für Holstein Kiel hatte das lange Warten auf den ersten Bundesliga-Sieg in der Vereinsgeschichte am Sonnabend ein Ende. Der 1:0-Erfolg gegen den 1. FC Heidenheim war jedoch nicht nur ein Befreiungsschlag mit historischer Note. Die Partie zeigte auch, dass der vergleichsweise finanzschwache Aufsteiger mit seiner Personalpolitik in der Beletage bestehen kann.

von Hanno Bode

Es läuft nicht nach Wunsch an diesem 4. November des vergangenen Jahres für den FC Homburg im ersten Abschnitt des Regionalliga-Duells mit dem TSV Steinbach Haiger. Mit einem enttäuschenden 0:0 geht es für die ambitionierten Saarländer in die Kabine. Zur zweiten Hälfe schickt Coach Danny Schwarz Phil Harres für Fabian Eisele auf den Rasen. Und der "Joker" sticht: Mit einem Doppelpack bringt der Angreifer die Hausherren mit 2:0 in Führung. Am Ende siegen die Homburger insbesondere dank Harres mit 3:0.

Zwölf Monate später steht der 22-Jährige in der Startelf von Holstein Kiel für die Bundesliga-Partie gegen Heidenheim. Ein kometenhafter Aufstieg für den aus Datteln stammenden Offensivspieler, dessen Verpflichtung durch die KSV im Sommer durchaus überraschend kam. Denn vor seinem erfolgreichen Engagement in Homburg - Harres erzielte 24 Treffer in der abgelaufenen Serie - war er bei Viktoria Berlin, Dynamo Dresden und dem SSV Ulm nicht groß in Erscheinung getreten.

"Das war jetzt der erste Dreier und da müssen noch welche folgen." Holstein Kiels Coach Marcel Rapp

Aber Kiels Verantwortliche trauten dem 1,93-Meter-Hünen den Sprung von der Vierten in die Erste Liga zu. Trainer Marcel Rapp baute Harres ähnlich behutsam auf wie beispielsweise Nicolai Remberg, der in der Vorsaison vom damaligen Drittliga-Aufsteiger Preußen Münster nach Kiel gekommen war. Auch "Rambo", wie der Mittelfeldmann gerufen wird, steht gegen Heidenheim in der Startelf. Dazu vertraut Rapp dem vom Drittligisten SV Sandhausen verpflichteten Max Geschwill die Rolle des Abwehrchefs an.

Mit drei "Grünschnäbeln" in der Anfangsformation soll der erste Saisonsieg gelingen? Zweifel sind vor dem Anpfiff erlaubt. Doch tatsächlich schafft Holstein gegen den Coference-League-Teilnehmer den lange herbeigesehnten Befreiungsschlag.

Trainer Marcel Rapp (l.) von Holstein Kiel im Gespräch mit einem Fan der KSV © picture alliance/dpa | Frank Molter
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Rapp: "Reden intern nicht über Ergebnisse"

Rapp steht die Erleichterung nach der umkämpften Begegnung ins Gesicht geschrieben. Nach zuvor acht sieglosen Spielen sowie dem bitteren Zweitrunden-Aus im DFB-Pokal beim Zweitligisten 1. FC Köln (0:3) hatten nicht wenige Experten und Fans der KSV bereits die Bundesliga-Tauglichkeit abgesprochen. Kiels Trainer aber, so versichert der 45-Jährige auf der Pressekonferenz glaubhaft, hat zu keinem Zeitpunkt an den Qualitäten seiner Mannschaft gezweifelt.

"Wir reden intern nicht über Ergebnisse. Bei uns macht das Ergebnis nicht die Meinung, sondern die Leistung macht die Meinung. Extern ist aber das Ergebnis halt der Faktor, weil es das ist, was auch zählt. Und deswegen sind wir froh, dass wir das Spiel gewonnen haben, weil jetzt wahrscheinlich alles gut ist", sagt Rapp. Nahezu im selben Atemzug weist der akribische Fußballlehrer jedoch darauf hin: "Aber heute war auch nicht alles gut. Genauso wie nicht alles schlecht war, wenn wir die Spiele verloren haben."

Harres, Remberg und Geschwill stehen für den Kieler Weg

Phil Harres von Holstein Kiel © IMAGO / Susanne Hübner
Kiels Stürmer Phil Harres feierte gegen Heidenheim sein Bundesliga-Startelfdebüt.

Der Sieg gegen Heidenheim, das war zu spüren, war eine Genugtuung für Rapp. Nicht nur die drei Punkte haben ihn in seinem Weg bestätigt, sondern auch die Zusammenstellung der Startelf. Geschwill und Remberg trugen maßgeblich dazu bei, dass erstmals in dieser Serie bei der KSV hinten die Null stand.

Und Harres, der vormalige Viertliga-Stürmer, lief sich die Lunge aus dem Hals, machte viele Bälle fest und sorgte so für Entlastung.

Einziges Manko des Bundesliga-"Nobodys" in seinem insgesamt dritten Profi-Spiel war der Torabschluss. Der 22-Jährige vergab zwei Chancen überhastet.

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Rapp schafft als "Bessermacher" Werte für Holstein

Rapp war dennoch voll des Lobes für seinen von der KSV in der saarländischen Fußball-Provinz entdeckten Stürmer. "Wir wissen, was wir an Phil haben. Er hat ein paar Anlaufschwierigkeiten gehabt, aber das ist ganz normal, wenn man aus der Regionalliga kommt. Er war sich nicht zu schade, in der U23 zu spielen und Fitness zu sammeln. Er kann Bälle gut festmachen, er läuft gut tief und hat eigentlich einen guten Abschluss", erklärte der 45-Jährige.

Harres ist nicht der erste, aber der neueste Beweis, dass Rapp ein "Bessermacher" ist. Zum wiederholten Mal in seiner Amtszeit bei der KSV hat der Trainer einen Spieler auf ein höheres Niveau gehievt. Der Fußballlehrer ist bei Holstein ein Chefausbilder, der für den im Erstliga-Vergleich finanziell nicht auf Rosen gebetteten Club Werte schafft.

"Gutes Setting" als Basis für Entwicklungssprung

Vielleicht würde auch Rapp ausschließlich gerne mit nahezu "fertigen" Spielen zusammenarbeiten, wie dies viele seiner Bundesliga-Trainer-Kollegen machen können. Aber weil dem Aufsteiger das nötige "Kleingeld" fehlt, um Stars an die Förde zu locken, hat sich der 45-Jährige voll und ganz dem Kieler Weg verschrieben. Einem Weg, der funktioniert, wenn man ihn denn mit Geduld geht. Das hat die Personalie Phil Harres nun erneut unter Beweis gestellt.

"Er ist ein sehr guter und mannschaftsdienlicher Spieler. Und das zeigt auch noch mal den Weg von Holstein Kiel, einem Spieler aus der Regionalliga Vertrauen zu geben und ein gutes Setting zu schaffen, wo er sich wohl fühlt. Und dann können wir, glaube ich, noch viel von ihm erwarten", sagte Rapp über den Youngster, der vor einem Jahr noch vor ein paar hundert Zuschauern für Homburg auf Torejagd ging.

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Sportclub | 03.11.2024 | 22:50 Uhr

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