1980: HSV-Gala mit Aufholjagd gegen Real Madrid
Der Hamburger SV hat im Europapokal für manche Sternstunde gesorgt. Das 5:1 im Halbfinal-Rückspiel des Cups der Landesmeister 1980 gegen Real Madrid heute vor 40 Jahren war so eine. Die Partie zum Nachlesen und in voller Länge im Video.
HSV-Fans - vor allem die älteren - schwärmen immer wieder von denselben Spielen. Das Meisterschaftsfinale 1960 gegen den 1. FC Köln (3:2), der 4:3-Sieg nach 1:3-Rückstand bei Bayern München (1982) oder die europäischen Endspiel-Triumphe über den RSC Anderlecht (1977, 2:0) und Juventus Turin (1983, 1:0). Unvergessen ist aber auch das Halbfinal-Rückspiel des Europacups der Landesmeister am 23. April 1980, in dem die Hamburger das Starensemble von Real Madrid mit 5:1 aus dem Volksparkstadion fegten und nach dem 0:2 im Hinspiel so ins Finale einzogen. "Das Tollste und Beste, was ich je vom HSV gesehen habe", schwärmte Hamburgs Manager Güter Netzer anschließend.
Traumduo Kaltz/Hrubesch im Alleingang
Mit dem 0:2 in Madrid waren die Hamburger noch gut bedient. Reals Stürmer-Legende Santillana erzielte vor 120.000 Zuschauern die beiden Tore - der Bundesligist durfte angesichts der eigenen schlechten Leistung froh sein, dass es nicht mehr Gegentore waren. "Wir waren einfach zu ängstlich", erinnert sich HSV-Abwehrspieler Peter Hidien 40 Jahre später im NDR Sportclub: "Wir haben mehr vor dem großen Real gezittert, als es überhaupt nötig war."
Zwei Wochen später, am 23. April 1980, erlebten dann 61.000 Zuschauer in Hamburg das Fußballwunder. Schon nach 110 Sekunden lag der Ball erstmals im Netz der Madrilenen, doch Schiedsrichter Alberto Michelotti aus Italien entschied auf Abseits.
Das entmutigte die HSV-Elf keinesfalls: Nach 17 Minuten hatte sie durch Tore von Manfred Kaltz (10., Foulelfmeter) und Horst Hrubesch das Ergebnis aus dem Hinspiel egalisiert. "Das hat uns natürlich Sicherheit gegeben - und gleichzeitig den Ansporn, noch mehr rauszuholen, mehr zu rennen und mehr zu kämpfen", so Hidien.
Auch der Anschlusstreffer der Spanier durch Laurie Cunningham (31.) stoppte den Fußball-Rausch der Mannschaft von Trainer Branko Zebec nicht. Erneut trafen Kaltz (40.) und Hrubesch (45.) und so ging es mit einem unfassbaren 4:1 in die Halbzeitpause.
Doch die HSVer blieben wachsam: "Jetzt bloß nicht ausruhen. Das darf man gegen Real nicht machen", beschreibt Hidien die damalige Devise für den zweiten Durchgang. In der Tat blieb die Spannung trotz der klaren HSV-Führung hoch, denn Real hätte ein einziges Tor genügt, um ins Finale einzuziehen. Doch dieser Treffer sollte nicht fallen. Dem spanischen Druck begegneten die Hamburger mit schnellem Konterspiel - einen dieser Gegenstöße verwertete Caspar Memering zum erlösenden 5:1 in der 90. Minute.
Ernüchterung im Finale gegen Nottingham
Dem Rausch folgte der Kater. Denn der HSV präsentierte sich in den Wochen darauf äußerst labil. In der Meisterschaft wurde die Chance auf die Titelverteidigung am vorletzten Spieltag durch ein 1:2 beim Aufsteiger Bayer Leverkusen verspielt. Unmittelbar vor dem Europacup-Finale am 28. Mai verkündete die HSV-Führung zudem die Verpflichtung von Franz Beckenbauer.
Die Rückholaktion des 35-Jährigen von New York nach Hamburg sorgte mannschaftsintern für viel Unruhe und Kritik - keine idealen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Endspiel, das ausgerechnet im Bernabeu-Stadion von Real Madrid stattfand.
Und so kam es, wie es kommen musste. Gegner Nottingham Forrest ging in der 19. Minute durch John Robertson in Führung und stellte in der Folge seine Offensivbemühungen ein. HSV-Ikone Uwe Seeler analysierte treffend: "Ich hatte den Eindruck, die wollten gar nicht Fußball spielen. Diese Forrest-Truppe hat hoffentlich keine Zukunft". Nun, für den Finalabend reichte der britische Minimalismus, der Forrest im übrigen auch schon im Jahr zuvor den Titel im Europacup der Landesmeister beschert hatte. Der HSV attackierte ideenlos und zu ungestüm und verlor ebenso überraschend wie unnötig das letzte Spiel von Kevin Keegan im HSV-Dress.