Stand: 25.10.2011 10:49 Uhr

Uwe Seeler - Beliebt, bescheiden, bodenständig

von Sebastian Ragoß, NDR.de
Uwe Seeler mit HSV-Fahne © dpa
Uwe Seeler mit der HSV-Fahne.

Fast 20 Jahre lang ging Uwe Seeler für den Hamburger SV auf Torejagd. Vier Jahrzehnte nach seinem Karriere-Ende ist die Beliebtheit des ehemaligen Mittelstürmers, den die Hamburger einst "Uns Uwe" tauften, ungebrochen. Nur Franz Beckenbauer und Fritz Walter werden von den deutschen Fußball-Fans ähnlich verehrt.

Seelers Werdegang ist oft und ausführlich beschrieben worden. Mit 17 bestritt er 1953 sein erstes Ligaspiel für den HSV, ein Jahr später debütierte er in der Nationalmannschaft. "Ich war ein Fußball-Frühreifer", so Seeler. Fast zwei Jahrzehnte lang schoss er Tor um Tor, oftmals spektakulär im Fallen, Liegen oder - wie bei der WM 1970 gegen England - per Hinterkopf.

Andere schossen noch mehr Tore oder waren begabtere Fußballer, die Popularität von Seeler erreichte keiner. Was also machte den Hamburger so beliebt? "Seeler stand für den Aufschwung. Dafür, dass die Leute die Ärmel hochkrempelten", glaubt der Soziologe und Fußball-Kenner Norbert Seitz.

"Energie einer Kanonenkugel"

In typischer Haltung: Uwe Seeler im Volksparkstadion gegen Eintracht Frankfurt © dpa
In typischer Haltung: Uwe Seeler im Volksparkstadion gegen Eintracht Frankfurt.

Während sein kongenialer Partner Charly Dörfel - laut "taz" der "Gegenentwurf zum Wirtschaftswunder-Protagonisten Uwe Seeler" - schon mal mit dem Publikum am Rothenbaum während des Spiels seine Späße trieb, ackerte Seeler unermüdlich über den Rasen. Nichts hasste er mehr als zu verlieren. Seeler (Kampfname: "Der Dicke") redete unentwegt auf seine Mannschaftskameraden ein und konnte recht ungemütlich werden, wenn sich das Spiel nicht so entwickelte wie erhofft. Trotzdem blieb er auch in der Niederlage immer ein fairer Sportsmann. "Man muss immer wieder hart arbeiten. Ich habe Fußball mit Leidenschaft, Spaß und Freude gespielt", beschreibt Seeler seine Einstellung. Mit der "gesammelten Energie einer Kanonenkugel" (Frankfurter Allgemeine Zeitung) warf er sich den größeren Verteidigern entgegen. "Er symbolisierte das typische Stehaufmännchen. Der kleine Uwe hechtet nach ganz oben", erklärt Seitz.

Comeback nach Achillessehnenriss

Uwe Seeler im Krankenhaus nach seiner Achillessehnenverletzung 1965 © dpa
Seeler im Krankenhaus nach seiner Achillessehnenverletzung 1965

Niemals wurde diese Charaktereigenschaft deutlicher als 1965. Nach einem Achillessehnenriss bescheinigten fast alle Experten Seeler das Karriere-Ende. Nicht einmal sechs Monate später stand er wieder auf dem Platz. Skandale abseits des grünen Rasens hat es bis heute nicht gegeben. Frauen-Affären? Fehlanzeige. Seeler ist seit 1959 mit seiner Frau Ilka verheiratet und hat drei Töchter. Gescheiterte Versuche, nach der aktiven Karriere Fuß zu fassen? Nicht bei Uwe Seeler. Noch immer reist er als Vertreter durch die Lande und verkauft Sportartikel. "Man muss aktiv blieben, damit die Birne nicht einrostet", so Seeler in seiner typischen Diktion.

Symbol für den ursprünglichen Fußball

Als "redlich", "ehrlich", "bescheiden" oder "bodenständig" wird Seeler allgemein beschrieben. "Man darf sich nicht zu wichtig nehmen", sagt er selbst. Uwe Seeler spielte zu einer Zeit, als Stadien noch nicht die Namen von Sponsoren trugen und Arena hießen, sondern Glückauf-Kampfbahn, Stadion Rote Erde und Bremer Brücke. Und so verkörpert er für zahlreiche Fans auch die Erinnerung an einen Fußball, der noch nicht von Sponsoren, Fernsehinteressen und Gewinn-Maximierung geprägt war. Dass er 1961 ein Millionen-Angebot von Inter Mailand ausschlug und in Hamburg blieb, rechnen ihm auch heute noch viele Fans hoch an.

Arena statt Uwe-Seeler-Stadion

Uwe Seeler vor der Skulptur seines in Bronze gegossenen Fußes © picture-alliance/ dpa/ Ulrich_Perrey
Das HSV-Idol vor der Skulptur seines in Bronze gegossenen Fußes vor der HSV-Arena.

Nur einmal traf "Uns Uwe" eine offenkundige Fehlentscheidung, als er sich 1995 zum Präsidenten seines HSV wählen ließ. Von der Boulevardpresse ins Amt gedrängt und umgeben von falschen Freunden, wirkte Seeler überfordert. Zur Ruhe kam der Verein nicht, gute drei Jahre später trat Seeler entnervt als Präsident zurück. Sein guter Name half jedoch maßgeblich, den Stadion-Umbau auf den Weg zu bringen. Viele Fans forderten, dem Stadion den Namen des größten Vereinsidols zu geben. Die Clubführung entschied sich anders. Aus dem Stadion wurde eine Arena, die den Schriftzug eines Internetanbieters erhielt. An Uwe Seeler erinnert vor dem Stadion ein tonnenschweres Ungetüm in Form eines Fußes.

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 29.09.2012 | 22:00 Uhr

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