1983: Der HSV auf dem Gipfel
Der HSV nervt den Rest der Bundesliga. Er brilliert nicht in seiner sechsten Meistersaison 1982/83, er dominiert. Saisonübergreifend verliert die Mannschaft über ein Jahr lang kein Meisterschaftsspiel. 19 Siege, 17 Unentschieden, null Niederlagen lautet die Bilanz zwischen dem 17. Januar 1982 und dem 28. Januar 1983. Wie eine Maschine produziert sie Punkte, vermeidet Gegentore. Selbst das Satiremagazin "Titanic" stöhnt über den "immer unerträglicher vor sich hinsiegenden HSV". Trainergenie Ernst Happel hat das Team geprägt mit Offensive total und Pressing. Das kaufmännisch-kühle Hamburger Fußball-Naturell bleibt umgekehrt aber auch nicht ohne Einfluss auf den ständig grimmig dreinschauenden Wiener. Das Resultat ist ein oft nicht begeisternder, aber effektiver Fußball.
Der letzte Transfer-Volltreffer: Wolfgang Rolff
Die Korsettstangen des Teams befinden sich auf dem Höhepunkt ihrer Leistungsfähigkeit. Mit erstaunlicher Konstanz rufen Torwart Uli Stein, Flankenschläger Manfred Kaltz, Vorstopper Ditmar Jakobs, Mittelfeld-Gehirn Felix Magath und Tor-Garantie Horst Hrubesch - Nationalspieler allesamt - ihre Leistung ab. Unterstützt werden sie von Zuarbeitern wie Jürgen Groh, Bernd Wehmeyer und Wolfgang Rolff, die ihren Job ebenso unspektakulär wie zuverlässig verrichten. Aufsehen erregende Shoppingtouren gibt es seit dem Amtsantritt von Manager Günter Netzer auch nicht mehr. Faustregel: Ein richtig guter Mann pro Saison muss her. Diesmal ist es der defensive Mittelfeldspieler Wolfgang Rolff, den Netzer von Fortuna Köln aus der Zweiten Liga holt. Geboren in Lamstedt/Niederelbe, keine Autostunde vom Volksparkstadion entfernt.
Doppelbelastung zehrt an den Kräften
Dass Werder Bremen bis zum letzten Spieltag mit dem Hamburger Grand-Prix-Team mithalten kann, ist vor allem den Europapokalbelastungen geschuldet. Trotz der kräftezehrenden Duelle gelingt es Mannschaft und Führung in der Schlussphase dieser Spielzeit aber, auch in der Bundesliga voll bei der Sache zu bleiben. Das letzte Heimspiel am vorletzten Spieltag gewinnt der HSV mit 5:0 gegen Borussia Dortmund, ganze drei Tage nach dem Athener Triumph im Meistercup über JuventusTurin. Auch eine Woche später geben sich Happels Eurofighter keine Blöße. Sie haben die deutlich anspruchsvollere Aufgabe zu bewältigen als die punktgleichen Bremer, deren Tordifferenz allerdings um acht Treffer schlechter ist. Werder hat Bochum zuhause, der HSV muss "auf Schalke" - da schickt der DFB die Meisterschale sicherheitshalber mal an die Weser.
Abschied von Horst Hrubesch
Der HSV nimmt nach seinem erneut unaufgeregten 2:1-Sieg im Gelsenkirchener Parkstadion eine Kopie entgegen. Das Siegtor erzielt Dauerrenner Rolff. In Führung gebracht hatte den HSV Hrubesch, der den Verein am Ende der Saison verlassen wird. Er weint nach dem Abpfiff in Torwart Steins Armen minutenlang. Hamburg feiert seine Fußballhelden Stunden später noch überschwänglicher als in den Vorjahren. 60.000 versammeln sich auf der Moorweide. Auf dem Podium präsentiert der von den Fans heißgeliebte Kapitän Hrubesch die inzwischen aus Bremen herübergeschaffte echte Meistertrophäe: "Ich habe Euch den Deckel auf den Europacup versprochen. Hier ist er." Der Verkauf der Angriffs-Leistungsträger wird sich im Folgejahr als die erste gravierende Fehlentscheidung der Netzer/Happel-Ära erweisen. Die Neuzugänge Dieter Schatzschneider und Wolfram Wuttke, die Hrubesch/Bastrup ersetzen und das Meisterteam verjüngen sollen, präsentieren sich als geniale, aber schwer zu führende Hallodris. Die Dominanz des HSV in der Bundesliga geht zu Ende.
4. Juni 1983, Parkstadion, Gelsenkirchen: Der HSV wird Meister
FC Schalke 04 - HSV 1:2 (1:1)
Zuschauer: 70.300
Tore: 0:1 Hrubesch (39.), 1:1 Wuttke (44.), 1:2 Rolff (52.)
HSV: Stein - Hieronymus (61. von Heesen) - Kaltz, Jakobs, Wehmeyer - Hartwig, Groh, Rolff, Magath - Hrubesch, Milewski (21. Hansen)