Plastikfasten: Nachhaltigkeit im Ramadan
Im Ramadan, dem Fastenmonat im Islam, geht es nicht nur um Verzicht und Enthaltsamkeit, sondern auch darum, zu reflektieren, zum Beispiel das eigene Konsumverhalten zu hinterfragen und den Umgang mit der Umwelt zu überdenken.
Die Interkulturelle AG der "Technische Universität Hamburg" lädt einmal im Jahr zum Iftar, dem Fastenbrechen im Ramadan, in die Hochschul-Mensa ein. Es sind aber nicht nur Muslime willkommen, wie AG-Mitglied Sahra Naser erklärt: "Deshalb nennen wir es auch gemeinsames Abendessen, damit alle kommen können. Beim Essen erhoffen wir uns, dass ein Austausch zwischen den Leuten stattfindet, dass die Tische ein bisschen gemischt sind, damit nicht jeder in seiner Gruppe sitzt."
Nachhaltigkeit kann etwas Spirituelles sein
Neben dem interkulturellen Dialog spielt für die Organisatoren auch der Gedanke der Nachhaltigkeit eine große Rolle. Inspiriert hat sie dazu der Verein Nour Energy. Die muslimische Umweltorganisation ruft seit 2017 zum weitestgehenden Plastikverzicht während der Fastenzeit auf - #RamadanPlastikFasten nennt sich die Aktion. Welcher Gedanke dahinter steht, verrät NourEnergy-Mitglied Hella Vogler: "Der menschgemachte Klimawandel wird von den wenigsten geleugnet. Es ist an uns, Bewusstsein zu bilden und nicht destruktiv darin zu sein, sondern konstruktiv. Nachhaltigkeit kann etwas Spirituelles sein, auch für Leute, die nicht spirituell veranlagt sind. Es kann Spaß machen und es kann Menschen zusammenbringen, wie bei einem nachhaltigen Iftar zum Beispiel."
Leitfaden für Iftar-Veranstalter
Das Fastenbrechen findet in der Regel in Gesellschaft statt: im Familien- oder Freundeskreis, oft aber auch in größeren Gemeinschaften - wie etwa Moschee- oder Hochschulgemeinden. Diese Essen, bei denen bis zu 1.000 Menschen zusammenkommen, gehen leider nicht immer ganz umweltfreundlich vonstatten: Es wird häufig Einweggeschirr genutzt, viel Fleisch aufgetischt oder im Überschuss gekocht, sodass nachher ein Großteil im Abfall landet.
Um diesen Problemen entgegenzuwirken, hat NourEnergy den "Green Iftar Guide" erstellt, einen Leitfaden, der sich gezielt an Ausrichtende von Iftar-Veranstaltungen richtet und ihnen - anstatt nur den Zeigefinger zu erheben - konkrete Tipps an die Hand gibt, wie sie das Fastenbrechen nachhaltiger organisieren können. "Letztes Jahr haben wir sehr darauf geachtet, dass wir regionales Essen holen und kein Plastik verschwenden", erinnert sich Sahra Naser. "Und dieses Mal haben wir uns das Motto 'Lean Iftar' überlegt - 'Lean' bedeutet, dass man nicht verschwenderisch sein sollte."
"Wir haben eine Aufgabe auf diesem Planeten"
Die Interkulturelle AG der TU Hamburg hat das bei ihrem diesjährigen Essen nicht nur praktisch umgesetzt, sondern auch Redner geladen, die das Bewusstsein der Teilnehmenden schärfen sollen, darunter der Hamburger Wissenschaftler Ali Özgür Özdil: "Es wird erzählt, dass der Herrscher Nimrod Abraham ins Feuer werfen will. Er entfacht ein Riesenfeuer, größer als das Osterfeuer. Da kommt eine Ameise, und die trägt einen Tropfen Wasser, um das Feuer zu löschen. Und die Anderen sagen: 'Was kannst Du denn als Ameise mit einem Tropfen Wasser gegen ein so großes Feuer anrichten?' Und die Ameise sagt: 'Ich weiß auch, dass ich das Feuer nicht löschen kann, aber ich will damit zeigen, auf wessen Seite ich stehe.'"
Auch wenn wir uns klein vorkommen angesichts der großen Katastrophen in dieser Welt, müssen wir aktiv werden, meint der Islamwissenschaftler und Religionspädagoge. Und genau diesen Gedanken verfolgt auch NourEnergy, sagt Hella Vogler: "Wir haben eine Aufgabe auf diesem Planeten und der müssen wir uns stellen. #RamadanPlastikFasten ist eine Möglichkeit. Das zu tun und das kann der Anfang von mehr Nachhaltigkeit sein."