Umfrage von #NDRfragt: Note Vier minus für den ÖPNV auf dem Land
Laut einer #NDRfragt-Umfrage würden viele gerne mehr mit Bahn und Bus fahren. Verspätungen, Ausfälle und schlechte Anbindung erschweren das - vor allem auf dem Land. Trotzdem sei der ÖPNV die Zukunft des Verkehrs.
Bus und Bahn sollen attraktiv sein, um das Klima zu schonen. Doch viele sind unzufrieden mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) - vor allem auf dem Land. Dies zeigt eine Umfrage unter rund 15.000 Norddeutschen in der #NDRfragt-Gemeinschaft. Alle Ergebnisse dieser nicht repräsentativen, aber gewichteten Umfrage gibt es hier als PDF zum Herunterladen.
Note "Ausreichend" für ÖPNV auf dem Land
Die Note für Bahn und Bus fällt ernüchternd aus: Fast die Hälfte der Teilnehmenden gibt dem ÖPNV bei sich vor Ort eine Schulnote zwischen "Vier" und "Sechs". 30 Prozent befinden Bahn und Bus allerdings auch für "Gut" bis "Sehr gut". Wie zufrieden die Menschen mit dem Personennahverkehr sind, hängt davon ab, wo sie wohnen: In der Stadt bewertet die Mehrheit den ÖPNV mit "Gut". Auf dem Land sind wesentlich mehr Befragte unzufrieden. Hier kommen Bahn und Bus nur auf ein schwaches "Ausreichend".
Schlechte Verbindungen und Verspätungen sind Nachteile
Auch was die Teilnehmenden am meisten an Bahn und Bus stört, wird davon beeinflusst, ob sie in der Stadt oder auf dem Land leben: Auf dem Land stören fast die Hälfte am meisten die schlecht ausgebauten Verbindungen und die zu geringe Taktung. In der Stadt ist das weniger ein Problem. Stattdessen kritisieren hier über 40 Prozent vor allem die vielen Verspätungen im ÖPNV. Bahn und Bus scheinen für viele also zu unflexibel und zeitaufwendig im Alltag zu sein.
Besonders für Menschen mit Beeinträchtigung, die kein Auto haben oder keines fahren können, sind Bahn und Bus wichtig. Allerdings seien einige Bahnhöfe immer noch nicht barrierefrei, wie #NDRfragt-Mitglied Kilian beschreibt:
"Unser nächstgelegener Bahnhof ist nicht behindertengerecht, was für mich als Rollstuhlfahrer ein großer Nachteil ist. Es ist mir nicht möglich, ohne Begleitung einzusteigen." #NDRfragt-Teilnehmer Kilian (17) aus Mecklenburg-Vorpommern
Klimaschutz als Pluspunkt für Bahn und Bus
Knapp ein Drittel der Teilnehmenden nutzt den ÖPNV mehrmals in der Woche. Trotz der genannten Nachteile finden viele auch Positives an Bahn und Bus. Rund 40 Prozent der Menschen in der Stadt nutzen den ÖPNV vor allem, weil sie das Klima schonen möchten.
Das ist auch auf dem Land wichtig. Noch mehr Befragte finden dort gut, dass sie in Bus und Bahn während der Fahrt entspannen können (35 Prozent). Vor allem in der Stadt empfindet fast ein Drittel die Fahrt mit dem ÖPNV entspannter als das Auto zu nehmen, weil Staus und Parkplatzsuche entfallen. Einige Befragte sind regelrechte Fans vom Bahn- und Busfahren - so wie #NDRfragt-Mitglied Aaron aus Flensburg:
„Allein, wenn ich das Fenster aufhabe und die Geräusche höre, wie der Bus anfährt und die Tür auf und zugeht, das gibt mir ein Gefühl von Freiheit, von Erlebnissen aus der Kindheit, wie man mit der Bahn nach Hamburg gefahren ist oder mit der Bahn zum Flughafen, um dort schöne Reisen zu erleben.“ #NDRfragt-Teilnehmer Aaron (30) aus Schleswig-Holstein
Befragte auf dem Land fühlen sich schlecht angebunden
Auch wie gut sich die Befragen angebunden fühlen, hängt vom Wohnort ab. Auf dem Land hat über die Hälfte der Befragten (63 Prozent) den Eindruck, dass Bus und Bahn zu selten kommen oder die nächste Haltestelle zu weit weg ist. Das sind mehr als doppelt so viele wie in der Stadt (28 Prozent). Das Problem kennen alle Flächenländer Norddeutschlands. Doch vor allem in Mecklenburg-Vorpommern und in Niedersachsen fühlt sich rund die Hälfte der Teilnehmenden vom ÖPNV abgehängt.
Darum wundert es nicht, dass Befragte auf dem Land viel weniger den öffentlichen Nahverkehr nutzen als Menschen in der Stadt. In Hamburg, Hannover oder Schwerin steigt fast die Hälfte mindestens einmal die Woche in Bus oder Bahn, in ländlichen Regionen wie den Landkreisen Friesland, Dithmarschen oder Vorpommern-Rügen ist es nicht mal ein Fünftel. Viele auf dem Land würden also gern mit Bahn und Bus fahren, können es aber schlicht nicht - wie #NDRfragt-Mitglied Manuela aus Mecklenburg-Vorpommern:
"Ich würde gern mal den öffentlichen Nahverkehr nutzen. Leider fahren bei uns auf dem Land nur zweimal am Tag die Schulbusse. Und diese fahren auch nur bis zum nächsten Ort." #NDRfragt-Teilnehmerin Manuela (52) aus Mecklenburg-Vorpommern
Kreis Lüchow-Dannenberg ist Schlusslicht
Am schlechtesten angebunden fühlen sich die Befragten in vier Landkreisen Niedersachsens. Dort geben jeweils 80 Prozent und mehr an, vom ÖPNV abgehängt zu sein (siehe Karte). Dabei schneidet der Kreis Lüchow-Dannenberg am schlechtesten ab: Hier fühlen sich 92 Prozent schlecht an den öffentlichen Nahverkehr angebunden. Viele sind daher auf das Auto angewiesen, wie #NDRfragt-Mitglied Peter aus Lüchow-Dannenberg beschreibt:
"Insbesondere das östliche Lüchow-Dannenberg ist eine 'Nahverkehrswüste'! Die Bahn Dannenberg-Lüneburg fährt seit Monaten gar nicht mehr. Die Taktung der Busse war und ist eine Zumutung. Selbst Schüler werden von Eltern täglich über sehr viele Kilometer durch den Landkreis gefahren." #NDRfragt-Teilnehmer Peter (63) aus Niedersachsen
Auto wichtig auf dem Land
Nicht nur in Lüchow-Dannenberg, sondern im ganzen Norden greifen viele mehrmals pro Woche auf den Pkw zurück. Während sich in der Stadt allerdings nur zwei Drittel mindestens einmal pro Woche ins Auto setzt, sind es auf dem Land 83 Prozent. Viele berichten, mit dem Auto schneller zur Arbeit oder zum Einkaufen zu kommen. Und Familien brauchen es oft zusätzlich, damit auch ihre Kinder mobil sind. Denn auf den ÖPNV ist dabei manchmal kein Verlass, berichtet #NDRfragt-Mitglied Nicole aus Niedersachsen:
"Wir sind in den vergangenen zwölf Monaten schon häufiger in Verlegenheit gekommen, die Schüler von der Schule abzuholen, weil aufgrund von Streiks oder Krankheit Personalmangel bestand und man dann einfach losfahren musste als Mutter oder Vater, was schwierig ist, wenn man berufstätig ist. Das lässt sich nicht immer gut mit dem Berufsleben vereinbaren." #NDRfragt-Teilnehmerin Nicole (46) aus Niedersachsen
49-Euro-Ticket sollte nur 30 Euro kosten
Viele führen gerne mehr mit Bahn und Bus, würden bloß die Bedingungen stimmen. So zögen 70 Prozent den ÖPNV dem Auto vor, wenn sie mit dem ÖPNV genauso schnell am Ziel wären. Und der Preis ist wichtig: Fast zwei Drittel der Befragten sagen, dass sie Bahn und Bus häufiger nutzen würden, wenn der Personennahverkehr für alle kostenlos wäre.
Für die Mehrheit ist das 49-Euro-Ticket (Deutschlandticket) daher einen Schritt in die richtige Richtung. Über zwei Drittel unterstützen die Idee eines solchen Tickets, fast 30 Prozent haben selbst ein Abo abgeschlossen. Trotzdem wünschen sich viele, das Ticket wäre billiger: Nicht mehr als 30 Euro sollte es kosten, sagen die Teilnehmenden im Mittel. Gerade für Menschen, die Rente beziehen, kann das Abo zu teuer sein, wie #NDRfragt-Mitglied Uwe schreibt:
"Auf Dauer sind für uns als Rentner-Ehepaar 100 Euro (für zwei Deutschlandtickets Anm.d.Red.) zu teuer, das nutzen wir nicht aus. Für maximal zweimal 29 Euro würden wir es wieder nehmen." #NDRfragt-Teilnehmer Uwe (68) aus Schleswig-Holstein
49-Euro-Ticket bringt Menschen in Bus und Bahn
Für die Teilnehmenden der #NDRfragt-Umfrage scheint das 49-Euro-Ticket zu wirken: Wer ein solches Abo abgeschlossen hat, gibt häufig an, seitdem weniger mit dem eigenen Auto zu fahren. Fast zwei Drittel sagen, seitdem verstärkt den ÖPNV zu nutzen. Auch weil das Ticket es leichter - oder überflüssig - macht, Fahrscheine zu kaufen. So sieht es auch #NDRfragt-Mitglied Stefan:
"Durch das Deutschlandticket ist die umständliche Bucherei für verschiedene Verkehrsverbunde entfallen. Riesen Vereinfachung!" #NDRfragt-Teilnehmer Stefan (55) aus Hamburg
Höhere Taktung hat oberste Priorität
Eine Forderung der Befragten sticht klar hervor: Vor allem häufiger sollen Bahn und Bus fahren. Danach gefragt, was als erstes verbessert werden müsste, nannten diesen dringendsten Wunsch fast doppelt so viele Befragte wie günstigere Fahrkarten oder schnellere Verbindungen. Gleichzeitig wünschen sich viele ein deutlich besseres Gesamtangebot. So etwa #NDRfragt-Mitglied Ina:
"Für mich sieht die Zukunft des ÖPNV so aus: kostenlos, Zustiegsmöglichkeiten innerstädtisch nahezu überall, kurze Wege, bessere Anbindung an ländliche Gegenden, Wegfall von Tarifzonen. Verbünde vergrößern bzw. bessere Übergänge zwischen Verbünden." #NDRfragt-Teilnehmerin Ina (46) aus Mecklenburg-Vorpommern
Insgesamt sind sich die Befragten einig, Bus und Bahn sind wichtig für den Verkehr der Zukunft. Rund 70 Prozent der Befragten sagen, die Mobilitätswende sei nur mit dem ÖPNV zu schaffen.
Zu #NDRfragt
Die Umfragen von #NDRfragt sind zwar nicht repräsentativ, stehen aber für die Meinungen einer großen Zahl von Norddeutschen. Wir gewichten die Antworten statistisch, damit #NDRfragt so gut wie möglich die Bevölkerungsgruppen in Norddeutschland widerspiegelt.
#NDRfragt-Community wächst stetig
Die NDR Umfrage-Gemeinschaft #NDRfragt gibt es seit Ende Oktober 2022. Mittlerweile haben sich mehr als 29.000 Norddeutsche angemeldet. #NDRfragt ist das Meinungsbarometer für den Norden. Wer noch nicht dabei ist, aber mitmachen will, kann sich registrieren und an den Umfragen teilnehmen. Mitglied kann werden, wer in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg oder Bremen wohnt und mindestens 16 Jahre alt ist.