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Umfrage: Lehrkräftemangel ist größtes Problem an Schulen

Stand: 24.01.2024 20:00 Uhr

Das Bildungssystem steht vor großen Herausforderungen. Doch wo hakt es an Schulen besonders? Mehrheitlich sieht die #NDRfragt-Gemeinschaft den Mangel an Lehrpersonal und Unterrichtsausfälle als größtes Problem.

von Sabine Leipertz

Neun von zehn Teilnehmenden einer #NDRfragt-Umfrage betrachten den Lehrkräftemangel als großes oder sehr großes Problem. Drei Viertel beklagen zudem die verschleppte Digitalisierung. Mit Blick auf die Schulen empfinden jeweils sieben von zehn Befragten auch die Themen Gewalt und Mobbing sowie die fehlende Chancengleichheit für Kinder aus benachteiligten Verhältnissen als problematisch.

Alle Ergebnisse dieser nicht repräsentativen, aber gewichteten Umfrage gibt es als PDF zum Herunterladen.

Unterrichtsausfall durch Mangel an Lehrpersonal

Mit dem Mangel an Lehrerinnen und Lehrern geht auch ein zum Teil hoher Unterrichtsausfall einher. Zwei Drittel der Befragten mit Verbindung zur Schule (sie sind selbst Schüler, Lehrkräfte oder haben nahe Verwandte in der Schule) sehen darin ein eher großes oder sehr großes Problem. Gut ein Drittel befürchtet, dass daraus Mängel im Basiswissen entstehen: beim Lesen, Schreiben und Rechnen. Fallen auch noch vorhandene Lehrkräfte aus, beispielsweise durch Krankheit, entstehen zusätzliche Lücken im Stundenplan. Den ausgefallenen Unterrichtsstoff nachzuholen, stellt nicht nur das Lehrpersonal, sondern auch Familien vor Herausforderungen, wie Katharina aus Hamburg beschreibt:

"In den letzten Monaten ist so viel Matheunterricht ausgefallen, dass wir für unseren Sohn jetzt Nachhilfe organisieren. Zu Hause lässt sich das fehlende Wissen nicht mehr ausgleichen." #NDRfragt-Mitglied Katharina (47) aus Hamburg

Stimmen aus der #NDRfragt-Gemeinschaft zum Unterrichtsausfall

#NDRfragt-Mitglied Anna (42) aus Schleswig-Holstein:
“Ich arbeite halbtags, damit ich meine Kinder nachmittags bei ihren Hausaufgaben unterstützen kann. Die Lehrer kommen in diesem Schulsystem ohne die Mitarbeit zuhause nicht durch den vorgegebenen Schulstoff. Das muss man sich leisten können.”
#NDRfragt-Mitglied Aranke (42) aus Hamburg:
“Die Klassenarbeiten werden auch bei häufigem Unterrichtsausfall geschrieben. Die Kinder stehen unter Druck und haben den Stoff der Arbeit gar nicht vermittelt bekommen.”
#NDRfragt-Mitglied Karina (44) aus Mecklenburg-Vorpommern:
“Meine Tochter hat pro Woche mindestens vier bis sechs Stunden Ausfall.[...] So schleicht sich ein, dass der Wert einer Schule immer weiter sinkt.”

 

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Arbeitsbelastung unter Lehrkräften hoch

Von den befragten Lehrerinnen und Lehrern empfinden so gut wie alle (94 Prozent) die Arbeitsbelastung als hoch, über die Hälfte sogar als sehr hoch. Unter den Dingen, die sie entlasten könnten, liegen kleinere Klassen mit Abstand vorn (etwa zwei Drittel der Lehrkräfte sagen dies), gefolgt von externen Vertretungslehrkräften mit Fachkenntnissen. Stephan, Lehrer aus Schleswig-Holstein, schildert seine aktuelle Situation so:

"Durch Lehrermangel unterrichte ich momentan fast nur Englisch. Die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, die Korrekturen von Hausaufgaben, Tests und Klassenarbeiten lassen mich jedes Wochenende und alle kurzen Ferien (14 Tage) durcharbeiten." #NDRfragt-Mitglied Stephan (52) aus Schleswig-Holstein

Lehrkräfte aus der #NDRfragt-Community zur Arbeitsbelastung

#NDRfragt-Mitglied Kristin (39) aus Niedersachsen:
“Ich bin als Klassenlehrkraft extrem überlastet durch alles, was an Arbeit außerhalb des Unterrichts zu tun ist. Elternarbeit, Probleme der Schüler, unfassbar viel unnötige Bürokratie…”
#NDRfragt-Mitglied Anna (42) aus Schleswig-Holstein:
“Natürlich wäre ein höheres Gehalt in Fächern mit Lehrermangel zunächst eine Verlockung. Allerdings löst das Gehalt die Probleme nicht. Lehrer müssen bei uns zu viele andere Aufgaben übernehmen. Hier sollte Entlastung stattfinden.”
#NDRfragt-Mitglied Christine (55) aus Niedersachsen:
“Insgesamt müssen [...] die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Digitale Ausstattung der Lehrer und Schüler, kleinere Klassen, Lehrertandems [...].” 

Sind Quereinsteiger die Lösung?

Mehr als die Hälfte der Befragten meint, dass mehr Lehrkräfte eingestellt werden müssen, um im Unterricht die Anforderungen der Lehrpläne zu bewältigen. Nur etwa jeder Fünfte glaubt, dass dies mit dem vorhandenen Personal gelingt. Eine deutliche Mehrheit (gut 80 Prozent) der Umfrageteilnehmenden begrüßt die Einstellung von Quereinsteigern an Schulen. Als Vorteile nennt rund jeder Vierte, dass sie einen frischen und kritischen Blick sowie Praxiserfahrung ins Schulsystem bringen.

"Bei einem Quereinsteiger im Fach Physik habe ich das Thema zum ersten Mal richtig verstanden, da er alles viel praktischer gemacht hat." #NDRfragt-Mitglied Damaris (21) aus Niedersachsen

30 Prozent der Befragten befürchten allerdings auch, dass Quereinsteiger zu wenig Akzeptanz genießen an Schulen, bei Eltern oder in der Verwaltung. Kritik gibt es auch an der fehlenden pädagogischen Ausbildung oder dem Mangel an Fachwissen hinsichtlich der Lehrpläne.

Weitere Stimmen von oder zu Quereinsteigern:

#NDRfragt-Mitglied Arslan (45) aus Niedersachsen:
"Ich bin selbst Quereinsteiger. Die Schüler reagieren häufig anders, wenn man Ihnen etwas aus dem echten Leben erzählt."
#NDRfragt-Mitglied Angela (50) aus Schleswig-Holstein:
"Quereinsteiger können eine Bereicherung für den Unterricht sein, da sie Praxis- und Lebenserfahrung mitbringen. Allerdings sollte es schon so etwas wie eine Praxisprüfung geben, bevor Quereinsteiger loslegen dürfen."
#NDRfragt-Mitglied Claudia (38) aus Hamburg:
“Besonders in der Grundschule sollte ein Quereinsteiger nicht sofort in die Klassen geschickt werden. Der pädagogische Aspekt ist wesentlich wichtiger als die Vermittlung von Fachwissen.”
#NDRfragt-Mitglied Sandra (39) aus Schleswig-Holstein:
“An unsere Schule hatten/haben wir mehrere Quereinsteiger. Problematisch ist, dass sie weder umfangreiches Wissen in der Didaktik, noch in der Pädagogik mitbringen. Darunter leiden dann die Kinder.”

Noten für Schulen im unteren Bereich

Bekämen nicht nur Schülerinnen und Schüler Zeugnisse, sondern auch die Schulen selbst, sähe es düster aus. Die Umfrageteilnehmenden konnten Noten für die Schulen in ihren Bundesländern vergeben. Demnach gibt es quasi kein "sehr gut", nur acht Prozent benoten ihre Schulen mit "gut". Dem gegenüber stehen 30 Prozent, die "ausreichend" vergeben haben, jeder Fünfte benotet mit "mangelhaft".

Über diese Befragung

Die Antworten stammen aus der Umfrage "Unterricht ohne Lehrer - wie weiter mit der Schule?", an der sich 17.280 Norddeutsche beteiligt haben. Für die Ergebnisse wurden Antworten ausgewertet, die vom 3. bis zum 10. Januar 2024 um 9 Uhr abgegeben wurden. An den Umfragen von #NDRfragt nehmen Menschen aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen teil. Die Umfragen werden online ausgefüllt.

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings nach den statistischen Merkmalen Alter, Geschlecht, Bundesland und Schulabschluss gewichtet. Das heißt: Antworten von Bevölkerungsgruppen, die unter den Befragten seltener vertreten sind als in der norddeutschen Bevölkerung, fließen stärker gewichtet in die Umfrage-Ergebnisse ein. Und die Antworten von in der Befragung überrepräsentierten Gruppen werden schwächer gewichtet. Insgesamt verteilen sich die Antworten dann am Ende eher so, wie es der tatsächlichen Verteilung der Bevölkerungsgruppen in Norddeutschland entspricht.

Wachsende #NDRfragt-Community mit mehr als 37.000 Norddeutschen

#NDRfragt ist das Meinungsbarometer für den Norden. Mittlerweile haben sich mehr als 37.000 Norddeutsche für die Community angemeldet. Wer noch nicht dabei ist, aber mitmachen will, kann sich registrieren und wird zu den Umfragen per E-Mail eingeladen. Mitglied kann werden, wer in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg oder Bremen wohnt und mindestens 16 Jahre alt ist.

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Eine Frau hält ein Smarthphone in die Kamera, auf dem Display steht "#NDRfragt" © PantherMedia Foto: Yuri Arcurs

#NDRfragt - das Meinungsbarometer für den Norden

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | | 24.01.2024 | 19:03 Uhr

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