Messerangriff auf VHS-Lehrer in Wedel: Vier Brüder vor Gericht
Die Staatsanwaltschaft wirft den vier jungen Männern gemeinschaftlichen versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor. Sie sollen den Lehrer lebensgefährlich verletzt haben.
Im Juli vergangenen Jahres wurde auf dem Parkplatz der Volkshochschule in Wedel (Kreis Pinneberg) ein Dozent niedergestochen und dabei lebensgefährlich verletzt. Seit Freitag (21.2.) müssen sich vier Brüder dafür vor Gericht verantworten. Da die Beschuldigten zur Tatzeit zwischen 17 und 21 Jahre alt waren, verhandelt die Jugendkammer des zuständigen Landgerichts in Itzehoe (Kreis Steinburg) den Fall.
Staatsanwaltschaft: Opfer hatte Beziehung mit der Mutter der Angeklagten
Die Brüder sitzen seit August in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen gemeinschaftlichen versuchten Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung vor. Sie sollen heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen gehandelt haben, sagte Staatsanwältin Madeleine Hader zum Prozessauftakt. Ihren Angaben zufolge soll der Dozent die Eltern der vier Angeklagten unterrichtet haben - in einem Deutschkurs. Die Staatsanwaltschaft geht außerdem davon aus, dass der Dozent und die Mutter der Angeklagten eine Beziehung gehabt haben. Die vier Brüder hätten demnach am Vorabend der Tat davon erfahren.
Mutmaßliche Täter vereinbarten Treffen mit dem Lehrer
Unter dem Vorwand, Hilfe bei einem gemeinsamen Schreiben auf Deutsch zu benötigen, sollen die Vier ein Treffen mit dem Lehrer an der Volkshochschule vereinbart haben. Einer der Brüder habe dem damals 67 Jahre alten Mann laut Staatsanwaltschaft sein Handy gezeigt, während ein anderer ihn dann von hinten mit mehreren lebensbedrohlichen Messerstichen unter anderem in Hals und Rücken verletzt haben soll.
Verteidiger Alexander Kienzle erklärte nach der Anklage, dass der Prozess nicht nur beweisen müsse, ob die vier Verdächtigen die Tat begangen haben, sondern auch wie. Äußern wollten sich die Brüder zunächst nicht.
Der Lehrer überlebte den Angriff, unterrichtet inzwischen aber nicht mehr an der VHS. Das teilte die Wedeler Stadtverwaltung mit, die für die Einrichtung zuständig ist. In dem Prozess tritt der Mann als Nebenkläger auf.
Richterin: Öffentliches Interesse überwiegt
Bevor die Staatsanwältin am Freitag die Anklageschrift vortragen konnte, gab es vor Gericht eine Debatte darüber, die Öffentlichkeit vom Prozess auszuschließen. Die Verteidigung der Angeklagten sprach sich für den Ausschluss aus. Auch die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage unterstützten das. Ein Grund dafür sei aus Sicht der Verteidiger das Alter ihrer Mandanten. Außerdem seien die Beschuldigten, die in Syrien geboren wurden, nach der Tat "rassistischer Hetze" ausgesetzt gewesen, sagte einer der Verteidiger. Die konkrete Gefahr von Bloßstellungen und Diffamierungen könne die Wahrheitsfindung gefährden, sagte eine andere Anwältin.
Die Richterin folgte den Anträgen allerdings nur zum Teil. So sollen nach ihrer Begründung nur einzelne Teile des Prozesses ohne Öffentlichkeit verhandelt werden. Das öffentliche Interesse an der Verhandlung überwiege laut der Richterin dem schutzwürdigen Interesse aller Angeklagten. Ein Urteil könnte es laut Gericht im Juli geben.
Maßnahmen nach Messerangriff: Mehr Sicherheit an Volkshochschule
Die Stadt Wedel hat Konsequenzen aus dem Vorfall gezogen. So gibt es inzwischen beispielsweise an mehreren Arbeitsplätzen einen stillen Alarm. Im Notfall kann über einen Computer oder eine App unauffällig Hilfe gerufen werden. Außerdem wurde bei der Stadt eine Arbeitsgruppe "Sicherheit und Respekt" gegründet - zuständig für die Überprüfung der Sicherheitsmaßnahmen in städtischen Einrichtungen.
