Zeitreise: Spurensuche nach einem verkannten Künstler
Ein halbes Jahrhundert lang lebte und malte er in Schleswig-Holstein. Aber kaum jemand kennt Gustav Mennicke. Zwei kunstsinnige Männer sagen: Es ist höchste Zeit für eine Wiederentdeckung.
Fast 50 Jahre lang wohnte er abgeschieden auf der Insel Föhr. Seine Werke sind kaum über die Insel hinaus bekannt geworden - bis heute zeigt kein Museum auch nur eines seiner Bilder. Und dennoch sagen zwei fachkundige Männer: Das Werk Gustav Mennickes gehört an die Öffentlichkeit. Denn es hat gerade uns Norddeutschen viel zu sagen.
Unfreiwillige Isolation
Es geschah nicht freiwillig, dass der Künstler sich in den 1930er Jahren in der äußersten Ecke der Insel isolierte. Als er jung war, galt der gebürtige Westfale als hochbegabt. Er studierte in den 1920er Jahren als Meisterschüler bei den besten Professoren in Dresden, erhielt Auszeichnungen und beste Noten. Aber dann brandmarkten die Nationalsozialisten seine Kunst als "entartet". Mennicke zog sich in ein kleines Häuschen auf Föhr zurück - und entwickelte seinen eigenen expressionistischen Stil.
Der verrückte Maler
Arfst Wagner ist dem Künstler häufig begegnet. Wagner stammt von der Insel Föhr und hatte als Jugendlicher von Mennicke gehört. Neugierig klopfte er bei ihm an. "Ich habe gesagt: Ich hab‘ gehört, hier wohnt ein verrückter Maler, und verrückte Maler interessieren mich", erinnert sich Wagner. Darauf habe Mennicke geantwortet: "Hier bist du richtig. Komm rein." Die beiden freundeten sich an. Seitdem setzt sich Wagner, selbst ein Sammler von Mennicke-Bildern, für das Werk des Künstlers ein.
Ein eigener Stil
Dieses Werk ist deshalb so spannend, weil Mennicke einen ganz eigenen Weg gegangen ist. Angefangen hat er als gegenständlicher Maler. Aber dann löste er die Formen immer weiter auf, der Ausdruck wurde wichtiger. Beim "Schimmelreiter"-Triptychon etwa stehen die wilden Kräfte der Natur und die Verzweiflung des scheiternden Deichgrafen Hauke Haien im Zentrum, dessen Schimmel im Bild gerade noch erkennbar emporsteigt. Beim Betrachten des mächtigen Bildes können auch Küstenbewohner noch etwas über die Kraft und Gewalt der Natur erfahren.
Ein Klassiker der Moderne?
Mennicke tat allerdings selbst nicht viel dafür, bekannt zu werden. "Was habe ich davon?", fragte er 1987, ein Jahr vor seinem Tod, in einem NDR Beitrag. "Dann haben die Leute zwar was zu schnacken, aber ich habe davon auch nichts zu essen". Nur einmal verkaufte er ein Bild zu einem wirklich beachtlichen Preis, als der Kreis Nordfriesland seinen "Schimmelreiter" für 11.000 D-Mark erwarb. Der Dreiteiler hängt heute im Husumer Rathaus. "Er hatte die besten Voraussetzungen, um ein großer Klassiker der Moderne zu werden", sagt der Kunsthistoriker Dr. Thomas Gädeke. "Und das kann er immer noch werden".