Zeitreise: Elmshorn, eine Helikopterfabrik und ein Hochstapler

Stand: 04.01.2024 14:21 Uhr

Im Nachkriegs-Deutschland war es scheinbar für viele Hochstapler leicht, an Geld zu kommen. Sinnbildlich dafür steht eine Geschichte aus Elmshorn und die Planungen für eine Hubschrauber-Produktion.

von Thomas Kahlcke

"Dreistigkeit siegt": Zu allen Zeiten gab und gibt es Hochstapler, die das Blaue vom Himmel versprechen und am Ende nur ihren eigenen Vorteil suchen - vom legendären Baron Münchhausen bis zum Meisterfälscher Konrad Kujau. In unserer Zeitreise geht es um einen solchen Aufschneider, der in der unsicheren Nachkriegszeit mit Betrügereien Geld zu machen hoffte - und in Elmshorn ganz groß herauskommen wollte.

Dubiose Planung für Hubschrauber-Produktion

Eine schwarzweiß Aufnahme zeigt einen Mini-Hubschrauber. © NDR
Ein Helikoper vom Prototyp "Franke Copters A" von Bodo Franke, der nur ein Konstrukt bleiben wird.

Sein Name: Bodo Franke. Als er 1958 aus dem Nichts in Elmshorn auftaucht, gibt er sich als Flugzeugingenieur aus. Er wolle hier eine Hubschrauber-Produktion aufbauen, sagt er. Einen Prototypen samt Baulizenz habe er bereits. Aber es müsse schnell gehen; er habe hunderte Vorbestellungen aus dem In- und Ausland. Und in Elmshorn gebe es mit den riesigen Knecht’schen Hallen ja eine stillgelegte Lederfabrik. Die wolle er dafür haben. Jürgen Wohlenberg hat die Geschichte rekonstruiert. "Er muss eine unglaubliche Unverfrorenheit gehabt haben", sagt der ehrenamtliche Mitarbeiter des Elmshorner Stadtarchivs. "Es ist ihm gelungen, diese Hallen für 1,3 Millionen D-Mark zu kaufen, ohne dass auch nur ein Pfennig über den Tisch geflossen ist."

Eine Chance für Elmshorn

Bodo Franke. © NDR
Bodo Franke: kein Flugzeugingenieur, sondern nur Vertreter für Rasierapparate und Staubsauger.

Was Bodo Franke verschweigt: Der Prototyp seines "Franke Copters A", in einer Garage zusammengeschustert, kann gar nicht fliegen. Aber allzu genau sehen die Stadtverantwortlichen auch nicht hin. Die Stadt wurde im Zweiten Weltkrieg großflächig zerstört; jetzt kommt die Industrie nur schwer wieder in Gang. Da wäre Frankes Fabrik DIE Chance für die Stadt. Denn der selbsternannte Unternehmer verspricht 8.000 Arbeitsplätze in Elmshorn. Eine Werkssiedlung für seine Arbeiter will er auch gleich bauen.

Der Schwindel fliegt auf

Jürgen Wohlenberg, Historiker. © NDR
Jürgen Wohlenberg hat die Elmshorner Geschichte im Stadtarchiv rekonstruiert.

Aber als sich in den Knecht’schen Hallen nichts tut und Bodo Franke plötzlich verschwindet, dämmert es den Elmshornern: Aus der Hubschrauberfabrik mit 8.000 Mitarbeitern wird nichts. Jetzt kommt heraus: Bodo Franke ist gar kein Flugzeugingenieur, sondern Vertreter für Rasierapparate und Staubsauger. Er ist 16fach vorbestraft und wird aktuell von Interpol gesucht. Wenig später wird er in Frankreich festgenommen - wegen Uhrenschmuggels.

Kein Schaden, nur Hohn und Spott

In Elmshorn hat der Mann - abgesehen vom Image - keinen Schaden angerichtet. Dafür flog er zu schnell auf. Aber die Geschichte von der Bruchlandung seiner Helikopter-Fabrik, an der die Stadtverantwortlichen nicht ganz unbeteiligt waren, hinterlässt eine Botschaft. In den heutigen Zeiten der Fake-News, sagt Jürgen Wohlenberg, "hätte es so ein Franke noch einfacher, als er es damals gehabt hat".

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Dampflokomotive aus dem 19. Jahrhundert. © dpa - report Foto: Votava

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 07.01.2024 | 19:30 Uhr

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