Zeitreise: Als an der Ostseeküste die Ferienparks entstanden

Stand: 09.07.2023 11:52 Uhr

Ferienparks sind in Schleswig-Holstein mittlerweile ein ideales Reiseziel für Familien, die das Rundum-Sorglos-Paket suchen. Wohnen, Essen, Freizeitgestaltung: Alles an einem Ort.

von Thomas Kahlcke

Vor einem Hochhaus stehen Menschen in Bademode © NDR Foto: NDR Screenshots
Graue Betonklötze an der Ostseeküste sorgten für einen Touristenansturm auf die Badeorte

Damp und Weissenhäuser Strand, Heiligenhafen und Fehmarn: Sie alle haben riesige Ferienzentren, die auch zur gleichen Zeit entstanden sind. Anfang der 1970er Jahre schossen sie entlang der schleswig-holsteinischen Ostseeküste plötzlich wie Pilze aus dem Boden. Warum gerade zu dieser Zeit? Und warum gerade an diesen Orten?

Investitionen in touristische Großprojekte

Gras im Vordergrund behindert die Sicht auf einige Häuser im Hintergrund. © NDR Foto: NDR Screenhots
Mit der Nähe zur Natur entstand auch in Weissenhäuser Strand in den 1970er Jahren ein großes Ferienzentrum

Es ist ein Ergebnis des neuen Wohlstands. Auf einmal konnten sich viele Deutsche um 1970 einen kostspieligeren Urlaub leisten. Die kleinen privaten Vermieter in Schleswig-Holstein wurden den neuen Anforderungen kaum gerecht. Die Nachfrage war da, aber das Angebot kam nicht hinterher. Zeitgleich nutzten etliche Wohlhabende die verlockenden Angebote findiger Bauunternehmer. Sie investierten in touristische Großprojekte, die wegen der Zonenrandförderung große Steuereinsparungen ermöglichten. Für die 4.000-Betten-Anlage in Weissenhäuser Strand etwa kamen so 100 Millionen D-Mark zusammen. Der 7.000-Betten-Komplex in Damp kostete sogar 220 Millionen. Einen Großteil davon bekamen die Gesellschafter, die die Teilsummen aufbrachten, über die Steuer zurück. Das funktionierte so gut, dass bald schon mehr gebaut wurde, als gebraucht.

Kollaps der Tourismusindustrie drohte

Ein Hochhauskomplex in Strandnähe © NDR Foto: NDR Screenshots
Allein in Damp kostete ein 7.000-Betten-Komplex rund 220 Millionen D-Mark

Widerstand aber regte sich dann nicht an der Ost-, sondern an der Westküste: nämlich auf Sylt. Als in bester Westerländer Lage das 80 Meter hohe "Atlantis" gebaut werden sollte, gingen die Anwohner auf die Barrikaden. Tatsächlich wurde das Projekt gestoppt, obwohl schon vor Baubeginn 200 Wohnungen verkauft worden waren. Jetzt kam auch aus der Politik ein Planungsstopp für ganz Schleswig-Holstein. Würden noch mehr Ferienzentren mit mehreren tausend Betten entstehen, drohe ein Kollaps der Tourismusindustrie im Land, so die Sorge damals.

Umstrukturierungen sicherte Existenz

Für manche der großen Bettenburgen war es da schon zu spät: Sie gingen pleite. Andere bekamen durch Umstrukturierungen und neue Konzepte die Kurve. Ihnen sicherte der Planungsstopp das Überleben.

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Dampflokomotive aus dem 19. Jahrhundert. © dpa - report Foto: Votava

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 09.07.2023 | 19:30 Uhr

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