Wolf ins Landesjagdrecht? Aufnahme würde kaum etwas ändern
Nachdem es im Segeberger Forst wahrscheinlich Wolfsnachwuchs gibt, nimmt die Diskussion um die Aufnahme des Wolfs in das Landesjagdrecht erneut Fahrt auf. Doch ändern würde sich dadurch nicht viel.
Am Mittwoch hat das Umweltministerium mitgeteilt, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit Wolfsnachwuchs im Segeberger Forst gibt. Nun werden erneut Rufe laut, Wölfe in das Landesjagdrecht aufzunehmen. Ein entsprechender Gesetzesentwurf des Landwirtschaftsministeriums ist bereits in Arbeit und soll Ende Juni im Kabinett und noch vor der Sommerpause im Landtag behandelt werden.
Der Wolf ist nach nationalem und internationalem Recht jedoch streng geschützt, deshalb könnte die Aufnahme des Wolfs in das Landesjagdrecht lediglich mit einer ganzjährigen Schonzeit erfolgen. Das bedeutet, dass Wölfe nicht gejagt werden dürfen. Diese Schonzeit soll zum einen den Wildtierbestand sichern und zum anderen den Artenschutz fördern.
Landesjagdverband befürwortet Entwurf des Ministeriums
Auf die Frage, was sich durch die Aufnahme des Wolfs in das Landesjagdrecht ändern würde, haben sowohl der NABU Schleswig-Holstein als auch der Landesjagdverband (LJV) die gleiche Antwort: "Nichts!". Der LJV befürwortet die Änderung und damit verbundene Aufnahme des Wolfs in das Landesjagdrecht jedoch trotzdem. Für LJV-Geschäftsführer Marcus Börner brächte die Gesetzesänderung eine "Vereinfachung bei Problemen" - und zwar nicht nur im Umgang mit sogenannten Problemwölfen, sondern auch bei der "Erlösung schwerverletzter Tiere".
In Schleswig-Holstein ist zunächst das Landesamt für Umwelt (LfU) für den Umgang mit sogenannten Problemwölfen zuständig, wie das Umweltministerium auf NDR Nachfrage mitteilte. Jeder kann hier einen Antrag auf die Entnahme, also Tötung eines mutmaßlichen Problemwolfs einreichen. Über diesen berate dann das Landesamt und lege seinen Beschluss dem Umweltministerium zur Prüfung vor, so Dagmar Struß, stellvertretende Landesvorsitzende des NABU Schleswig-Holstein. Dabei spielen vor allem Natur- und Artenschutzrichtlinien eine wichtige Rolle. In Schleswig-Holstein wird von einem Problemwolf gesprochen, sobald ein Wolf zweimal einen vom Land vorgeschriebenen Zaun überwunden hat.
Bislang kümmert sich Wolfsmanagement um Tötung der Tiere
Wird der Antrag auf die Entnahme des Wolfs angenommen, beauftragt das LfU Jägerinnen und Jäger mit der Tötung des Tieres. Katharina Weinberg, ebenfalls stellvertretende Landesvorsitzende des NABU Schleswig-Holstein, erklärt, dass diese Aufgabe hauptamtliche Mitarbeiter des Wolfsmanagements Schleswig-Holstein übernehmen. Mit der Änderung des Landesjagdrechts könnten sich hier die Zuständigkeiten verändern und auch Jäger, die nicht im Wolfsmanagement aktiv sind, mit der Tötung beauftragt werden.
Marcus Börner vom LJV sieht darin die Möglichkeit, den Umgang mit Wölfen zu vereinfachen. Und auch im Fall von verunfallten und schwerverletzten Tieren soll die Änderung eine Erleichterung mit sich bringen. Bisher sei die Regelung sehr kompliziert und fordere die Beteiligung von zu vielen Instanzen, so Börner. Momentan wird bei einem Unfall mit einem Wolf von der Polizei der oder die zuständige Kreisveterinär kontaktiert. Kann dem Tier nicht mehr geholfen und muss es deshalb getötet werden, übernimmt dies die Polizei oder ein in der Region dafür zuständiger Jäger.
Aufnahme des Wolfs in das Landesjagdrecht steht im Koalitionsvertrag
Grüne und CDU haben sich bei den Koalitionsverhandlung nach der Landtagswahl 2022 darauf geeinigt, den Wolf in das Landesjagdrecht aufzunehmen. Warum der Koalition das so wichtig war, kann Dagmar Struß vom NABU Schleswig-Holstein nicht beantworten: "Nach meiner Meinung haben wir in Schleswig-Holstein kein großes Problem mit den Wölfen. Vielleicht bekommen wir noch ein zweites Rudel, aber wir bieten nicht die Voraussetzungen für viele Rudel."
Katharina Weinberg kann über die Gründe nur mutmaßen. Sie ist jedoch der Meinung, dass die Aufnahme des Wolfs in das Landesjagdrecht eine Frage von Zuständigkeiten sei: "Was dem Jagdrecht unterliegt, bedarf der Hege und Pflege. Wobei wir hier lediglich von Pflege sprechen, weil der Wolf aufgrund der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union besonders geschützt ist. Die Zuständigkeit für die Tötung von Wölfen bleibt bei den Behörden." Auf NDR Nachfrage erklärt das Landwirtschaftsministerium, dass eine Änderung des Landesjagdrechts in erster Linie Rechtssicherheit für Jäger und Jägerinnen biete, die verletzte Tiere oder Problemwölfe töten.
Für den Landesjagdverband stellt das kein Problem dar: Es gebe viele Tiere, die im Jagdrecht stehen und nicht gejagt werden dürfen, erklärt Marcus Börner. Die positiven Aspekte durch den erleichterten Umgang mit Problem- und verletzten Wölfen überwiegen für ihn, und so begrüße der LJV den Entwurf des Landwirtschaftsministeriums. Anders der NABU Schleswig-Holstein: Er spricht sich gegen die Aufnahme des Wolfs in das Landesjagdrecht aus. Der beste Schutz gegen Wölfe seien Schutzzäune - und "wenn Wölfe nicht diszipliniert werden können, dann müssen sie entnommen werden", findet Katharina Weinberg, "das ist nach bisherigem Recht aber auch schon möglich."
Die Politik wird noch vor der Sommerpause im Landtag über die Thematik diskutieren.