Wikingeck in Schleswig: Gericht macht Bund zum Hauptzahler

Stand: 23.02.2024 10:06 Uhr

Der Austausch des vergifteten Erdreichs in Schleswig läuft bereits. Welchen Kostenanteil der Bund trägt, war bisher aber offen. In erster Instanz hat sich nun der Kreis Schleswig-Flensburg durchgesetzt. Der Bund akzeptiert die Entscheidung aber nicht.

von Peer-Axel Kroeske

Im Schleswiger Kreishaus knallten nach der Entscheidung die Sektkorken. Denn das Ringen um die Kostenfrage mit dem Bundesverkehrsministerium um den Zuschuss für das Wikingeck viel Zeit und Nerven gekostet. Und jetzt zeichnet sich ein Licht am Ende des Tunnels ab. Das Verwaltungsgericht Schleswig hat nun in einer ersten Entscheidung festgelegt, dass der Bund - entsprechend seinem Anteil am Grundstück - fast zwei Drittel der Kosten zu tragen habe: 15,55 Millionen Euro. Zunächst sei eine Vorauszahlung von 8,88 Millionen Euro zu leisten.

2020 hatte der damalige Staatssekretär im Bundsverkehrsministerium, Enak Ferlemann (CDU), noch zugesagt, dass der Bund zwei Drittel der Kosten übernimmt. Unter dem neuen Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wurde diese Zusage revidiert: Nun sollten es nur noch 12 Prozent sein. Die Kreisverwaltung hatte es nach eigener Darstellung zuletzt schwer, die richtigen Ansprechpartner in den Bundesbehörden und vor allem im Ministerium zu finden. Dort verwies man darauf, dass der Bund gar nicht mehr zahlen dürfe als er muss.

Uferlinie von 1921 laut Gericht ausschlaggebend

Ein Gaswerk und eine Teerpappenfabrik hatten bis Anfang der 1950er Jahre die Erde mit krebserregenden Giftstoffen belastet. Diese sitzen nun bis zu zehn Meter Tief im Erdreich: wasser- und landseitig. Knackpunkt ist nun die Frage, welche Uferlinie für die Bundeswasserstraße Schlei für die Aufteilung der Kosten anzusetzen ist. Aus Sicht des Kreises ist das Jahr 1921 ausschlaggebend: Zu diesem Zeitpunkt waren nach der Gründung der Weimarer Republik sämtliche Wasserstraßen in Reichsbesitz übergegangen. Anschließend hat sich die Uferlinie verändert: Wo vor 100 Jahren Wasser war, ist nun Land. Der Bund zog das Grundbuch heran, um seine Position zu untermauern. Das Gericht folgte dem Kreis.

Sanierung hat begonnen - trotz ungeklärter Kostenfrage

Im Wasser vor dem Wikingturm befindet sich eine Wassersperre. © NDR Foto: Peer-Axel Kroeske
Die Arbeiten am Wikingeck in Schleswig haben schon begonnen.

Im Herbst hatte bereits die Sanierung begonnen. Laut Umweltamtsleiter Thorsten Roos hätte bei einem längeren Zögern die Gefahr bestanden, dass alles neu aufgerollt worden wäre: Komplizierte Verhandlungen mit Grundstücks- und Hauseigentümern, die mit dem Abriss konfrontiert sind, Konzepte, Vorbereitungen und Ausschreibungen. Der Kreistag stimmte dafür, die Arbeiten auszuschreiben und in Auftrag zu geben - mit entsprechendem finanziellen Risiko. Die Schätzung der Gesamtkosten lag anfangs bei 14 Millionen Euro, schnellte dann auf rund 40 Millionen hoch. Für Erleichterung sorgte, dass es zuletzt nur noch 22 Millionen Euro werden sollten.

Im Frühjahr geht es in die Tiefe

Das liegt auch daran, dass Lkw die Erde nun nach Hamburg fahren. Ursprünglich waren Zwischenlager am Schleswiger Stadtrand vorgesehen, die hohe Kosten verursacht hätten. Weiterhin ist geplant, das Erdreich bis in zehn Meter Tiefe Loch für Loch auszutauschen. Bisher wird die obere Schicht an Land dafür vorbereitet. Sobald unterhalb des Wikingturms ein leichter Luftzug weht, riecht es nach Teer. Laster transportieren bereits jetzt täglich bis zu 500 Tonnen toxisches Erdreich ab.

Bund kann Entscheidung anfechten

Noch ist allerdings nicht endgültig klar, dass der Bund wirklich die nun bestätigten 64,25 Prozent zahlt, entsprechend knapp 16 Millionen Euro. Es handelt zunächst nur um eine Bestätigung, dass der Bund den ersten Kostenbescheid über knapp neun Millionen Euro sofort bezahlen muss. Aufschiebende Wirkung besteht nicht. Das Bundesverkehrsministerium hat dem Kreis Schleswig-Flensburg am Freitag mitgeteilt, dass es das erste Gerichtsurteil zur Kostenaufteilung nicht akzeptiert. Kreis-Umweltsamtsleiter Roos bezeichnete es als Zumutung, dass der Rechtsstreit nun weitergeht.

Das Gericht habe "ungewöhnlich präzise" erläutert, dass die Mittelwasserlinie von 1921 anzusetzen sei, betonte Landrat Wolfgang Buschmann. "Der Bund muss sich fragen, ob er einen totgerittenen Gaul noch weiter reiten will." Besser wäre es jetzt, an einem Strang zu ziehen und den Verzug von vier Jahren nicht noch weiter zu verlängern.

Umweltminister Goldschmidt übt Druck auf Bund aus

Der Bund solle sich nun nicht noch länger in kleinlichen juristischen Auseinandersetzungen verlieren, mahnte auch Schleswig-Holsteins Umweltminister Tobias Goldschmidt. Stattdessen solle er den ursprünglich von der Bundesregierung zugesagten Anteil leisten, so der Grünen-Politiker weiter. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bezeichnete der Minister als einen wichtigen Etappenschritt hin zu einer sachgerechten Kostenteilung. "Die Verantwortlichen im Kreis sind in finanzielle Vorleistung gegangen, sie haben einen Anspruch auf Klarheit."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 23.02.2024 | 09:00 Uhr

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