Welcome Center in der Kritik: Fünf Fachkräfte in 2024 vermittelt
Das Welcome Center in Kiel ist in der Kritik: Die Anlaufstelle soll mehr ausländische Fachkräfte in Schleswig-Holstein in Arbeit bringen. Im ersten Jahr ist das nach Einzelberatungen genau fünf Mal gelungen.
Im Dezember 2023 ging das Welcome Center Schleswig-Holstein an den Start. Die Bilanz des ersten Jahres: acht Mitarbeitende, 516 beratene Einzelpersonen, fünf erfolgreich an ein Unternehmen vermittelt. Das geht aus einer kleinen Anfrage der SPD im Landtag hervor. Nun gibt es Kritik an dem Gemeinschaftsprojekt der Arbeitsagentur, des Wirtschaftsministeriums, des Integrationsministeriums und der Wirtschaftsförderung Schleswig-Holstein, das in den ersten fünf Jahren fast 13 Millionen Euro kosten soll.
SPD: Welcome Center als Antwort auf Fachkräftemangel reicht nicht
Die Opposition bezeichnete das Projekt als Flop. SPD-Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli bemängelt, das Welcome Center sei nicht das, was die Regierung versprochen hätte: "Ich höre von Betrieben, von kleinen mittelständischen Unternehmen, dass das größte Problem der Fachkräftemangel ist. Die Antwort mit dem Welcome Center, so wie es in Schleswig Holstein aufgestellt ist, reicht es nicht aus."
FDP: "Umsetzung voll in die Hose gegangen"
Auch Heiner Garg von der FDP kritisiert, das Welcome Center sei in seiner Struktur und seinen Kompetenzen schlecht aufgestellt: "Die Umsetzung ist voll in die Hose gegangen, weil in Wahrheit berät hier eine Behörde die andere. Für beide sind dann auch noch zwei unterschiedliche Ministerien zuständig."
Wirtschaftsministerium: Ergebnis nicht deprimierend
Laut Wirtschaftsministerium befinde sich das Welcome Center noch im Aufbau. Der Staatssekretär im Arbeitsministerium Tobias von der Heide (CDU) erklärt, das Welcome Center sei keine Vermittlungsagentur und das Ergebnis sei daher nicht deprimierend: "Viele, die sich dort melden, werden am Ende auch nicht danach gemessen, ob ein Arbeitsvertrag entsteht, sondern wir lösen Probleme bei der Berufsanerkennung, beim Aufenthaltsrecht. Solche Themen stehen im Fokus."
Aus dem Wirtschaftsministerium heißt es außerdem, das Welcome Center habe neben den Beratungen auch zahlreiche andere Maßnahmen ergriffen, um die Sichtbarkeit Schleswig-Holsteins als Zuwanderungsland zu erhöhen. Neben Informationsveranstaltungen für Unternehmen umfasse dies auch den Betrieb unterschiedlicher Social-Media-Kanäle, die sich "gezielt an internationale Fach- und Arbeitskräfte richten".
Drei Accounts auf Social Media: Zwischen sieben und 1.300 Follower
Auf der Plattform LinkedIn erreicht das Welcome Center zwar rund 1.300 Menschen, doch der seit Oktober betriebenen Instagram-Kanal hat 26 Follower, der genau so alte Facebook-Account sieben Follower. Damit erreicht das Welcome Center auf Facebook weniger Menschen als es Mitarbeitende hat.
Agentur für Arbeit: Bürokratische Hürden weiterhin hoch
Auch die Bundesagentur für Arbeit ist an dem Welcome Center in Kiel beteiligt. Ihr Vorsitzender in der Direktion Nord, Markus Biercher, bemängelt, dass die Bürokratie noch immer eine immense Hürde darstellt: "Erwerbsmigration ist ein unglaublich komplizierter Prozess." Von daher habe er auch gar nicht die Erwartung, dass das "von heute auf morgen durch die Decke schießt". Gerade für ein kleineres oder mittleres Unternehmen sei es schon ein Angang, nicht mehr jemanden aus dem Nachbarort einzustellen.
Jährlich mehr als 12.000 zusätzliche Arbeitskräfte benötigt
Allein Schleswig-Holstein braucht nach Angaben des Wirtschaftsministeriums künftig 12.000 bis 13.000 Arbeitskräfte pro Jahr aus anderen Regionen aus dem In- und Ausland, um die Lücke zwischen den in Rente gehenden sogenannten Babyboomern und den geburtenschwächeren Folgegeneration zu schließen.