Vier Lübeckerinnen wollen über den Atlantik rudern
Vier junge Frauen wollen 4.800 Kilometer über den Atlantik rudern: von La Gomera auf den Kanaren bis nach Antigua und Barbuda in der Karibik. Ihre Vorbereitung für das Rennen "The World's Toughest Row" machen sie auf der Ostsee.
Sie kommen direkt aus England. Dort haben sie ihr neues Boot abgeholt. Um Punkt neun Uhr rollt der Trailer in Lübeck-Travemünde an der Sliprampe vor. Heute wollen die Frauen vom Team Offshoare das erste Mal in heimischen Gewässern trainieren, und ihr neues, 8,60 Meter langes Gefährt kennenlernen. Am 12. Dezember 2025 wollen sie dann damit beim "The World's Toughest Row"-Rennen quer über den Atlantik rudern, also dem weltweit härtesten Ruderrennen.
Bei der Vorbereitung für die erste Fahrt dauert alles noch etwas länger. "Wir spielen uns noch ein. In den kommenden Wochen und Monaten werden wir das gesamte Boot einmal komplett auseinander bauen, damit wir jede Schraube kennen", sagt Jana Golz. Eineinhalb Jahre haben sie nun Zeit, alle Abläufe zu üben und sich auf die Bedingungen auf dem Atlantik einzustellen. Nach einer halben Stunde ist das Boot im Wasser, die Ruder in den Riemen. Die vier Frauen haken sich ein, denn alle müssen aus Sicherheitsgründen permanent mit einem Seil mit dem Boot verbunden sein.
Bedingungen nur schwer zu simulieren
Inzwischen ist die Ruder Crew auf der Ostsee, neben ihnen fährt die Fähre "Peter Pan" raus. Während Jana Stahl, Clara Düntsch und Christiane Kienl im Takt rudern, ist Jana Golz heute die Steuerfrau. Die Frauen kennen sich schon lange, an Bord müssen sie sich aber erst einspielen. "Wir sind komplett am Anfang. Jeder findet so langsam seine Rolle, das ist alles total spannend", sagt Clara Düntsch.
Die Ostsee heute ist ruhig, kaum Welle. Das wird auf dem Atlantik ganz anders. Denn dort können die Frauen jederzeit von Stürmen und hohen Wellen überrascht werden. "Monster-Welle", ruft Jana Golz plötzlich. Die Ruderinnen ziehen die Skulls rein und halten sich an den Sicherheitsleinen fest. Das erste Manöver für heute. "Wir können den Schlafentzug nicht simulieren, Seekrankheit auch nicht. Nachts können wir mal rudern. Aber insgesamt ist es schon schwer, sich auf die Bedingungen einzustellen, weil sie eben so einzigartig sind auf dem Atlantik", sagt Jana Golz. Aber sie müssten auf alles vorbereitet sein.
Leben auf wenigen Quadratmetern
Die Ausstattung an Bord ist äußerst spärlich. An Bug und Heck gibt es jeweils eine kleine Kabine, in der die Frauen mal ausruhen können und wo die Technik wie Funkgerät oder Navigationsgerät verstaut sind. Während der Überquerung hat die Crew einen Zweistundenrhythmus. Zwei Frauen rudern, die anderen beiden haben Ruhe. Bedeutet: Sie können maximal zwei Stunden am Stück schlafen, 40 Tage lang. "Das ist schon krass, auch das ist schwer zu trainieren. Wenn wir mal längere Übungsfahrten machen, werden wir das auch üben. Wir müssen einfach sehr ausgeschlafen ins Rennen gehen", sagt Jana Stahl.
Gekocht wird auf einem kleinen Campingkocher im hinteren Eck des Bootes. Gleich daneben stehen drei Eimer. "Einer für die Wäsche, einer für uns zum Waschen und einer als Toilette", erläutert Christiane Kienl. Sie freue sich auf die Herausforderung. "Für mich ist es eine spannende Frage, wie weit ich meine Grenzen ausreizen kann." Vor allem mental werde ihnen die Atlantik-Querung einiges abverlangen. Auch da werden sie in den kommenden anderthalb Jahren viel dran arbeiten.
Projekt ist ein teurer Spaß
Die Idee für das Projekt kam dem Team Offshoare vor drei Jahren. Nachdem die Lübeckerinnen mehrere Videos von anderen Frauenteams gesehen hatten, die den Atlantik überquert haben, wollten sie das auch unbedingt ausprobieren. Ihr Boot haben sie gebraucht gekauft, das ist schon Atlantik erprobt. Das ganze Projekt hat aber auch einen stolzen Preis. Alleine das Boot hat 90.000 Euro gekostet. "Wenn wir alles zusammenrechnen mit Startgebühren für das Rennen und allen weiteren Kosten, liegen wir am Ende bei vermutlich 170.000 Euro", rechnet Jana Golz vor und ergänzt: "Bislang haben wir alles selbst bezahlt, würden uns aber sehr über Sponsoren freuen, die uns unterstützen." In der Vorbereitung auf das Rennen bis zum Dezember 2025 wollen die vier Frauen vor allem den Teamzusammenhalt trainieren. Denn ihre Devise lautet: Nur ein glückliches Boot ist auch ein schnelles Boot.