Tanja Scholz: Paralympisches Gold gewonnen, Fördergelder verloren

Stand: 18.10.2024 19:24 Uhr

Vor nicht einmal zwei Monaten jubelte ihr ganz Sport-Deutschland zu - jetzt steht die Elmshornerin Tanja Scholz ohne einen erheblichen Teil ihrer Fördergelder da.

von Gregory Dauber, Hannah Böhme, Ole ter Wey und Daniela Tabarelli

Die Stiftung Deutsche Sporthilfe hat einen Teil der Förderung der paralympischen Athleten und Athletinnen für zwei Monate gestrichen. Betroffenen davon ist auch die Schwimmerin Tanja Scholz aus Elmshorn (Kreis Pinneberg), die bei den Paralympischen Spielen in Paris in diesem Jahr eine Gold- und eine Silbermedaille gewonnen hatte. Neben Scholz sind auch rund 60 weitere Spitzensportler des Paralympics-Kaders (PAK) betroffen, wie Sporthilfe und Deutscher Behindertensportverband (DBS) auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein bestätigen.

Zugesagter Zuschuss geplatzt

Hintergrund sei ein Ausfall eines Zuschusses gewesen, nachdem die Budgetplanung für das laufende Jahr bereits abgeschlossen war, erklärt die Sporthilfe in einer gemeinsamen Antwort mit dem DBS. Insgesamt gehe es um einen mittleren fünfstelligen Betrag, was pro Athletin und Athlet, je nach individueller Konstellation, 400 oder 800 Euro weniger monatliche Förderung bedeutet.

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Welche Institution die Zusage zurückgezogen hat, möchte die Sporthilfe nicht sagen - nur soviel: Man hoffe auf weitere Zuschüsse in der Zukunft, so ein Sprecher. Nach eigenen Angaben verteilt die Sporthilfe jährlich rund 23 Millionen Euro Fördergelder an rund 4.000 Sportlerinnen und Sportler.

Hiobsbotschaft für Gold-Siegerin Scholz "niederschmetternd"

Gold-Gewinnerin Scholz steht künftig nicht komplett blank da. Sie bekomme Fördermittel aus verschiedenen Töpfen in Höhe von insgesamt rund 1.500 Euro. Davon fallen in den Monaten November und Dezember bei ihr 400 Euro weg, aus der sogenannten PAK-Förderung der Sporthilfe. 400 Euro weniger machen sich bei Scholz deutlich bemerkbar, denn einen anderen Beruf hat sie neben dem Sport nicht. "Wir waren noch voller Freude nach den Erlebnissen in Paris und dann diese Nachricht", sagt sie, die wegfallende Förderung sei "gerade im paralympischen Jahr" für sie "niederschmetternd" gewesen.

Auch bei der Sporthilfe ist man mit der Situation alles andere als zufrieden. "Sporthilfe und DBS arbeiten mit Hochdruck daran, die Finanzierungslücke zu minimieren beziehungsweise möglichst vollständig zu schließen", heißt es.

Geld aus einem anderen Topf nicht möglich

Nachdem die Förderprogramme bereits gestartet waren, sei es jedoch nicht möglich gewesen, Geld von einem in einen anderen Topf zu verschieben. Alle zur Verfügung stehenden Mittel für den Paralympics-Kader seien zur "optimalen Vorbereitung auf die Paralympischen Spiele in Paris" eingesetzt worden. Alle weiteren Förderprogramme der Sporthilfe und des Bundes laufen demnach wie geplant weiter.

Ehrung durch den Bundespräsidenten: Nein, danke!

Schwimmerin Scholz bestätigt, dass Sporthilfe und DBS bemüht sind das Loch zu stopfen. Ihre kritik richtet die Athletin vielmehr an die Politik und mangelhafte Para-Sportförderung in Deutschland. Deswegen hat sie sogar die hochkarätige Auszeichnung mit dem Silbernen Lorbeerblatt durch den Bundespräsidenten abgelehnt. Die vielen Glückwünsche aus der Politik "kann ich nicht mehr ernst nehmen". Die Goldgewinnerin sagt: "Wir sollen Deutschland repräsentieren, opfern dafür viel. Aber wir können nicht nur von Training leben."

Sporthilfe versucht noch Geld aufzutreiben

Das für Sportförderung zuständige Bundesinnenministerium teilt auf NDR Anfrage mit, dass keine Fördermittel für den Parasport gekürzt worden seien. Im Gegenteil: Das Bundesinnenministerium habe dabei geholfen, die PAK-Förderung für den Oktober sicherzustellen, so die Sporthilfe.

Wie Sporthilfe und Behindertensportverband mitteilen, sind die betroffenen Athletinnen und Athletin schon im Februar über die möglichen finanziellen Ausfälle informiert worden. Anfang Oktober sei den Athleten dann per Email mitgeteilt worden, dass die Förderungen für November und Dezember weiterhin nicht gesichert sind. Die Sporthilfe ist dennoch zuversichtlich, zumindest für einen Monat noch eine Finanzierungslösung zu finden.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 18.10.2024 | 19:30 Uhr

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