Stutthof-Prozess: Historiker beschreibt Kommandostruktur im KZ
Die 96-jährige Angeklagte aus Quickborn soll im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig beim Mord in mehr als 11.000 Fällen mitgeholfen haben. Am sechsten Prozesstag ging es um die Frage, was die Frau damals mitbekommen haben muss.
Vor dem Landgericht Itzehoe ist erneut ein Historiker angehört worden. Der Gutachter beschrieb am Dienstag, wie die Kommandostrukturen und die Verwaltung des Konzentrationslagers damals funktionierten.
Nebenklage: "Sie saß an zentraler Stelle im KZ"
Das ist deshalb spannend, weil sich das Gericht ein Bild davon machen muss, ob und wieviel die heute 96-Jährige von den Vorgängen und Vorkommnissen wusste. Nebenklage-Vertreter Stefan Lode ist sich sicher, dass die damals 17-Jährige viel mitbekommen haben muss. "Das war schon sehr interessant heute, dass ja vieles über ihren Schreibtisch gelaufen ist. Sie hat direkt zwischen dem Kommandanten und dem Andjutanten gesessen. Das heißt also, das war die Schaltzentrale des KZ", sagte Lode. Auch der Posteingang sei durch sie abgewickelt worden. "Sie saß also an zentraler Stelle im KZ."
Verteidigung findet Gutachten spekulativ
Die Verteidigung hingegen ist der Auffassung, dass bisher in keinem einzigen Fall nachgewiesen werden konnte, dass die Angeklagte auch nur ein Schriftstück selbst bearbeitet, hergestellt oder verteilt hätte. Und was das Gutachten des Historikers angeht, heißt es von der Verteidigung, der Prozesstag sei zwar sehr aufschlussreich gewesen, aber inhaltlich nicht viel weiterführend und sehr spekulativ. Das Gericht müsse seine Entscheidung jedoch auf einer sehr klaren Grundlage treffen.
Die 96-Jährige schweigt zu den Vorwürfen. Der kommende Prozesstag am 7. Dezember soll fortgesetzt werden mit einer ersten Zeugenaussage. Dazu ist ein Zeuge aus Österreich eingeladen.