Streit über Investitionen in sanierungsbedürftige Kliniken
Hat das Land genügend Geld eingeplant, um den Investitionsstau der Krankenhäuser zu beseitigen? Die Opposition hat da ihre Zweifel. Und bringt die schleswig-holsteinische Finanzministerin im Landtag zum Schäumen.
Irgendwann platzt Finanzministerin Monika Heinold der Kragen: "Das Geld fällt nicht vom Himmel", ruft die Grünen-Politikerin am Mittwoch den Vertretern der Opposition entgegen. Die haben gerade die Ankündigung des Landes, mehr Geld in die Krankenhäuser zu investieren, für nicht ausreichend erklärt. Zu wenig Geld, um den Investitionsstau der Kliniken zu beseitigen, so der Tenor der Opposition. Heinold kontert lautstark. Schwarz-Grün habe gerade "eine Verdoppelung der Mittel beschlossen. Das hat es in den letzten Jahren nicht gegeben", sagt Heinold.
Ein paar Minuten vor der Landtagssitzung hatte Schwarz-Grün höhere Investitionen für die Kliniken angekündigt. Konkret geht es um 110 Millionen Euro bis 2033. Wenn Kreise und kreisfreie Städte ihren Anteil übernehmen, wird das Doppelte daraus. Der Investitionsstau in den Kliniken liegt laut Infrastrukturbericht bei 600 Millionen Euro. "Schon im ersten Jahr werden wir ein Drittel der Lücke geschlossen haben", sagt Heinold.
Genau das reicht der Opposition aber nicht. Seit Wochen wird im Landtag und in den Ausschüssen über das Thema diskutiert. Auslöser waren Sorgen, die Finanzierung von Projekten, wie dem geplanten Zentralklinikum Pinneberg, könnte wackeln.
Land will Zentralklinikum weiter stützen
Vertreter der Regio Kliniken sind deshalb zum Landtag gekommen. Empfangen werden sie von Vertretern der Landesregierung. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) versichert mit Blick auf das Projekt: "Wir haben das von Anfang an unterstützt, das ist auch bis heute der Fall. Wir wollen das auch finanziell selbstverständlich unterstützen." Dass es überhaupt zu einer Verunsicherung gekommen ist, schreibt er "Äußerungen von Politikern von SPD und FDP vor Ort" zu.
Von einer "Show" spricht SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller angesichts des Zusammentreffens von Land und Klinikvertretern am Rande der Sitzung. Aus Sicht der Sozialdemokraten ist die Ankündigung des Landes ein Tropfen auf den heißen Stein: "Das ist mit dem Löscheimer kommen, obwohl wir einen Löschzug brauchen", sagt Losse-Müller.
Der frühere Gesundheitsminister Heiner Garg von der FDP wirft der Landesregierung "Dreistigkeit" vor, weil sie "Kleckerbeträge als Erfolg" verkaufe. Seine Prognose: Der Bedarf an Investitionen werde in zehn Jahren bei mindestens zwei Milliarden Euro liegen. Der FDP fehle der Überblick, meint dagegen Ministerpräsident Günther. "Die Gesamtinvestitionen in den nächsten Jahren werden weit höher sein und eben entsprechend solche Klinikbauten auch entsprechend absichern."
Spielen die Kommunen mit?
Diskussionen wird das Land auch mit den Kommunen führen. Der Vorsitzende des schleswig-holsteinischen Landkreistages, Reinhard Sager, findet die Ankündigung des Landes zwar "absolut zu begrüßen" - will sich aber nicht ohne weiteres auf seinen Anteil an der Finanzierung festlegen lassen. "Wir sind bereit, unseren Beitrag zu leisten. Aber wir wollen das mit der Regierung ergebnisoffen erst einmal erörtern."
Sager hätte sich gewünscht, dass das Land über das Ziel der Verhandlungen - nämlich jeweils 110 Millionen Euro zusätzlich - vorher mit den Kommunen gesprochen hätte. "Man sollte eigentlich mit seinem 50/50 Partner auf Augenhöhe und vorher möglichst sprechen."
Das Krankenhausfinanzierungsgesetz legt zwar fest, dass Land und Kommunen sich zu gleichen Anteilen die Finanzierung teilen. Aber Sager meint: "Man kann natürlich Gesetze verändern. Und man könnte den kommunalen Anteil nach unten schrauben." Etwa dann, wenn das Land zusätzliches Geld aus dem Impuls-Investitionsprogramm drauflegt.
Signale und kommende Reformen
Bisher stellen Land und Kommunen rund 85 Millionen Euro pro Jahr für Investitionen in Kliniken bereit. Dazu kommen 1,6 Milliarden Euro aus dem Investitionsprogramm IMPULS bis zum Jahr 2030, die sich Bund, Länder und Kommunen teilen. Und eben die vom Land angekündigten 110 Millionen in den nächsten zehn Jahren - plus gleich hoher Kommunalanteil. Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) sieht aber auch den Bund in der Pflicht: Dessen geplante Krankenhausreform wird nämlich weitere Investitionen nötig machen. "Daher ist auch der Bund aufgerufen, sich im Rahmen der geplanten Krankenhausreform finanziell an den dadurch verursachten Investitionsbedarfen zu beteiligen."
Das "klare Signal", das die Landesregierung mit ihrer Ankündigung senden will, freut die Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein. Deren Geschäftsführer Patrick Reimund sagt aber auch: Das Geld reiche leider nicht, "um den Investitionsstau auch nur ansatzweise abzubauen". Die 220 Millionen Euro seien weniger als die Hälfte dessen, was für das geplante Zentralklinikum im Kreis Pinneberg notwendig sein werde. Dort, sagt Reimund, rechne der Krankenhausträger mit einem Bedarf von 500 Millionen Euro.
Die eigentlich für heute nachmittag angesetzte Diskussion über die Krankenhausinvestitionen im Landtag ist inzwischen auf die nächste Sitzung verschoben worden. Die Diskussionen dürften trotzdem weitergehen.