Schlagabtausch über den Krisenhaushalt

Stand: 25.01.2023 12:28 Uhr

Es ist - mal wieder - ein Haushalt in schwierigen Zeiten. Über die richtigen Schwerpunkte sind sich Regierung und Opposition uneins. Für einen Bereich gibt es am Rande der Landtagssitzung Neuigkeiten.

von Constantin Gill

Bevor die Glocke im Landtag den Sitzungsbeginn signalisiert, hat sich im Foyer eine Menschentraube gebildet. Vertreter von Landesregierung und Krankenhäusern stehen dort zusammen. Auch hier geht es schon ums Geld: Das Land will den Kliniken mehr Mittel zur Verfügung stellen. In den kommenden Jahren sollen die Investitionen dort kontinuierlich steigen. Der Sanierungsstau in den Krankenhäusern ist nur eine von vielen Baustellen.

Und gemessen am Gesamthaushalt sind die Klinik-Investitionen nur ein kleiner Teil. Schwarz-Grün plant im Haushaltsentwurf 2023 Ausgaben von rund 16 Milliarden Euro und Einnahmen von etwa 15,2 Milliarden Euro. Die Lücke dazwischen soll durch Rücklagen in Höhe von 460 Millionen Euro und durch eine Neuverschuldung von 280 Millionen Euro geschlossen werden.

Herausforderungen und Ambitionen

Im Saal spricht die Finanzministerin von Mut und Kraft und Entschlossenheit. "Unser Leitbild ist eine innovative und nachhaltige Wirtschaftspolitik, die sich den Klima-Herausforderungen stellt und zugleich die Steuereinnahmen von morgen sichert", sagt Monika Heinold (Grüne) in ihrer Rede. Der Haushalt 2023 sei einer, "mit dem wir ambitioniert Zukunft gestalten. Und gleichzeitig ist er ein Haushalt der Krisenbewältigung: Klimakrise, Pandemie, der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Drei Krisen, meine Damen und Herren, die den Haushaltsentwurf prägen, mit Unsicherheiten auf der Einnahmeseite, mit Kostensteigerung auf der Ausgabeseite."

Als eine große Herausforderung benennt Heinold den Fachkräftemangel. Neue Stellen im Landesdienst sollen helfen, ihn zu bekämpfen. "Um neue Stellen zu besetzen und Nachbesetzungen für die künftig sehr hohen Altersabgänge zu finden, muss sich die Landesregierung mächtig ins Zeug legen", so Heinold. 1430 zusätzliche Stellen im Landesdienst brauche es "für einen handlungsfähigen Staat, der Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt." Heinold legt außerdem einen Schwerpunkt auf den Klimaschutz: Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien das Ziel formuliert, dass Schleswig-Holstein das erste klimaneutrale Industrieland werden soll.

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Losse-Müller: "Sie werden alle Ziele reißen"

Die Vertreter der Koalitionsfraktionen sind mit ihren Haushaltsplänen zufrieden: "Mitten in der Krise bei schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen" gehe man die Herausforderungen an, sagt Tobias Koch, CDU-Fraktionschef. Man handle in schwierigen Zeiten "besonnen" und "zügig und wirksam", meint Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter. Die vom Landesrechngshof zuvor kritisierten Notkredite nennt Petersdotter "ausgewogen". Der Haushalt 2023 sei "kein Haushalt für Luxus oder Schnickschnack".

Der Oppositionsführer, SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller, meint, dass das Land mit dem vorgelegten Haushalt seine Ziele nicht erreichen wird - und Probleme nicht lösen kann: "Sie werden alle Ziele reißen", ist er sich sicher. Beispiel Klimawandel: Mit 155 Millionen Euro für Wärmepumpen und Solaranlagen auf Balkonen löse man das Problem nicht. "Sie wissen doch, dass das nicht funktioniert", sagt Losse-Müller an die Koalitionsfraktionen gewandt. Mit Blick auf die zusätzlichen Mittel für Krankenhäuser - und die Ankündigung kurz vor Sitzungsbeginn - spricht er von einer "Show" und stellt fest: Der Löscheimer reiche nicht, wenn man den Löschzug brauche.

Konstruktive Kritik und Totalverrisse

Der tatsächliche Bedarf an Investitionen für die Krankenhäuser sei viel höher, meint auch FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Der sich eigentlich als "konstruktiver Typ" bezeichnet - und entsprechend auch einige Projekte der Koalition lobt: Etwa die zusätzlichen Lehrerstellen oder die Investitionsquote, die über zehn Prozent liegt. Mehr Lobenswertes findet Vogt aber nicht und moniert vor allem die Aufnahme neuer Schulden. Die sei nicht notwendig und berge Risiken. Auch den Notkredit für die Ukraine hatte die FDP nicht mitgetragen. Vogt kritisiert, dass es trotz Notkredit "keine nennenswerten Entlastungen für Bürger" gebe. Die Härtefallfonds für Unternehmen, sagt der FDP-Fraktionschef, "funktionieren nicht."

Nachdem Vogt noch diverse Projekte und und das gesamte Personal der Landesregierung einer Generalabrechnung unterzogen hat, spricht Lars Harms vom SSW. In Krisenzeiten müsse investiert werden, gibt er der Landesregierung zwar recht. "Aber eben auch an den richtigen Stellen." Das ist aus seiner Sicht nicht in allen Bereichen der Fall. Zusätzliche Stellen im Bildungsbereich lobt Harms zwar. Bei der Polizei sieht er aber weiteren Bedarf, etwa im Bereich der Kinderpornografie-Bekämpfung. Harms fordert, "über die Nachschiebeliste noch weitere Stellen zur Verfügung zu stellen. Diese Unterstützung und Entlastung hat diese Polizeiabteilung, die eine derart hochsensible und psychisch herausfordernde Arbeit leistet, wahrlich verdient."

Harms warnt außerdem, dass die Zeiten finanziell schwieriger werden dürften - auch mit Blick auf steigende Zinsen: "Die Suppe wird mittelfristig dünner", sagt Harms. Im März soll der Haushalt endgültig beschlossen werden. Bis dahin haben die Fraktionen noch jede Menge Redebedarf.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 25.01.2023 | 13:00 Uhr

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