Strand-Flucht: Ostsee-Urlauber zieht es in die Lübecker City
Sturm und Regen seit Wochen: Bade-Urlauber in Schleswig-Holstein planen aktuell um. Das sorgt in Lübeck für eine volle Innenstadt sowie Besucher-Schlangen vor Museen, Cafés und Geschäften.
Familie Brandt aus Holtum (Geest) in Niedersachsen schlendert gemütlich vom Parkplatz an der Lübecker Kanalstraße in Richtung Innenstadt. Ausgestattet mit Rucksäcken, Sonnenbrillen und Kapuzenpullis. Die Vier sind für jedes Wetter gewappnet. Müssen sie auch. Denn der nächste Schauer steht schon in den Startlöchern. "Wir machen gerade Urlaub in Scharbeutz", erzählt Vater Manuel Brandt. Eigentlich wollte die Familie die Tage am Strand nutzen. Stattdessen unternimmt sie nun Tagesausflüge. "Gestern waren wir in Travemünde, heute nun Lübeck". Tochter Ida ergänzt: "Wir wollen eine Stadtrundfahrt machen und einfach ein bisschen Lübeck angucken." Auch das Holstentor steht für die Familie auf dem Programm. Und da sind sie nicht die Einzigen.
Museen, Kirchen, Holstentor: Zufluchtsorte bei Schietwetter
An der Ampel zwischen Holstenstraße und Holstentor bilden sich bei jeder Rotphase wahre Menschentrauben. Menschen, die in die Innenstadt wollen und die, die Lübecks Wahrzeichen einmal näher betrachten möchten. Ralf Kutsche und Blanka Koos sind aus Frankfurt am Main angereist. Auch sie hatten sich auf einen Strandurlaub in Timmendorfer Strand gefreut. Nun schauen sie sich die Region an. Vor dem Holstentor zücken sie das Handy für ein Selfie. Die Sonne scheint. Gleichzeitig peitscht der starke Wind aber auch den Nieselregen ins Gesicht. Typisch für diesen Sommer. Die Beiden nehmen es mit Humor. "Das Wetter ist doch einwandfrei. Das bisschen Wind", lacht der Hesse. "Gestern waren wir in Puttgarden auf Fehmarn, da war es doch recht stürmisch an der Mole." Beide möchten noch eine Stadtführung durch die Lübecker Innenstadtgassen unternehmen. "Und wenn es anfängt zu regnen, muss man halt reingehen."
Besucherrekord in der Lübecker Marienkirche
Und das tun aktuell viele Urlauber und Tagestouristen. Die Lübecker Marienkirche spricht von einem Besucherrekord im Juli. Bis zu 1.800 Gäste pro Tag haben sich Deutschlands drittgrößte Kirche angeschaut. Viel zu tun für die ehrenamtlichen Kirchenführerinnen und Kirchenführer. Auch Familie Mengel aus Löbau in Sachsen hat sich in die Schlange am Eingang gestellt und will sich die gotische Kathedrale von innen anschauen. Die Mengels sind eigentlich gerade in Niendorf an der Ostsee im Urlaub. Heute nun: Kulturprogramm. "Wir verbinden eigentlich immer Baden mit etwas Kulturellem", erklärt Vater Thilo. Immerhin: Am Wochenende konnten sie schon mal in die Ostsee springen.
Europäisches Hansemuseum: "Regenwetter ist Museumswetter"
In eine längere Schlange musste sich auch Fabian Eichstädt stellen. Der Camper aus Hessen hatte schlicht keine Lust mehr, den Urlaub an der Ostsee zu verbringen bei dem Wetter. "Eine Stadtrundfahrt haben wir schon gemacht, jetzt geht's ins Hansemuseum", berichtet der Familienvater. Das Museum freut's. Die Besuchszahlen im Juli waren nach Angaben der Museumsleitung so gut wie seit Jahren nicht mehr. 13.400 Menschen haben die Ausstellung in dem Monat besucht. Ein Plus von 25 Prozent im Vergleich zum Juli im Vor-Corona-Jahr 2019. In den ersten August-Tagen verzeichnete das Museum sogar ein Besucherplus von 50 Prozent. Aber nicht nur die Museen profitieren, auch die Geschäfte und Cafés in der Lübecker Innenstadt sind voll.
In der Hüxstraße: Kaffeetrinken statt Sonnenbaden
Eine der beliebtesten Einkaufsstraßen in Lübeck: die Hüxstraße. Kleine Restaurants, Boutiquen und Cafés reihen sich hier aneinander. Mittendrin: das "Kaffeehaus". Kuchen und kleines Gebäck steht in der gläsernen Vitrine. Mitarbeiterin Laura Jannetti füllt gerade selbst gerösteten Kaffee in eine Tüte. "Uns spielt das Wetter ganz gut in die Karten", berichtet sie. "Natürlich sind auch viele Touristen traurig über das Wetter, aber nett sind trotzdem immer alle".
Viele der Tische im Café sind auch schon zur Mittagszeit besetzt. Noch voller wird es am Nachmittag. "Wir brauchen aktuell viel mehr Personal als sonst im Sommer. Das ist nicht unsere Jahreszeit." Außerdem werde viel mehr Kuchen gegessen als normalerweise. "Geschäftlich ist das super." Privat hätte Laura Jannetti allerdings auch viel lieber Sonne als Regen und Sturm. Damit dürfte sie vielen aus der Seele sprechen.