Ministerium gibt zu: Steuergeld floss an Familie von Bismarck
Die Familie von Bismarck, Eigentümerin der "Steueroase" Sachsenwald, hat irrtümlich Gelder aus dem kommunalen Finanzausgleich bekommen. Das gab das Ministerium zu. Die Opposition verlangt nun Aufklärung.
Die Diskussionen um das gemeindefreie Gebiet mit dem niedrigen Gewerbesteuer-Hebesatz im Kreis Herzogtum Lauenburg reißen nicht ab: Das Innenministerium hat am Dienstag eingeräumt, dass gut 130.000 Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich irrtümlich an den Forstgutbetrieb Sachsenwald der Familie von Bismarck geflossen sind.
Aus dem kommunalen Finanzausgleich wird auch der Erhalt des Straßennetzes finanziert. Der Irrtum wird mit den zugelieferten Straßendaten begründet, die fälschlicherweise als Gemeindestraßenkilometer für den Forstgutbetrieb Sachsenwald ausgewiesen gewesen seien. Weitere 31.600 Euro, die nach Angaben des Innenministeriums für 2024 an von Bismarck geflossen sind, konnte sich das Land zurückerstatten lassen.
Opposition pocht auf Erstattung der Gelder
Die Mittel sind nun weg, das Geld kann nach Angaben des Innenministeriums nicht zurückgefordert werden. Das sorgt für heftige Kritik bei der Opposition im Landtag. "So etwas darf nicht passieren! Schon gar nicht in Zeiten, in denen das Land an allen Ecken einsparen muss", sagte die finanzpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Beate Raudies. "Erneut werde das Gerechtigkeitsempfinden vieler Menschen im Land auf eine harte Probe gestellt". Annabell Krämer von der FDP-Fraktion erklärte, es verschlage ihr glatt die Sprache. Drei Jahre lang falle niemandem auf, dass der Sachsenwald Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich erhält, obwohl der Sachsenwald gar keine Gemeinde sei. Die FDP-Fraktion erwartet nun, dass die Landesregierung den Kommunen die fehlenden Gelder erstattet.
Auch am Montagabend war der Sachsenwald Thema einer Runde politischer Entscheidungsträger. Der Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg, Christoph Mager (CDU) hatte zum Gespräch eingeladen und Vertreter des Innenministeriums, des Kreises und der Kommunen kamen - mitten in den Wald, an den Ort des Geschehens, wie Mager sagte. Auch der Eigentümer des Sachsenwaldes, Gregor von Bismarck, war dabei.
2,3 Millionen Euro Gewerbesteuer seit 2017
Hintergrund: Der Forstgutsbetrieb Sachsenwald der Familie von Bismarck genießt ein uraltes Steuerprivileg. Die Gewerbesteuer hat einen niedrigeren Hebesatz als beispielsweise in Hamburg. Von Bismarck hatte in seiner kleinen Waldhütte Firmen angesiedelt, die von Steuerprivilegien profitieren. Der Gewerbesteuer-Hebesatz ist niedriger als zum Beispiel in Hamburg. Seit 2017 sind so 2,3 Millionen Euro Gewerbesteuer eingenommen worden. Das will das Land Schleswig-Holstein jetzt ändern und den bisher gemeindefreien Sachsenwald einer Kommune zuschlagen. Die Gemeinden sind skeptisch. Das hat einen Grund. Es geht um etwa 60 Quadratkilometer Fläche und etwa 100 Kilometer Forstwege, die erhalten und gepflegt werden müssen.
Bürgermeister rechnen mit Folgekosten
Norbert Lütjens, Bürgermeister von Schwarzenbek (parteilos), sagt NDR Schleswig Holstein, dass sich niemand um die Verantwortung und damit verbundene Folgekosten reiße. Der Bürgermeister von Kuddewörde, Josef Schmidt (Aktive Bürger Kuddewörde), erklärte, man müsste für den Brandschutz geländegängige Fahrzeuge im sechsstelligen Bereich anschaffen. Er sieht nicht wie das finanziert werden soll.
Erste Firmen haben ihren Sitz in der Hütte wieder abgemeldet
Weitere Sorge der angrenzenden Gemeinden: Bei einer Übernahme des Sachsenwaldes könnten Firmen und Steuereinnahmen verschwinden. Die Kosten für die Instandhaltung und Pflege des Waldes würden aber bleiben. Eine Sorge, die Landrat Mager für realistisch hält. "Ich gehe davon aus, dass schon im kommenden Jahr weniger Gewerbesteuern eingenommen werden können", so der CDU Politiker. Denn: Erste Firmen hätten ihren Sitz in der Waldhütte bereits wieder abgemeldet. Zu Hochzeiten hatten angeblich 20 Firmen ihren Sitz mitten im Sachsenwald.
Auch rechtlich gebe es Bedenken, so Mager. Von Bismarck habe bei dem Treffen erklärt, er fühle sich ungerecht behandelt und er sei skeptisch, dass eine Eingemeindung rechtlich überhaupt möglich sei. Er habe deshalb einen Anwalt hinzugezogen.
Weitere Gespräche sind geplant
Bisher hat laut Landrat Mager noch keine Gemeinde Bereitschaft signalisiert, den Sachsenwald zu übernehmen. Die angrenzenden Kommunen hätten nun bis Ostern Zeit, sich mit ihren Gemeindevertretern über das Thema auszutauschen. Danach sollen weitere Gespräche zwischen Kommunen, Kreis und Land folgen.