Spionagedrohnen über SH: Landespolizei ist machtlos
Im Januar sind offenbar mutmaßliche Spionagedrohnen über Schleswig-Holstein unterwegs gewesen - auch über dem Bundeswehrstandort Schwesing. Den Einsatzkräften der Landespolizei sind in solchen Fällen die Hände gebunden.
Im Januar sollen offenbar häufiger mutmaßliche Spionagedrohnen über Schleswig-Holstein geschwebt sein - auch über dem Bundeswehrstandort Schwesing bei Husum (Kreis Nordfriesland). Dort werden auch ukrainische Soldaten am Flugabwehr-System "Patriot" ausgebildet. Zuerst hatte die "Süddeutsche Zeitung" darüber berichtet. Inzwischen ermitteln das Landeskriminalamt (LKA) und die Staatsanwaltschaft Flensburg. Die zuständige Landespolizei kann allerdings offenbar nicht viel tun.
Spionagedrohnen: Landespolizei überfordert
In Fällen von Spionage und Sabotage ist die Landespolizei für die Ermittlungen zuständig. Die ist aber offenbar nicht ausreichend auf mögliche Spionage-Angriffe per Drohne in Schleswig-Holstein vorbereitet. Dass die Polizei irgendetwas gegen feindliche Drohnen unternehmen kann, sei bloße Illusion, so der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Torsten Jäger. Laut Jäger werden die Ermittler im Intranet der Polizei zwar über unterschiedliche Drohnentypen informiert. Wenn eine mögliche feindliche Drohne allerdings am Himmel entdeckt werde, könnten die Beamten auch nur in die Luft gucken und ein Lagezentrum darüber informieren, so der GdP-Chef. Ein Abschuss oder ein Fangnetz über eine Drohne zu werfen, das sei technisch und rechtlich nicht möglich. "Das ist aber ein Riesenthema, das in der Zukunft gelöst werden muss", so Jäger.
Hilfe durch die Bundeswehr?
Das Bundeskabinett hatte dazu im Januar einen Gesetzentwurf beschlossen. Die Bundeswehr sollte die Befugnis erhalten, Drohnen über Militäranlagen oder kritischer Infrastruktur abzuwehren. Die Abwehr durch die Bundeswehr sollte demnach allerdings nur dann passieren, wenn die Polizei um Hilfe bittet und nicht selbst tätig werden kann. Der Gesetzentwurf ist mittlerweile allerdings vom Tisch, weil SPD, Grüne und FDP sich nicht einigen konnten. Der Bundestag wird vor der Bundestagswahl keine strengeren Regeln mehr für den Schutz wichtiger Anlagen und Unternehmen beschließen.
Augenzeuge berichtet von Untätigkeit seitens der Polizei
Ein NDR Zuschauer hatte nach eigenen Angaben Ende Januar in der Nähe des Bundeswehrstandorts Schwesing eine mutmaßliche Drohne gesichtet und die Polizei informiert. Erst nach 50 Minuten, sagt er, sei eine Streife erschienen und unverrichteter Dinge wieder davongefahren. Die Landespolizei bestätigte den nächtlichen Einsatz, bestreitet allerdings den Zeitablauf. Wie die Ermittler in dem Fall weiter vorgegangen sind, dazu will sich die Polizei nicht äußern - aus Rücksicht auf die laufenden Ermittlungen.
Drohnen-Experte: Schwierig, sich vor Drohnen zu schützen
Im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein wies Ingo Seebach, Geschäftsführer des Drohnen-Abwehrunternehmens Dedrone, darauf hin, dass auch herkömmliche Drohnen schwer zu stören sein könnten. Denn moderne, sehr gute Drohen, die auf dem Markt erhältlich sind, seien durchaus sehr robust gegen Störungen der Signale. "Das können tatsächlich sehr gute Drohnen sein, die man kauft, und vielleicht sind die noch technisch verändert worden, sodass es immer schwerer wird, so was zu stören. Die Möglichkeiten sind mit minimalem technischem Aufwand mittlerweile so groß", sagt er. Es sei daher schwierig, sich entsprechend zu schützen und diese Drohnen zu entdecken. Möglicherweise seien also auch mehr Drohnen unterwegs gewesen, als gesichtet wurden, schlussfolgert er.
Luftwaffenstützpunkt ist Ausbildungszentrum für Flugabwehrraketen
In Schwesing bei Husum befindet sich das "Ausbildungszentrum Flugabwehrraketen". Auch werden dort ukrainische Soldaten an Patriot-Systemen ausgebildet. Für den Schutz des Nato-Luftraumes ist das Patriot-System von großer Bedeutung. In Schwesing befindet sich der einzige deutsche Ausbildungsstandort für dieses System. Die Patriot-Systeme gelten als besonders effizient zum Schutz großer Gebiete gegen russische Angriffe. Um den Standort vor weiteren Drohnen-Angriffen zu schützen, seien nun weitere Detektions- und Störsysteme an den Standort verlegt worden.
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