Speicher statt Kernkraft: AKW Brokdorf soll XXL-Akku bekommen

Stand: 13.12.2023 12:23 Uhr

AKW-Betreiber PreussenElektra hat einen konkreten Vorschlag zur Nachnutzung des stillgelegten Kernkraftwerks in Brokdorf gemacht. Das Unternehmen will Europas größten Batteriespeicher errichten. So soll beispielsweise auch bei Flaute, wenn Windräder stillstehen, immer genug Strom zur Verfügung stehen.

von Carsten Rauterberg

Der Batteriespeicher soll in zwei Ausbaustufen gebaut werden. Zunächst in einem ersten Schritt auf einer ein Hektar großen Fläche in der Nähe des Infozentrums Brokdorf (Kreis Steinburg). Weil dieser Teilbereich unbebaut ist, kann PreussenElektra dort schon früher mit dem Bau beginnen. Die erste Ausbaustufe des Speichers mit einer Leistung von 100 Megawatt (MW) könnte 2026 fertig sein, so der Plan von PreussenElektra. Dann könnte die zweite Ausbaustufe auf dem insgesamt zwölf Hektar großen AKW-Gelände starten. Sie soll 2036 mit einer Leistung von 700 Megawatt fertig sein. Die Gesamt-Speicherkapazität beträgt 1.600 Megawattstunden.

Damit könnten circa 1,5 Millionen Haushalte für etwa zwei Stunden mit Strom versorgt werden. Für Guido Knott, Vorstand von PreussenElektra, würden die Pläne aus Sicht des Unternehmens sehr gut zu den Energiewende-Plänen der Landesregierung passen. "Schleswig-Holstein hat sich zum Ziel gesetzt, 2040 erstes klimaneutrales Bundesland zu werden. Wenn wir 2036 fertig wären mit dem Batteriespeicher, würde das ja gut in die Strategie passen", sagt Knott.

Gute Voraussetzungen am Standort

Batteriespeicher Brokdorf : Luftaufnahme KBR Ausbau © NDR
Blick auf die möglichen Ausbaustufen des stillgelegten Kernkraftwerks Brokdorf (KBR).

AKW-Betreiber PreussenElektra und Mutterkonzern E.ON, die das Projekt zusammen planen, können nach eigenen Angaben auf gute Bedingungen in Brokdorf zurückgreifen. "Mit dem Standort Brokdorf haben wir ideale Voraussetzungen, um in der aktuell angespannten Netzsituation in der Region Teil der Lösung zu sein", sagt Guido Knott. Der Flächenbedarf für den Batteriespeicher kann auf dem zwölf Hektar großen Gelände vollständig gedeckt werden. Die Infrastruktur - wie zum Beispiel die Anschlüsse an die Netze und an die Höchstspannungsleitung - ist vorhanden. "Über den großen Knotenpunkt am Umspannwerk in Wilster kommen hier in der Nachbarschaft große Mengen regenerativer Energie an." Neben Strom von den Windkraftanlagen Offshore und Onshore ist das auch regenerativer Strom aus Nordeuropa durch das Nordlink-Stromkabel. Erste Gespräche mit dem Betreiber des Umspannwerkes, der Firma Tennet, hat PreussenElektra schon geführt.

Speicher könnte Netzschwankungen ausgleichen

Bislang gibt es in Schleswig-Holstein einen kleineren Batteriespeicher in Jardelund (Kreis Schleswig-Flensburg), er hat eine Leistung von 50 MW. Der in Brokdorf geplante Speicher wäre mit einer Gesamtleistung von 800 MW Europas größter Batteriespeicher. Laut PreussenElektra wäre das Projekt eine Win-win-Situation. Das Land Schleswig-Holstein würde profitieren, weil durch den Speicher Netzschwankungen ausgeglichen und für die Bevölkerung ein höheres Maß an Versorgungssicherheit gewährleistet werden könnten. Zudem wird auch ein Sinken der derzeit hohen Netzentgelte erwartet. PreussenElektra hofft, die Erfahrungen in Brokdorf später auch auf die anderen Kernkraftwerks-Standorte übertragen zu können. "Wir können sicher nicht an allen unseren sieben AKW-Standorten einen Batteriespeicher errichten, aber vielleicht an einigen", sagte Vorstandschef Knott. Wirtschaftlich wird sich der Bau und der Betrieb des Batteriespeichers voraussichtlich für den Betreiber lohnen. PreussenElektra würde den Strom, der gespeichert werden soll, zunächst einkaufen, um ihn später dann wieder zu verkaufen.

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Rückbau-Genehmigung notwendig

Die wichtigste Voraussetzung für das Gelingen des Projektes ist laut AKW-Betreiber die offizielle Rückbau-Genehmigung. "Im Dezember 2017, also vor sechs Jahren, haben wir den Antrag zum Rückbau bei der Atomaufsicht des Landes Schleswig-Holstein in Kiel gestellt", sagt Tammo Kammrath, Leiter des Kernkraftwerks Brokdorf. Am 31. Dezember 2021 ist Brokdorf dann - wie von der Bundesregierung gefordert - vom Netz gegangen. Seitdem bereiten die Mitarbeitenden den Rückbau vor. Mit den eigentlichen Arbeiten dürfen sie aber erst beginnen, wenn die offizielle Rückbau-Genehmigung der Atomaufsicht in Kiel vorliegt.

"Wir sind im Austausch mit der Behörde. Uns wurde in einem Gespräch mit dem Abteilungsleiter in Aussicht gestellt, dass wir einen Entwurf der ersten Teilgenehmigung für den Rückbau im Sommer 2024 erwarten können." PreussenElektra-Vorstandschef Knott ergänzt: "Wir möchten gerne zeitnah mit unseren Partnern im E.ON-Konzern in die Detailplanung gehen, dafür brauchen wir Planungssicherheit, auch durch die Rückbaugenehmigung aus Kiel." Mitte 2024 möchte das Unternehmen die Bauarbeiten ausschreiben und die ersten Komponenten für den Batteriespeicher bestellen.

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Know-how der Mitarbeitenden nutzen

PreussenElektra will mit dem Projekt Batteriespeicher auch das Know-how seiner Mitarbeitenden nutzen. "Derzeit arbeiten bei uns in Brokdorf noch rund 260 Menschen. Das werden in einigen Jahren, wenn wir komplett Brennstoff-frei sind, vielleicht eher 160 sein. Das Unternehmen möchte einen großen Teil von unseren Mitarbeitenden gerne behalten und ihnen auch im Batteriespeicher einen Arbeitsplatz bieten. "Wie viele das genau sein werden, können wir jetzt noch nicht sagen", sagt Werksleiter Kammrath. Mit dem Projekt Batteriespeicher bleibe auch ein Teil der Wertschöpfung nach dem Rückbau des Kernkraftwerks in Brokdorf und in der Wilstermarsch. Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinde, des Amtes sowie des Kreises Steinburg habe man das Projekt bereits vorgestellt. Die Beschäftigten wurden im Rahmen einer Betriebsversammlung informiert, wie Kammrath erklärt.

Hohe Investitionskosten von 500 Millionen Euro

Der Bau von Europas größtem Batteriespeicher wird auch für Betreiber PreussenElektra ein teures Projekt. Das könne man nur zusammen mit dem Mutterkonzern E.ON hinbekommen, so ein Sprecher. Derzeit gehe man von Investionskosten von gut einer halben Milliarde Euro aus. Genau könne man das derzeit aber noch nicht beziffern. "Es ist nicht unsere Forderung, staatliche Mittel zu akquirieren, das ist nicht unser Plan", sagt Vorstand Guido Knott. "Wir brauchen aber die Rückbaugenehmigung. Wenn wir die Mitte nächsten Jahres bekommen haben, dann wollen wir Tempo machen."

Der Landesregierung in Kiel haben die Verantwortlichen von AKW-Betreiber PreussenElektra ihre ehrgeizigen Pläne für Europas größten Batteriespeicher jedenfalls bereits in der vergangenen Woche vorgestellt. Staatssekretär Joschka Knuth aus dem Energiewendeministerium sagte NDR Schleswig-Holstein, die Landesregierung begrüße die Pläne. Derartige Batteriespeicher seien ganz im Sinne der Energiewende. Brokdorf als Standort mit entsprechend vorhandener Netzinfrastruktur sei prädestiniert für dieses und weitere Energiewende-Projekte.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 12.12.2023 | 19:30 Uhr

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