So sollen Kita-Kinder besser auf die Schule vorbereitet werden
Perspektiv-Kitas für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf und verpflichtende Sprach-Tests für Viereinhalbjährige: Das sind die Kernpunkte des Konzepts, das Bildungs-und Sozialministerium am Montag in Kiel vorgestellt haben.
Wie kann es gelingen, Kitakinder besser auf die Schule vorzubereiten? Dafür will die Landesregierung in einem ersten Schritt 50 Perspektiv-Kitas auswählen. Die sollen sich an den schon bestehenden Perspektiv-Schulen orientieren und Kinder, die in einem sozial belasteteten Umfeld aufwachsen, unterstützen. "Unser Ziel ist es, die Startchancen für alle Kinder gleich zu halten, mögliche Defizite früh zu erkennen und dann entsprechend daran zu arbeiten, diese auszugleichen", so Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) im Rahmen der Pressekonferenz.
Zwei Millionen Euro für 50 Perspektiv-Kitas
Es soll direkt losgehen: Interessierte Kitas, die Perspektiv-Kita werden wollen, können sich ab dem 1. Januar 2025 melden, so dass die Förderung der Kinder im März starten kann. Personell unterstützt werden die Kitas künftig von einer halben Fachkraftstelle, die sich vor allem um die Kooperation mit der Schule und um die sprachliche Bildung kümmern soll.
Expertin für frühkindliche Bildung: Das reicht nicht
Eine halbe Stelle, also 20 Stunden pro Kita, sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein, kritisiert Franziska Schubert-Suffrian, pädagogische Fachberaterin vom Verband evangelischer Kitas. Gerade große Einrichtungen mit mehreren Gruppen, die oft in Gegenden mit wirtschaftlich schwacher Bevölkerung liegen, würden davon kaum profitieren. Generell sei es eine gute Idee, wenn Kitas und Schulen enger zusammenarbeiten, doch ob dieser Weg im "Kleingedruckten" für die Kinder der richtige sei, bezweifelt die Expertin. Ihr fehle der Fokus auf die Kinder und deren Bedürfnisse.
Sprachtests für Viereinhalbjährige
In einem zweiten Baustein setzt die Landesregierung auf den "Entwicklungsfokus Viereinhalbjährige", kurz EVi. Statt wie bisher ein halbes Jahr vor dem Übergang von Kita zu Schule, soll der Sprachstand von Kindern jetzt schon eineinhalb Jahre vor dem Schulstart erfasst werden - per einheitlichem Dokumentationsbogen. Der wird dann vor Ostern im Vorjahr der Einschulung an die Schule übermittelt. Sollte es einen geringen bis mittleren Förderbedarf geben, bleibt die Verantwortung in den Kitas, bei einem erheblichen Unterstützungsbedarf kommt eine Lehrkraft aus der Schule dazu. Dazu sollen an den betreffenden Grundschulen im kommenden Schuljahr 20 zusätzliche Stellen geschaffen werden.
Kinder mit viereinhalb Jahren aus ihrem gewohnten Kita-Umfeld zu reißen, findet Bildungsexpertin Schubert-Suffrian schwierig. Das Lernen einer Sprache funktioniere in einer emotional sicheren und bekannten Umgebung deutlich besser.
Auch Kinder, die nicht in Kitas gehen, werden getestet
Das EVi-Verfahren soll stufenweise entwickelt werden. Noch in diesem Jahr starten die Vorbereitungen im Rahmen eines Pilotprojekts, hieß es am Montag, so dass die ersten Kinder bereits im März 2025 getestet werden können. Anschließend übernehmen die ausgewählten Perspektiv-Kitas das Verfahren und ab Schuljahr 2028/2029 sollen die Tests dann für alle Kitas und die kooperierenden Schulen gelten. Außerdem, so Bildungsministerin Karin Prien (CDU), sollen auch die Kinder getestet werden, die nicht in eine Kita gehen. Das sind rund zehn Prozent der Viereinhalbjährigen.
Kritik von der SPD und FDP: zu spät und zu wenig
Viel zu spät würde die Landesregierung auf die katastrophalen Abstürze in Sachen Bildung reagieren, heißt es zum Übergangs-Konzept der Landesregierung von der SPD-Fraktionsvorsitzenden Serpil Midyatli. "In Hamburg findet das Sprach-Screening seit 20 Jahren statt (...). In Schleswig-Holstein fühlt sich die Regierung schon mutig, wenn sie das Ziel 2028/29 anpeilt. Das ist traurig."
"Kitapolitik im Schneckentempo" heißt es von der FDP, sechs Jahre Anlauf seien für eine so wichtige Maßnahme viel zu lang. Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Martin Habersaat, ergänzt, dass gerade die Kinder, die nicht in Kitas gehen, zu Beginn in den Fokus genommen werden sollten, und nicht erst als letzte Gruppe: "Das Ziel von guten Startbedingungen in der Grundschule wird so jedenfalls nicht erreicht."