Plastik macht Asphalt an der Rader Hochbrücke nachhaltig

Stand: 01.07.2024 12:00 Uhr

Weniger Bitumen im Asphalt, dafür mehr Recycling-Plastik. So soll der Fahrbahnbelag an der Rader Hochbrücke auf der A7 nachhaltiger werden.

von Carsten Salzwedel

Ein Lkw nach dem anderen fährt rückwärts an den Asphaltfertiger auf der A7 heran und kippt die dampfende Masse in den Materialbehälter. Hinten raus kommt glattgezogen die erste Schicht des neuen Fahrbahnbelags. Dass der anders ist als andere Fahrbahnbeläge, sieht man hier nicht mehr. Aber etwas daran ist anders: Kleine schwarze und graue Plastik-Teilchen sollen den Asphalt auf der Autobahn an der Rader Hochbrücke nachhaltiger machen. Ecoflakes heißen sie.

Plastikteilchen in einer Hand. © NDR Foto: Carsten Salzwedel
Diese Plastikpellets "Ecoflakes" aus recycelten Kunststoffverpackungen senken den Bitumenanteil im Asphalt um ein Zehntel.

Sie ersetzten einen Teil des Bitumens im Asphalt, also die schwarze, aus Erdöl hergestellte Klebemasse, die den Kies im Straßenbelag zusammenhält. Entwickelt hat die Ecoflakes die Berliner Firma Ecopals von Jonas Varga. Das Plastik, das sie verwenden, ist nicht mehr recycelbar. Es stammt aus Verpackungsmüll und würde verbrannt werden. Gereinigt, zerkleinert und zu den Ecoflakes verarbeitet, wird es im Asphaltmischwerk dem Bitumen beigemischt, erklärt Jonas Varga. "Dem Bitumen setzen wir Plastik zu, damit es noch besser klebt und damit die Straße länger hält. Und genau das ist eben ganz, ganz entscheidend. Gerade wie hier auf der Autobahn, wo sehr, sehr viel Verkehrsbelastung, also sehr viel rollender Verkehr und eben auch gerade Lkws drüberfahren."

Viel Verkehr, Plastik im Asphalt - mehr Mikroplastik?

Eine Straße wird asphaltiert. © NDR Foto: Carsten Salzwedel
Auf der Fahrbahn Richtung Süden an der Rader Hochbrücke kommt der neue Asphalt zum Einsatz.

"Ist das mit dem Plastik in der Straße so eine nachhaltige Idee?" Diese und ähnliche Fragen haben Jonas Varga und sein Team schon oft gehört. "Reifenabrieb erzeugt ohnehin Mikroplastik und dann noch Plastik in der Straße?" Die Firma erklärt, dass ihre Bitumenmischung den Asphalt stabiler und langlebiger mache. Dadurch würden Spurrinnen reduziert. Asphalt, der mit dem zugesetzten Plastik hergestellt wird, sorge nicht für mehr Freisetzung von Mikroplastik als herkömmlicher Asphalt. Vier Kilogramm Plastik kommt bei ihrer Mischung auf eine Tonne Asphalt. Etwa ein Zehntel Bitumen werde so eingespart. Und dadurch, dass sie Recyclingplastik benutzen, muss kein neues Plastik hergestellt werden. Wenn der Fahrbahnbelag sein Nutzungsende erreicht hat, könne er mehrfach recycelt werden - das würden die Erfahrungen mit Belag von Bundes- und Landstraßen zeigen.

DEGES: Für uns eine Testmöglichkeit

Eine Straße wird asphaltiert. © NDR Foto: Carsten Salzwedel
Für die Straßenbaugesellschaft DEGES ist es ein Test: Erstmals kommt der neuartige Asphalt auf einer Autobahn zum Einsatz.

So lange wird er an der Rader Hochbrücke nicht auf der Autobahn bleiben. Das Bauwerk über den Nord-Ostsee-Kanal ist in die Jahre gekommen und soll abgerissen werden. Parallel zur existierenden Brücke entsteht bereits der Neubau. Dass an der 52 Jahre alten Brücke überhaupt noch mal neuer Asphalt eingebaut wird, liegt am schlechten Fahrbahnzustand. Erneuert werden die Rampen zur Brücke, also nicht der Asphalt auf der Brücke selbst. Während der Bauarbeiten wird der Verkehr beider Fahrtrichtungen in den nächsten Jahren nur noch über die Fahrbahn Richtung Hamburg laufen. Doppelte Belastung also für den Asphalt, erklärt Mario Schönherr von der DEGES. "Das ist eine Test-Möglichkeit. Das haben wir in der Größenordnung noch nicht eingebaut. Hier haben wir die Chance, das auszuprobieren und zu testen, inwieweit der Fahrbahnbelag diese Belastungen in den nächsten Jahren aushält."

Asphalt für die Zukunft

Wenn der Asphalt sich an der Rader Hochbrücke bewährt, sagt Mario Schönherr, dann kann er auch auf anderen Autobahnabschnitten eingebaut werden. Die DEGES sei gegenüber Recyclingbaustoffen sehr aufgeschlossen.

Ein Mann mit Warnweste. © NDR Foto: Carsten Salzwedel
Geschäftsführer Jonas Varga hat die Ecoflakes mit seiner Firma entwickelt.

Jonas Varga freut das. Es ist das erste Mal, dass seine Ecoflakes im Autobahnbereich eingesetzt werden. "Ich bin schon ein bisschen stolz, dass es jetzt endlich auch auf der Autobahn geklappt hat. Das ist ein Riesenprojekt für uns. Das ist dieser letzte Meilenstein, um zu zeigen, dass es sich bei den Flakes eine etablierte Technologie handelt."

Drei Jahre etwa muss sich der Asphalt an der Rader Hochbrücke bewähren. Dann wird auch die Fahrbahn Richtung Süden abgerissen - und mit ihm der Recycling-Asphalt. Er wird zerkleinert und analysiert - und kann dann nach mehreren Zwischenschritten erneut auf einer Straße eingesetzt werden.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Schleswig-Holstein Magazin | 22.06.2024 | 19:30 Uhr

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