Pläne für Hinterlandanbindung sorgen für Unmut in Bad Schwartau
Seit Jahren gibt es in Bad Schwartau Bedenken und Widerstand gegen die Planungen der Hinterlandanbindung an den Fehmarnbelttunnel. Die Bahn hat den Anwohnern nun erstmals konkrete Pläne vorgestellt.
Wenn die Züge an seinem Haus vorbeifahren, ist das für Sercan Bulut alltäglich. Alle halbe Stunde ist das so. Sein Haus: nur drei Meter von den Gleisen entfernt, ein ehemaliges Bahnwärterhaus, das er vor sechs Jahren gekauft und aufwändig saniert hat. Wenn er im Haus ist, höre er die Bahn nicht mehr, sagt Bulut. Er hat Schallschutzfenster einbauen lassen. Doch seine Mühen waren umsonst. Denn laut Planungen der Bahn wird er mit seiner Familie in absehbarer Zeit ausziehen müssen, weil genau an der Stelle seines Hauses eine neue Unterführung für Fußgänger und Radfahrer entstehen soll. Das geschieht für den Bau der Hinterlandanbindung, also der Schienen- und Straßenanbindung an den Fehmarnbelttunnel.
Von Fehmarn bis Lübeck sind das etwa 80 Kilometer, und die führen auch mitten durch Bad Schwartau. "Erst hieß es, die Bahn braucht drei Meter von meinem Grundstück, jetzt sind es 100 Prozent. Dass wir bald hier ausziehen müssen nagt natürlich schon. Gerade auch unser vierjähriger Sohn möchte hier eigentlich nicht weg", sagt Sercan Bulut.
Bahn veröffentlicht erste konkrete Planungen: 400 Menschen dabei
Seit Jahren regt sich in Bad Schwartau Widerstand gegen die Planungen der Bahn für die Hinterlandanbindung. Viele Anwohner fürchten, dass das Stadtbild von Bad Schwartau zu sehr verändert werden und zusätzlicher Lärm entstehen könnte. Am Montagabend stellt die Bahn die ersten konkreten Planungen der Öffentlichkeit vor. Der Andrang in der Krummlandhalle ist groß, kurzfristig muss neben den beiden Sälen noch die Turnhalle aufgemacht werden. Am Ende kommen mehr als 400 Menschen. Viele haben Bedenken, Ängste, Sorgen. Die Straßen wären zu eng für Rettungskräfte. Es gibt auch die Befürchtung, dass zu viel Wald abgeholzt werde und damit ein Naherholungsgebiet an Bedeutung verliere.
Anwohner in Sorge vor Lärmschutzwand
Auch Buluts Nachbar Michael Weber ist dabei. Er wohnt in einer Villa aus dem Jahr 1908. Nur wenige Meter vor seinen Fenstern zu den Gleisen soll eine Lärmschutzwand gebaut werden, bis zu sieben Meter hoch. "Ich wollte hier meinen Ruhestand genießen. Aber wenn ich daran denke, dass ich in Zukunft auf eine hohe Mauer gucke, dann geht es mir nicht gut. Da komme ich mir vor wie im Knast", sagt Weber. Große Hoffnungen hat er nicht mehr, eine so hohe Wand noch abwenden zu können. Seinem und dem Favoriten vieler anderer Schwartauer, einem sieben Meter tiefen Trog durch Bad Schwartau, hatte die Bahn schon mehrmals eine Absage erteilt. Dadurch hätten viele weitere Baumaßnahmen verhindert werden können, die erheblich ins Stadtbild und die Natur eingreifen würden.
Bahn will im Gespräch bleiben
Von der Bahn stehen fünf Experten an diesem Abend Rede und Antwort. Erklären, wie die neuen Maßnahmen aussehen sollen. Ein Bahnübergang soll zum Beispiel geschlossen werden, dafür wird eine Umgehungsstraße gebaut. Der Lärmschutz gehe über die gesetzlichen Maßnahmen hinaus, so die Bahn. Dadurch verspricht die Bahn, dass der Lärm trotz der geplanten 70 Güterzüge von bis zu 800 Metern Länge am Tag gleich bleiben soll. "Wir werden die Einwände der Bürgerinnen und Bürger natürlich sehr ernst nehmen. Wir wollen die Maßnahmen irgendwann umsetzen und dafür müssen wir die Betroffenheiten kennen", sagt Frank Limprecht, Leiter Nord DB InfraGo. Er verspricht: "Wir werden weiter im Gespräch bleiben".
Anwohner können sich an Planungen beteiligen
In den kommenden Wochen soll es weitere Infoveranstaltungen geben. Die Anwohner und die Stadt sollen bei den letzten Feinabstimmungen mit einbezogen werden. Bis zum Planfeststellungsbeschluss sei es noch ein langer Weg, so Limprecht und ergänzt: "Gerade bei der Gestaltung von Lärmschutz können Bürgerinnen und Bürger noch Einfluss nehmen. Auch auf den Radverkehr, was für viele ein wichtiges Thema ist." Wenn alles nach Plan läuft, will die Bahn Ende 2026 in Bad Schwartau mit dem Bau der Maßnahmen beginnen. Wie die dann im Detail aussehen werden - dazu ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.