Öffentliche Toiletten auf Zugreisen - oft keine saubere Geschichte
"Bevor wir losfahren, gehen alle noch mal auf die Toilette." Den Spruch kennen sicher viele aus der Kindheit. Er gilt auch heute noch, denn öffentliche Toiletten sind oft rar oder schmutzig.
Bahnreisende und Pendler kennen die Sorge: Gibt es im Zug oder im Bahnhof Toiletten? Und wenn es eine gibt, ist da die Frage, wie sauber die ist. Wohl jeder hat bei diesem Gedanken schlimme Bilder im Kopf. Und deshalb wollte ich wissen: Wie ist die Lage bei den Bahnhofstoiletten und generell bei den öffentlichen Toiletten im Land. Ich habe bei der Bahn, in Gemeinden und Städten nachgefragt und einen Selbsttest gewagt.
Auf der Fahrt von Flensburg nach Lübeck habe ich einen Liter Wasser getrunken. Die Flüssigkeit will nun wieder raus. Im Lübecker Bahnhof gibt es eine Toilette. Sie kostet einen Euro - wäre mir egal, wenn sie dafür sauber ist. Ist sie diesmal aber nicht. Vor dem Pissoir rinnt eine undefinierbare dunkle Flüssigkeit über den Boden. Hinter der einen Toilettentür stöhnt ein Mann - ganz offenbar nicht aus der Not heraus. Die andere Toilette ist so verschmutzt, dass auch das männliche Privileg "stehend zu pinkeln" keine Option ist. Nichts wie raus hier. In einem Hotel in der Nähe gibt es zum Glück eine adäquate Alternative.
Kein Recht auf kostenlose "Notdurft"
Hätte ich auch einfach an einem Wohnhaus klingeln können? Denn das Gerücht hält sich hartnäckig: Im "Notdurft-Notfall" würde es reichen, an einer beliebigen Haustür zu klingeln, um dort dann die Privat-Toilette der Mieter oder Hausbesitzer zu nutzen. Eine Verweigerung wäre sogar "unterlassene Hilfeleistung", so die Legende. Sönke-Peter Nehlsen ist Anwalt in Leck (Kreis Nordfriesland), er macht klar: "Das gibt's nicht!" Das sei ein verbreiteter Rechts-Mythos. Und das ist wohl auch der Grund, warum es in vielen Städten und Gemeinden öffentliche Toiletten gibt. Denn sie erhöhen im Idealfall die Aufenthaltsqualität - niemand mag bummeln mit voller Blase.
Vandalismus ist ein Problem
Nur ein paar Schritte vom Anwaltsbüro entfernt gibt es in Leck eine moderne kostenlose Toilette mit einer automatischen Tür. Bürgermeister Andreas Deidert (CDU) ist es besonders wichtig, dass diese auch behindertengerecht ist. Leider haben Unbekannte Anfang Januar die Toilettenschüssel - vermutlich mit einem Böller - in die Luft gesprengt. Inzwischen ist der Schaden behoben.
Auch am ZOB stellt die Gemeinde eine kostenlose Toilette zur Verfügung. "Natürlich gibt es immer mal wieder Menschen, die sich nicht benehmen können, dann geben die Nutzer bei uns im Rathaus Bescheid", so Deidert. Insgesamt sei er aber mit dem Zustand der Toiletten in Leck zufrieden. Für die Reinigung investiere die Gemeinde jährlich rund 30.000 Euro.
Wildpinkler in Klanxbüll
20 Minuten von Leck entfernt befindet sich Klanxbüll (Kreis Nordfriesland). Dort steht ein beliebter Bahnhof für Sylt-Pendler - die sollten aber nicht dringend zur Toilette müssen. Das Bahnhofsgebäude wurde verkauft. Die Toilette ist nur während der Kiosk-Öffnungszeiten zugänglich. Der benachbarte Bäcker - mit Kunden-WC - ist nur bis 10 Uhr geöffnet. Seit Monaten gibt es also keine zuverlässige öffentliche Toilette. Gemeindearbeiter Uwe Jensen ärgert sich über die Wildpinkler, die am ZOB und am Parkplatz "Spuren hinterlassen". Viele wollen sich nicht darauf verlassen, dass im Zug eine funktionierende Toilette vorhanden ist. Inmerhin: Die Gemeinde baut gerade eine öffentliche Toilette, die schon in den nächsten Wochen eröffnet werden soll. Sie wird laut Bürgermeister Sascha Lewi (Allgemeine Wählergemeinschaft Klanxbüll) kostenfrei sein.
Toiletten in Zügen und Bahnhöfen
Laut Bahn AG gibt es in Schleswig-Holstein 136 aktive Bahnhöfe und Haltepunkte. Doch lediglich 10 haben eine Toilettenanlage. Das sind gerade mal sieben Prozent. Ein Bahnhofs-WC gibt es beispielsweise in Lübeck, Westerland und Niebüll (beides Kreis Nordfriesland) sowie in Bad Oldesloe (Kreis Stormarn). Die Anlagen werden von der HERING Sanikonzept GmbH bewirtschaftet und nach deren Angaben vier Mal täglich gereinigt. Benutzer müssen dafür einen Euro zahlen. Der Fahrgastverband ProBahn kritisiert, dass die Sauberkeit trotzdem oft zu wünschen übrig lässt.
Auch die Situation in den Zügen ist nach Ansicht von ProBahn nicht besser. Gab es vor 15 Jahren noch eine Toilette für 45 Fahrgäste, müssen sich inzwischen 120 Fahrgäste eine Toilette teilen. ProBahn findet das unhaltbar.
"Wir haben in den Zügen eine massive Reduktion der Toiletten, die dann auch nicht immer funktionieren. Hier muss die Bahn, beziehungsweise vor allen Dingen auch der Aufgabenträger, die NAH.SH, eigentlich Züge mit mehr Toiletten bestellen. Denn wir sind in Schleswig-Holstein längere Strecken unterwegs. Die Bevölkerung wird älter und ist zum Teil eben auf die Nutzung der Toiletten angewiesen." Karl-Peter Naumann, Fahrgast Verband Pro Bahn
NAH.SH-Sprecher Dennis Fiedel hält das Angebot jedoch für ausreichend - "zumindest wenn die Toiletten funktionieren."
Nette Toilette als Alternative
Was also tun, wenn weder Bahnhofstoilette noch öffentliche Toilette in der Nähe sind? Dann könnte man noch auf das Konzept "Nette Toilette" hoffen - das ist inzwischen relativ weit verbreitet. Statt einer öffentlichen Toilette, die gebaut und unterhalten werden muss, stellen dabei Restaurants und Hotels ihre Toiletten der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Auch die Stadt Flensburg nutzt die "Netten Toiletten" am Hafen. Laut Stadtsprecher Clemens Teschendorf ist es auch für die Anbieter ein Vorteil, "denn so mancher Toilettennutzer wird so zum Gast." Die Stadt zahlt im Gegenzug einen Zuschuss für die Reinigung. Bisher gibt es am Südermarkt, am Nordertor, in der Neuen Straße und im Ostseebad zusätzliche öffentliche Toiletten in Flensburg. "Wir arbeiten da gerade an einem neuen Konzept, denn mit der aktuellen Situation sind wird nicht zufrieden. Das Problem ist auch hier Vandalismus", so Teschendorf.