Northvolt: Fachkräfte-Konkurrenz und Wohnungsmangel befürchtet
Das Kieler Institut für Weltwirtschaft teilt die vielerorts herrschende Freude über die Ansiedlung der Northvolt-Batteriefabrik bei Heide nur in Teilen: Der Fachkräftemangel werde sich verschärfen.
Auf die Frage, was der jetzt endgültig beschlossene Bau der Northvolt-Batteriefabrik bei Heide (Kreis Dithmarschen) für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein bedeutet, antwortet Dr. Eckhardt Bode vom KielerInstitut für Weltwirtschaft (IfW) mit einer langen Pause. "Für Schleswig-Holstein ist das sicherlich eine Chance", fällt die verhaltene Antwort aus. Die Industrie sei modern und zukunftsträchtig. Aber der Experte für Internationalen Handel, Investitionen, Innovation und internationalen Wettbewerb sieht auch deutliche Probleme auf die Region zukommen: "Fachkräftemangel ist ein Thema, das mit solchen Standortansiedlungen zu wenig diskutiert wird", meint Bode.
Steigender Fachkräftemangel zu erwarten
Im Kreis Dithmarschen herrscht im Vergleich zu den anderen Kreisen in Schleswig-Holstein die höchste Arbeitslosigkeit. Die Quote lag dort im Dezember vergangenen Jahres laut Bundesagentur für Arbeit bei sechs Prozent. IfW-Experte Bode geht davon aus, dass nur ein kleiner Teil der zukünftigen Mitarbeitenden bei Northvolt aus der Arbeitslosigkeit kommen wird. Rund 3.000 Jobs sollen entstehen. Stattdessen werde der überwiegende Teil aus der Region oder anderen Teilen Deutschlands abgeworben werden - und dann dort fehlen, so Bode: "Ich fürchte, das Problem wird im Wesentlichen sein, dass kleinere Betriebe, alteingesessene Betriebe, die nicht so hohe Löhne zahlen können wie Northvolt, diese Arbeitskräfte verlieren werden."
So werde der Fachkräftemangel in der Region trotz der neuen Jobs bei Northvolt zunehmen. Und das bedeutet laut Bode, dass es in Zukunft schwieriger sein könnte, Handwerker zu bekommen und auch diese Leistungen zu bezahlen. Er fordert, dass die Landesregierung deutlich mehr Geld in Bildung steckt, um so dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
"Zweigbetriebe von größeren Firmen haben oft eine geringe Standorttreue"
Und noch ein Problem sieht der Wissenschaftler: "Das Projekt ist nicht nachhaltig". Zwar ist die neue Batteriefabrik noch nicht einmal gebaut und frühestens ab 2026 sollen bei Heide Batterien für E-Autos produziert werden - Bode blickt allerdings noch weiter in die Zukunft. In den Förderrichtlinien ist eine zehnjährige Bindungsfrist für Northvolt festgeschrieben. Danach werden die Karten neu gemischt, ist sich der IfW-Experte sicher: "Ich denke es wird wahrscheinlich sein, dass nach zehn Jahren neu verhandelt wird mit der Landesregierung, mit der Bundesregierung über weitere Förderung. Und wenn diese Förderungen zu gering ausfallen, dann halte ich es für ein durchaus realistisches Szenario, dass Northvolt seine Entscheidung überdenkt."
Bereits im Dezember hatte das Bundeswirtschaftsministerium einen Förderbescheid mit der Summe von 564 Millionen Euro an Northvolt überreicht. Weitere 136 Millionen Euro kommen vom Land Schleswig-Holstein. Insgesamt investiert das schwedische Unternehmen bei Heide rund 4,5 Milliarden Euro.
Noch fehlen hunderte Wohnungen für Northvolt-Mitarbeitende
In die Kritik an den Northvolt-Plänen reiht sich auch der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) ein. "In der Region droht nach dem Knallen der Sektkorken der große Kater", befürchtet Direktor Andreas Breitner. Nämlich dann, wenn in der Region nicht ausreichend Wohnungen für die Beschäftigten beim schwedischen Batteriehersteller geschaffen würden. Der Bedarf liegt laut Breitner bei bis zu 1.500 neuen Wohnungen.
"Land lässt Region beim Thema Wohnen alleine"
Das Land habe sich für die Ansiedlung von Northvolt entschieden, ließe aber die Region Dithmarschen beim Thema Wohnen derzeit ziemlich allein, beklagt Breitner. Das müsse sich ändern. Deshalb fordert der VNW eine Sonderförderung für Wohnungsbau. Außerdem solle der aktuell geltende Landesentwicklungsplan für den Kreis für einen Zeitraum von fünf Jahren ausgesetzt werden.
Die neue Northvolt-Batteriefabrik soll auf rund 110 Hektar Fläche auf dem Gebiet der beiden Gemeinden Lohe-Rickelshof und Norderwöhrden entstehen. Dort leben derzeit insgesamt etwa 2.360 Menschen.