Mit umgebauten Milchlastern und Güllepumpen gegen Großfeuer
Ohne Wasser keine Brandbekämpfung: Weil auf Eiderstedt in Nordfriesland immer mehr Sielzüge austrocknen, will die Feuerwehr nun umgebaute Milchtankwagen für Löschwasser nutzen.
Auf der Halbinsel Eiderstedt im Kreis Nordfriesland sind immer mehr Sielzüge ausgetrocknet. Auch andere offene Wasserstellen zur Löschwasserentnahme stehen nicht mehr zur Verfügung, dazu kommen Probleme in der Tourismus-Saison, weil das öffentliche Trinkwassernetz an seinen Grenzen stößt. Die Feuerwehren können dann nicht wie in anderen Regionen die Hydranten anzapfen, um an das notwendige Löschwasser zu kommen. Die Folge: sehr weite Wege, um Großfeuer in der ländlichen Region zu bekämpfen.
Vorbilder: Niederlande und Dänemark
Die Wehrführer der einzelnen Gemeinden haben sich schon vor Jahren mit dem Problem des fehlenden Löschwassers auseinandergesetzt. Timo Kier, stellvertretrender Wehrführer aus Garding: "Wir haben uns überall mal umgesehen, auch in den Nachbarländern Dänemark und in den Niederlanden. Die hatten dort schon Milchtanker umgebaut, um das Löschwasser zu transportieren. Da haben wir gedacht: Das können wir auch." Die Amtswehrführung Eiderstedt wurde dann aktiv, die Idee lag auf dem Tisch und es ging in vielen Sitzungen um die konkrete Umsetzung.
Milchlaster und Güllepumpe zweckentfremden
Ein Milchtankwagen kann 12.000 Liter transportieren, viele normale Löschfahrzeuge deutlich weniger. Zwei Milchtanker wurden schnell gefunden. Amtswehrführer Heinz-Dieter Hecke: "Wir nehmen dann zwei recycelte Milchtankwagen, der Unterbau von dem Fahrzeug wird neu gemacht und dann machen wir uns die landwirtschaftliche Pumptechnik zu eigen." Konkret bedeutet das: Weil Güllepumpen so leistungsstark sind, werden sie für den Feuerwehr-Tankwagen benutzt. Laut Hecke schaffen sie 4.000 Liter in der Minute. "Und weil es eine Firma gibt, die genau sowas baut, passt das für uns."
Das Konzept sieht vor, dass die neuen Tankwagen das Wasser an einem Sielzug oder an einem Hydranten aufnehmen, und dann zur möglichen Einsatzstelle fahren. Weil die schweren Tanklaster aber nicht überall so nah ran kommen, gibt es Löschwasser-Zwischenlager mit mobilen Zelt-Bassins. Von dort werden dann Schlauchleitungen zum Brandort gelegt.
Zwei Standorte für zehn Gemeinden auf Eiderstedt
Zehn Gemeinden auf der Halbinsel Eiderstedt machen mit. Sie alle haben großen Bedarf, zuverlässig und schnell an die entsprechende Löschwasser-Menge zu kommen. Die umgebauten Tankfahrzeuge sollen jeweils einen Teil der Halbinsel Eiderstedt abdecken. Für den Westen soll ein Fahrzeug in Tetenbüll stationiert werden. Das zweite Fahrzeug soll einen Stellplatz in Kating bekommen - für den östlichen Teil Eiderstedts.
Keine Förderung: Gemeinden müssen in die Kasse greifen
Die neuen Tankfahrzeuge für die Feuerwehr kosten laut Amtswehrführer bis zu 350.000 Euro. Weil es aber keine neuen Feuerwehr-Löschfahrzeuge nach einer bundesweit vorgeschriebenen DIN-Norm sind, gibt es dafür keine Zuschüsse vom Land. Folge: Alle zehn Gemeinden, die sich beteiligen, müssen einen Anteil zahlen.
Option für andere ländliche Regionen
Der Landesfeuerwehrverband SH begrüßt das Eiderstedter Löschwasser-Modell. Geschäftsführer Volker Arp sagt: "Die neue Lösung passt genau auf die Halbinsel Eiderstedt. Das ist ein tolles Beispiel, wie benachbarte Wehren gemeinsam mit den zuständigen Gemeinden etwas auf den Weg bringen können." Die Löschwasserversorgung sei eine gesetzliche Aufgabe der Kommunen und wenn die zehn Gemeinden das so machen wollen, sei das ein guter und passender Ansatz. Möglicherweise könne man später einmal schauen, ob das Modell auch für andere ländliche Regionen in Schleswig-Holstein passen könnte. Dazu müsse man aber erstmal abwarten, wie es in der Praxis funktioniere, so Arp. Das Eiderstedter Modell könnte also vielleicht Schule in ganz Schleswig-Holstein machen.
Praxistest im kommenden Jahr
Die Amtsfeuerwehr Eiderstedt will das neue Konzept jetzt so schnell wie möglich umsetzen. Amtswehrführer Heinz-Dieter Hecke verweist auf die notwendigen Ausschreibungen für den Umbau. Wenn alles klappt, wolle man noch in den nächsten Monaten die beiden Fahrzeuge bestellen. Die ersten Einsätze nach dem neuen Löschwasserkonzept mit umgebauten Milchlastern und Güllepumpen auf Eiderstedt wird es dann also wohl erst im kommenden Jahr geben.