NOK-Fähren: Krisengipfel soll Lösungen für Pendler bringen
Die Fähren am Nord-Ostsee-Kanal fahren immer wieder unpünktlich oder gar nicht. Die Interessengemeinschaft der Fährbenutzer hat sich deswegen am Dienstag mit Vertretern der anliegenden Gemeinden sowie Verantwortlichen des Wasser- und Schifffahrtsamtes getroffen.
Am Montag war es ihre Schwägerin, die Bettina Wendt von der ausgefallenen Fähre berichtete. "Sie ist am Morgen über den Kanal, um für ihren Vater einkaufen zu gehen", erzählt die Bürgermeisterin von Oldenbüttel. "Auf der Fähre sagte ihr der Decksmann, dass sie nachts nicht gefahren sind." Bettina Wendt selbst hatte dazu keinerlei Informationen erhalten. "Diese fehlende Kommunikation ist ein Riesenproblem."
Oldenbüttel ist eine kleine Gemeinde in der Nähe von Hanerau-Hademarschen (Kreis Rendsburg-Eckernförde) mit rund 270 Einwohnerinnen und Einwohnern auf beiden Seiten des Nord-Ostsee-Kanals. Die Mehrheit von ihnen lebt am Südufer, wo auch das Dorfzentrum ist. Doch rund 20 Bürger und Bürgerinnen wohnen nördlich des Kanals. Zwischen beiden Ortsteilen verkehrt eine Fähre - zumindest sollte sie das. Zuletzt fiel sie immer wieder aus.
Ohne Fähre fallen Familienbesuche auch mal aus
Weil das auch an anderen Fährstellen am Nord-Ostsee-Kanal seit langem der Fall ist, kam es am Dienstag zu einem Krisengipfel: Die Interessengemeinschaft der Fährbenutzer traf sich am Abend wegen des unzuverlässigen Fährbetriebs mit Vertretern des Wasser- und Schifffahrtsamts (WSA). Hinzu kamen die Direktoren der Ämter Mittelholstein und Mitteldithmarschen sowie 13 Vertreter und Vertreterinnen anliegender Gemeinden.
Darunter auch Bettina Wendt, die berichtete, was die Fähre für ihre Gemeinde bedeutet. "Es ist ja nicht nur so, dass ich als Bürgermeisterin den Brandschutz der Menschen nördlich des Kanals sicherstellen muss", sagte sie vorab. Es gebe dort auch Kinder, die mit dem Linienbus - der ebenfalls die Fähre nutzt - zur Grundschule gen Süden nach Hanerau-Hademarschen müssten. Und Landwirte, die Felder auf der anderen Seite zu bestellen hätten. Von freundschaftlichen und familiären Beziehungen auf beiden Seiten ganz zu schweigen.
Kilometerlange Umwege, keine Information
Thomas Deckner nahm ebenfalls an dem Treffen teil. Er ist Bürgermeister von Hanerau-Hademarschen und erzählt von zwei Gemeindeangestellten, die in Offenbüttel (Kreis Dithmarschen) nördlich des Kanals leben: "Die nehmen nur noch den kilometerweiten Umweg über die Grüntaler Brücke und Albersdorf, weil sie der Fähre in Fischerhütte nicht mehr trauen." Das Problem: Ob sie fährt oder nicht, erfahre man erst am Anleger. "Bis dahin ist man im Zweifel vier Kilometer gefahren", so Deckner.
Die Reaktionen derjenigen, die dann vor geschlossenen Schranken stehen, bekommt Knut Ewers dann oftmals live mit. Er ist der Sprecher der Interessensgemeinschaft Fährbenutzer und blickt von seinem Wohnhaus direkt auf die Fährstelle Fischerhütte. "Kürzlich erst kam hier eine Radfahrerin an, die auf die andere Seite wollte, um ihre Mutter im Seniorenheim zu besuchen", erzählt Ewers. "Der Besuch fiel aus. Sie war sehr traurig."
Es braucht verlässliche Kommunikation - und verlässliche Fähren
Kein Wunder, dass eine der Forderungen der Interessensgemeinschaft an das Schifffahrtsamt die Kommunikation betrifft: Wenn es schon Ausfälle gebe, solle wenigstens verlässlich informiert werden. Die Fährbenutzer fordern mindestens eine aktuelle Webseite und bestenfalls einen Dienst, über den Nutzer und Nutzerinnen zum Beispiel Push-Nachrichten aufs Handy erhalten. Und natürlich, dass der Fährbetrieb wieder verlässlich wird, am Tag wie in der Nacht, mit wenig Warte- und kurzen Fahrzeiten.
Ist es "nur" der Fachkräftemangel?
Das Wasser- und Schifffahrtsamt, das in den vergangenen Jahren einen Großteil des Fährbetriebs auf dem Nord-Ostsee-Kanal privatisiert hat, verwies im Vorfeld des Treffens immer wieder auf den allgemeinen Fachkräftemangel. Der habe bei der Reederei, die die Fähren betreibt, zu einem Ausfall an Personal geführt. Auch in einer Mitteilung am gestrigen Montag verwies das WSA erneut darauf.
Um den zu kompensieren, sollen zum Beispiel Decksleute vermehrt zu Fährführern weitergebildet werden. Auch Sportboot-Kapitänen und -Kapitäninnen mit Matrosenerfahrung wollte das WSA zuletzt den Weg in die Fährschifffahrt erleichtern - in einer Mitteilung von Montag ist davon allerdings nichts mehr zu lesen.
Mehr Investitionen gefordert
Knut Ewers, der Fährbenutzer-Sprecher, verweist darauf, dass nicht allein der Personalmangel schuld an dem Fährschlamassel ist. "Natürlich muss der behoben werden, was sicher auch möglich wäre, wenn man die Arbeitsbedingungen verbessern würde", sagt Ewers, der von einigen Gesprächen mit dem Fährpersonal berichten kann. "Genauso stellen aber technische Defekte ein Problem dar, die nur durch mehr Investitionen zu beheben sind." Tatsächlich waren beispielsweise am 22. und 23. November jeweils nur eine der zwei 100-Tonnen-Fähren in Brunsbüttel einsatzbereit.
"Die Situation ist schwer zu ertragen", sagt der dortige Bürgermeister Martin Schmedtje. Zwar geht er davon aus, dass sich zumindest die Personalsituation in den kommenden Wochen und Monaten verbessern wird, weil die verantwortliche Reederei zum Beispiel weniger Mitarbeitende in der Ausflugsschifffahrt benötigt. "Spätestens im Frühjahr wird das Personal dann wieder knapp werden", meint Schmedtje und spricht damit etwas an, das Knut Ewers unbedingt verhindern will: "Die NOK-Fähren dürfen nicht zu einem Personalpuffer werden."