Mehr Stellen als Bewerber: So sieht der Ausbildungsmarkt 2025 aus

Stand: 14.02.2025 15:44 Uhr

In Schleswig-Holstein gibt es deutlich mehr Ausbildungsstellen als Bewerberinnen und Bewerber. Laut Agentur für Arbeit stehen für das kommende Ausbildungsjahr landesweit insgesamt 17.600 zur Verfügung.

von Corinna Below

Pressekonferenz an der Kreis-Berufsschule in Ahrensburg (Kreis Stormarn). Mit dabei: Azubis aus dem ersten Lehrjahr - Industriemechaniker und Metalltechniker. Während der Schulsprecher ein Interview mit den Chefs von der Arbeitsagentur Schleswig-Holstein, dem Kreis Stormarn, der Handwerks- und Industrie- und Handwerkskammer führt, arbeiten die angehenden Metaller an achteckigen Werktischen. "Wir sollen eine Stückliste ausfüllen", sagt Nikita Gerken. Vor ihm liegen Werkteile, die er nun bestimmen muss. Der 17-Jährige lernt bei Herose in Bad Oldesloe. Dass er und die anderen bei dieser Pressekonferenz dabei sind, hat eine Botschaft: die jungen Menschen sind wichtig. Nikita Gerken findet das cool.

Mehr als 10.000 Ausbildungsstellen noch frei

Der Azubi Nikita lächelt in die Kamera. © NDR
Nikita Gerken lernt im ersten Lehrjahr Industriemechaniker.

Laut Arbeitsagentur sind rund 10.000 Ausbildungsstellen in ganz Schleswig-Holstein noch unbesetzt, bislang hätten nur 7.500 junge Menschen Interesse an einer Ausbildung gezeigt. Die meisten freien Ausbildungsstellen in Schleswig-Holstein gibt es im Einzelhandel. Gegenüber den Vorjahren nahm die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber im Januar weiter ab. Die meisten sind jünger als 20 Jahre. Etwa 20 Prozent kommen aus dem Ausland, heißt es weiter.

Arbeitgeber müssen "wirklich jeden jungen Menschen einsammeln"

Alle Arbeitgeber müssten noch mehr in die Suche nach Nachwuchs investieren, um möglichst alle jungen Menschen, die in diesem Jahr von der Schule abgehen, in die Ausbildungen zu bekommen. Das betonte Markus Biercher, Chef der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit. Es sei "wirklich wichtig, dass wir jeden, wirklich jeden jungen Menschen, der die Schule verlässt, einsammeln, sie nicht zurücklassen, mitnehmen, auch fürsorglich belagernd, an ihnen dranbleiben." Seine Hoffnung ist, dass dadurch möglichst viele freie Ausbildungsplätze besetzt werden.

Bei der Berufswahl spielt bereits das Elternhaus eine Rolle

Ralf Stamer, Präsident der Handwerkskammer Schleswig-Holstein, meint sogar, dass die Arbeitgeber die jungen Menschen schon erreichen müssten, weit bevor sie von der Schule abgehen. Sie sollten schon in Kindergärten Veranstaltungen zu machen "wie kleine Bootshäuser zu bauen und so weiter und so weiter. Es beginnt ganz früh." Man müsse auch die Eltern mitnehmen. Die seien entscheidend dafür, wie die Kinder sich als Jugendliche orientieren.

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Ein Aufsteller der Bundesagentur für Arbeit mit Ausbildungsangeboten. © picture alliance / photothek Foto: Thomas Trutschel

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Bei einigen Praktika "nur an die Decke gestarrt"

Die Prägung durch die Eltern war auch für Tabea Janeck entscheidend. Mutter und Vater arbeiten als Schlosser. Sie wird nun Industriemechanikerin. "Das passt also," sagt sie. Dass sie sich aber ausgerechnet für den Metallbaubetrieb Herose in Bad Oldesloe entschieden hat, so wie Nikita Gerken, hat einfach damit zu tun, dass sie hier im Praktikum sehr gut betreut worden ist. "Das hat einfach Spaß gemacht, weil ich hier richtig viel machen konnte. Nicht so wie bei anderen Praktika, wo ich oft auch nur an die Decke gestarrt und mich extrem gelangweilt habe."

In den nächsten zehn Jahren gehen viele in Rente

Der Ausbilder Manuel Mielke berichtet von seinen Erfahrungen. © NDR
Manuel Mielke ist bei der Firma Herose für die Auszubildenden im gewerblich-technischen Bereich zuständig

Wie bei allen Arbeitgebern im Land, geht auch bei Herose in Bad Oldesloe in den nächsten zehn Jahren ein erheblicher Teil der Mitarbeitenden in Rente. Landesweit ist es gut ein Viertel der Beschäftigten. Manuel Mielke ist Ausbilder im gewerblich-technischen Bereich. Er macht sich Sorgen, weil die Nachwuchskräfte nicht in der Zahl nachkommen, wie die älteren Kollegen das Unternehmen verlassen. Er weiß: "Dafür müssen wir echt erheblich was tun."

Investitionen in Rekrutierung und Ausbildung

Um Nachwuchs besser auszubilden zu können, hat Herose vor gut sechs Jahren entschieden, eine Ausbildungswerkstatt einzurichtenen. Derzeit lernen im gewerblich-technischen Bereich 14 Azubis.

"Wir sind auch dabei, die Ausbildung weiter auszubauen. Dafür gehen wir auf Berufschulmessen. Da haben wir letztes Jahr zwölf Stück besucht und wir versuchen dadurch auch immer Werbung zu machen. Wir haben Kooperationsschulen hier in der Umgebung und versuchen mit denen Bewerbertrainings zu machen und Vorstellungsgespräche zu simulieren." Manuel Mielke, Ausbilder bei Herose

Wer sich beim Praktikum gut anstellt, so wie Nikita Gerken, der kann dann in den Ferien im Betrieb arbeiten und sogar als Minijobber anfangen, bevor er die Ausbildung startet. "Das war einzigartig," erzählt er. Die Firma habe ihm viele Möglichkeiten geboten "reinzuschnuppern und dadurch konnte ich halt mehr und mehr die Firma kennenlernen und habe dann so meine Entscheidung besser getroffen."

Lockmittel: Zuschüsse, Prämien, Teamevents

Herose zahlt im ersten Lehrjahr fast 1.500 Euro Gehalt, einen Zuschuss zum Deutschlandticket, bezahlt die Lehrmittel, organisiert Teamevents und zahlt nach Abschluss bei guter Leistung eine Prämie. Für Tabea Janeck und Nikita Gerken waren diese finanziellen Anreize bei der Entscheidung aber nicht so entscheidend. Die Stimmung in der Firma wäre einfach super gewesen. Toll finden sie die finanziellen Anreize trotzdem. Ausbilder Manuel Mielke blickt zuversichtlich in die Zukunft. Aber er weiß, die Anstrengung um den Nachwuchs darf nicht nachlassen.

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Jugendliche in der handwerklichen Berufsausbildung. © Fotolia.com Foto: industrieblick

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 13.02.2025 | 19:30 Uhr

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