Lübecker Hanseschiff: Erste Funde präsentiert
Seit etwa einem Monat bergen Spezialisten das Wrack eines Handelsschiffes aus dem 17. Jahrhundert vom Grund der Trave. Nun hat die Hansestadt Lübeck die ersten Funde vorgestellt.
Geborgen haben die Forscher bisher dutzende Holzteile des Wracks, vor allem Planken. Außerdem gut erhaltene Stücke aus der Takelage, wie Taue, und eine voll funktionsfähige Seilrolle. "Es gibt erste Anzeichen, dass es sich um ein Handelsschiff aus der Region handeln könnte", berichtet Projektleiter Felix Rösch. Das sei etwas ganz besonderes, andere Handelsschiffe aus der Zeit, die geborgen werden konnten, würden hauptsächlich aus den Niederlanden stammen.
"Ein Handelsschiff aus der Region wurde noch nicht geborgen." Felix Rösch, Unterwasserarchäologe
Wenn sich die Vermutung bestätigt, könne man erforschen, wie genau diese Schiffe bei uns in der Region gebaut wurden und wie sie aussahen. Das wären neue Erkenntnisse. Laut Felix Rösch wurden schon häufiger Kriegsschiffe aus dem 17. Jahrhundert gefunden, aber kaum zivile Handelsschiffe.
Erkenntnisse über das Leben an Bord
Aus weiteren Funden können die Spezialisten Erkenntnisse über das Leben an Bord gewinnen. Im Wrack fand das Team Geschirr, wie Kochtöpfe und Teller. Dazu eine Wein- und eine Schnapsflasche sowie einen Tabakbeutel. Außerdem hochwertige bemalte Schüsseln. "Davon wird wohl der Kapitän gespeist haben", vermutet Rösch. Spannend seien auch Knochenfunde von Rind und Schwein. "Die Tiere standen auf dem Speiseplan. Daraus können wir lernen, was die Menschen damals an Bord gegessen haben."
3D-Scans für weitere Untersuchungen
Die Funde werden zunächst in eine Lagerhalle im Lübecker Stadtteil Schlutup gebracht und dort leicht angetrocknet. "Dann erstellen wir einen 3D-Scan von jedem einzelnen Stück", erklärt Rösch. Anhand der Scans sollen die Funde dokumentiert und später weiter untersucht werden. Danach werden die Holzteile in große Wasserbecken gelegt und feucht gelagert. "Sonst würden die Funde schnell austrocknen, es bilden sich Risse und die Stücke vergammeln."
Möglicherweise werden Funde wieder versenkt
Was mit dem Wrack später einmal passieren wird, ist bisher noch unklar. "Schön wäre es, wenn das Wrack konserviert werden könnte. Dann wäre es möglich, es später auszustellen, zum Beispiel in einem Museum", erklärt Lübecks Kultursenatorin Monika Frank. Das würde aber viel Geld kosten. Denkbar sei deshalb auch, die Funde gut zu verpacken und dann wieder zu versenken. So könnte das Schiff unter Wasser für die Nachwelt erhalten bleiben.
"Lübeck schreibt als Königin der Hanse gerade ein Stück Archäologie-Geschichte." Monika Frank, Kultursenatorin Lübeck
Die Bergung des Wracks werde noch etwa zwei Monate dauern. Für die Arbeiten kommt unter anderem ein Spezialschiff mit Hydraulikkran zum Einsatz, der von einem Arbeitsschiff aus gesteuert wird. Auch Taucher helfen. Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau (SPD) spricht von einem Sensationsfund.
400 Jahre altes Schiff war ein Zufallsfund
Das Wrack ist etwa 20 Meter lang, acht Meter breit und liegt in rund elf Metern Tiefe. Es ist ein typisches Frachtschiff aus dem 17. Jahrhundert. Beladen war es mit 170 Fässern voller Kalk. Experten gehen davon aus, dass der Frachtsegler auf dem Weg nach Lübeck auf Grund lief, Leck schlug und sank. Das Wrack wurde zufällig bei Routinemessungen durch das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt im Juli vergangenen Jahres in der Lübecker Trave entdeckt, auf Höhe Stülper Huk.