Lärmschutzprüfung ermöglicht Tempo 30 in Felde
Erst erschien es aussichtslos, nun die Kehrtwende: Auf der zwei Kilometer langen Dorfstraße in Felde muss in Zukunft langsamer gefahren werden.
von Julia Jänisch
Tempo 30 in Städten und Gemeinden: Vielerorts wird das Thema diskutiert - in Felde wird nun gehandelt. Nach monatelangem Bemühen von Bürgerinitiative, Schülern, Gemeinde und Kreis wird die zwei Kilometer lange Dorfstraße nun zur Tempo-30-Strecke. Die Entwicklung ist ein Novum und kam überraschend: Denn ursprünglich lehnte der Kreis Rendsburg-Eckernförde eine Geschwindigkeitsreduktion ab. Eine Lärmschutzprüfung änderte die Situation. Nun kann die Lösung aus Felde vielleicht auch anderen Gemeinden als Vorbild dienen.
Die Situation in Felde
Besonders für Kinder ist die Situation an der Dorfstraße in Felde belastend: Jedes Kind auf dem Weg zum Kindergarten oder zur Schule muss die Hauptstraße durch den Ort nehmen. Alternative Wege zur Dorfstraße gibt es nicht. Die Straße ist gleichzeitig Landesstraße (L48) und wird oft von Autos und vom Schwerlastverkehr als Alternativroute zur A210 genutzt. Bisher gilt auf der Dorfstraße Tempo 50. Doch das wird nicht immer eingehalten. Die Kinder haben daher Probleme, die Straße zu überqueren und müssen häufig noch auf Radfahrer achten, die auf dem Fußweg fahren. Aus Angst um ihre Kinder fahren viele Eltern sie lieber mit dem Auto zur Schule und zum Kindergarten.
Bürger in Felde überwiegend für Tempo 30
Seit Jahrzehnten gab es in Felde Versuche, auf der Dorfstraße die Geschwindigkeit zu drosseln. Durch vorherige Bemühungen wurde eine Ampel zur Querung der Dorfstraße gebaut, mehr Überwege gibt es nicht - und Tempo 50 blieb. Im Frühjahr 2022 hatte sich erneut eine Bürgerinitiative im Ort gegründet. Um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen, sammelte die Initiative mehrere Hundert Unterschriften. Und auch viele Schüler der Grundschule im Ort setzten sich für Tempo 30 ein.
Gegenüber NDR Schleswig-Holstein befürworten die meisten Befragten das Tempolimit. Ihnen geht es vor allem darum, die Kinder zu schützen und eine einheitliche Geschwindigkeit im Ort zu haben. Den aktuellen Wechsel von Tempo 50 auf Tempo 30 vor dem Kindergarten empfinden viele als störend. Aber es gibt auch kritische Stimmen: morgens vor der Schule sei laut einer Anwohnerin kein Tempo 30 notwendig. Außerdem würde die Durchfahrt mit Tempo 30 zu lange dauern, ergänzt ein andere Dorfbewohner.
In Felde ist es zu laut
Doch nun ist klar: In Felde kommt Tempo 30, noch in diesem Jahr. "Ganz ehrlich: Damit haben wir nicht gerechnet", freut sich Jörn Klatt von der Verkehrsbehörde des Kreises Rendsburg-Eckernförde. Als Leiter des Fachdienstes Verkehr hat er maßgeblich dazu beigetragen, dass in Felde nun doch Tempo 30 auf der Dorfstraße kommt. Im Herbst 2022 musste er den Antrag von Gemeinde und Bürgerinitiative auf Tempo 30 zunächst ablehnen. Denn es lag "keine Gefährdung über das allgemeine Maß hinaus" vor. Im Klartext: Der Kreis konnte an der Dorfstraße keine schlechte Sicht oder Unfallstellen erkennen. "Wir haben aber nicht gerne gesagt: Da können wir nichts machen", erzählt er weiter, "denn wir sehen uns als Partner unserer kommunalen Familie und wollen vernünftig beraten."
Möglichkeit gefunden, die rechtlich gestützt ist
Also setzte er sich mit seinen Kollegen zusammen. "Auf der Dorfstraße ist viel Verkehr und daher kam auch die Idee: Eventuell könnte Lärm ein Thema sein." Beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr gab der Kreis eine Lärmberechnung in Auftrag. Das Ergebnis: In Felde ist es zu laut. 104 von 127 Messungen am Tag überschritten den Grenzwert, in der Nacht waren es sogar 122 von 127 Messungen. Das deutliche Ergebnis war ziemlich überraschend für Jörn Klatt und seine Kollegen. "Nun haben wir eine Möglichkeit gefunden, die auch rechtlich gestützt ist. Es freut mich sehr, dass die Interessen der Kinder nun über diesen Weg Berücksichtigung finden konnten."
Bürgerinitiative hat seit einem Jahr gekämpft
Auch Melina Kitzel und Sarah Werneburg von der Bürgerinitiative sind erleichtert über die Entscheidung des Kreises. Über ein Jahr hatten beide für das Tempolimit an der Dorfstraße gekämpft. Die beiden Mütter begleiten ihre Kinder täglich an der Dorfstraße entlang zum Kindergarten. Oft mit mulmigem Gefühl, sagt Sarah Werneburg: "Die Kinder wollen den Weg ja auch mit dem Laufrad allein erkunden. Da habe ich schon Beklemmungen, mein Puls ist oft auf 180." Melina Kitzel hatte erst vor vier Wochen erneut einen Brief an den Kreis geschrieben und Tempo 30 gefordert. Dass die Lösung jetzt da ist, kommt auch für sie überraschend: "Ich hoffe, dass sich die Lage nun entspannt und wir Eltern beruhigter sein können. Trotzdem rechne ich damit, dass es weiterhin Lärmspitzen geben wird. Denn nicht jeder wird sich an Tempo 30 halten."
Felde - ein Vorbild für andere Gemeinden?
In Felde hat eine Bürgerinitiative den Anstoß für das Tempolimit gegeben, der Kreis hat im Endeffekt die Lösung geliefert. Eine Bürgerinitiative sei aber gar nicht notwendig, erzählt Jörn Klatt. Neben dem Weg, den der Kreis gewählt hat, gibt es noch eine weitere Möglichkeit, um die Lärmbelastung in Orten festzustellen: "Auch die Gemeinde selbst hat die Möglichkeit, über Lärmaktionspläne lärmintensive Bereiche zu identifizieren."
Bis Tempo 30 in Felde Realität wird, soll es noch drei bis vier Monate dauern. Denn erst dann werden die Schilder da sein. Laut den Berechnungen des Landesbetriebs für Straßenbau und Verkehr werden bei Tempo 30 dann die Lärmgrenzwerte nicht mehr überschritten werden. Außerdem wird es eine Eingewöhnungsphase für die Autofahrer geben, um sich auf die neue Geschwindigkeit einzustellen. Neben Felde ist Fockbek eine weitere Gemeinde, bei der auch die Geschwindigkeit im Ort aufgrund des Lärm reduziert werden konnte. Und vielleicht passiert das ja künftig noch in einigen weiteren Gemeinden in Schleswig-Holstein.