Kolumne: Von pervers bis bizarr - Skurrile Weihnachten in SH
Alle reden vom "Zauber dieser stillen Zeit", von Kerzenschein und Tannenzweig. Unsere Kolumnistin hinterfragt den naiv-heiligen Ruf von Weihnachten und schaut sich Skurriles rund ums große Fest mal genauer an.
"O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit..." Hach, wie lieblich erklingt es bald wieder in unseren guten Stuben. Selig lächelnd werden wir den Baum in unserer Mitte betrachten, unsere Herzen voll Wunder und Glück. Das ist zumindest das Narrativ, der Blueprint, die Utopie fürs Weihnachtsfest. Die Realität sieht dagegen eigentlich immer anders aus. Die riecht auch meistens nicht nach Bienenwachs und Festtagsbraten, sondern nach der Fahne von Onkel Dieter und verbrannten Haaren vom Adventskranz. Dazu passend habe ich mal was gesammelt - zu meiner und Ihrer Erheiterung. Frei nach dem Motto: "Normal ist die Einstellung für eine Waschmaschine, kein Geisteszustand".
Weihnachten ist keine Jahreszeit. Es ist ein Gefühl.
Erst einmal sollte ich vielleicht das "pervers" des Titels dieses Textes aufgreifen (deshalb haben Sie doch auch bis hierher gelesen) und mein Erstaunen über einen neuen Trend teilen. Eine Kollegin brachte mich darauf, als sie erzählte, dass die Verkäuferin eines kleinen Schnickschnack-Ladens ihr vom neuesten Deko-Hit berichtet hatte: Weihnachtsschmuck in Penis-Form. Angefixt fing ich an zu recherchieren und stieß auf Zustände wie in Bhutan (in Bhutan gilt der Phallus als heiliges Symbol und ist allgegenwärtig) - im Netz und auf dem Weihnachtsmarkt. Von Pimmel-Lebkuchen über Pimmel-Kerzen, bis hin zu "Räucherwilly" - einem Räuchermann in, Sie wissen schon, Form.
Was ist ein Keks unterm Baum?
Aber was erzählt uns dieser Geschenktrend der Pimmel-Gimmicks, über den viele - und auf jeden Fall Onkel Dieter - beim Auspacken sicher brüllend lachen werden? Ist da wieder Sigmund Freud im Spiel oder alles nur ein Symptom ausufernden Kapitalismus? Oder nichts davon und man sollte solche "Scherzartikel" genauso wenig analysieren wie die obligatorischen, dahingekritzelten Penisse auf öffentlichen Toiletten, im Schnee, im Sand, im Himmel? Ich tendiere zu Letzterem. Es geht in jedem Fall einfach ums spitzbübische Grinsen. Ebenjenes wird übrigens auch so ausgelöst: "Was ist ein Keks unterm Baum? Ein schattiges Plätzchen". Har Har.
Alles für ein kleines Schmunzeln
Abgesehen von solchen Steilvorlagen sollten wir uns eher fragen: Warum feiern wir eigentlich Weihnachten? Es kommt doch jeden Tag vor, dass ein Mann geboren wird, der sich später für Gott hält. Ha! Wieder ein Grinsen entlockt, wieder einen Spruch aus dem Internet platziert.
Nein, ernsthaft jetzt, ich glaube es tut uns einfach allen gut eine Zeit zu haben, in der wir uns ganz legitim entspannen können. Mal alle Fünfe gerade sein zu lassen, getreu der Beobachtung: "Der Übergang von Besinnlich und Besoffen war fließend". Dazu passend: Die, neuerdings animierten, Weihnachtsmannbeine, die Menschen aus ihren Fenstern hängen lassen. Das kleine Schmunzeln beim Vorbeifahren: Öl auf die von "Bad News" geschundene Seele. Um mehr geht's vielleicht auch nicht.