Kolumne: "Neuland" war gestern
Es gibt kaum etwas belastenderes als das "kein Signal" Zeichen auf dem Handy, gleichzeitig will man manchmal einfach digital entgiften. Die Orte allerdings, in denen man wirklich unvernetzt ist, werden weniger. Unsere Kolumnistin fragt sich: Ist das wirklich so gut?
Ja, man glaubt es kaum, aber es gibt sie noch. Laut Statistischem Bundesamt leben fast vier Millionen Menschen bundesweit offline. Sie sind offenbar die wahren Exoten unter uns, zumindest begaffen wir sie wie vom Aussterben bedrohte Tiere im Zoo. Reportagen über sie laufen unter Schlagzeilen wie: "Lebenslänglich offline: Diese Frau lebt ohne Internet", oder "Leben ohne Internet: Die Frau, die noch nie online war". Es gibt Filme dazu, die heißen "Offline und glücklich?". Die Vorstellung, sich freiwillig dem Netz zu entziehen: Für mich und Sie, die Sie hier gerade diesen Text im Internet lesen: unvorstellbar. Oder?
Die letzten "weiße Flecken" auf der Landkarte
Dabei gibt es gerade hier bei uns im Norden noch Orte, in denen man gar nicht ins Internet kommt, ob man will oder nicht. In diesen so genannten "weißen Flecken" gibt es kein mobiles Breitband - allerhöchstens ein Klebeband, mit dem man sich eine selbst gebaute WLAN-Antenne an den Kopf kleben kann, um Netz zu haben. Aber die Flecken sind bald eine Sache der Vergangenheit - genauso wie das Neuland, von dem Ex-Kanzlerin Angela Merkel sprach. Das nämlich hat zugemacht. Bis auf die Exoten sind alle mehr oder weniger freiwillig im Internetland angekommen. Auch das letzte norddeutsche Dorf, was noch nicht vom WWW besetzt ist, wird sich bald beugen. Eine Lokalzeitung titelte jüngst: "Breitband für Segebergs letzte Dörfer: Jetzt geht es los".
Panik im Funkloch
Das Verrückte ist: Laut Schätzungen der Internationalen Fernmeldeunion der Vereinten Nationen (ITU) waren 2022 immer noch 34 Prozent der Weltbevölkerung offline. "Wie schaffen die das?", ist man geneigt zu fragen. Doch wer noch nicht mit dem Netz infiziert ist, der hat auch keine Nomophobie (Die Angst ohne Handy zu sein). Betroffene davon verspüren nämlich im Funkloch Panik oder entwickeln Angstsymptome, wenn sie ihr Handy vergessen haben und nicht kommunizieren oder navigieren können... Kommt Ihnen seltsam bekannt vor? Warum dann nicht eine kleine Kur in einen rund 50 Orte ohne Handyempfangbei uns im Land machen? Kühe schauen anstatt Netflix, aufs ruhige Örtchen ohne Handy in der Hand. Mal wieder in Papier blättern und vielleicht auch einfach mal wieder...durchatmen.