Kolumne: Einer für alle, alle für den Strand
Nur Erholungsort? Von wegen. Strände sind Schauplätze von Freizeit und Romantik. Hier sind wir alle gleich, hier wollen wir alle hin. Kein Ort auf der Welt weckt mehr Sehnsucht als der sandige Streifen am Meer. Unsere Kolumnistin fragt sich: Warum ist das so?
Ein kühler, zärtlicher Wind weht wieder aus Südwest. Er lässt das hohe Dünengras erzittern, treibt die Möwen über den Himmel und bringt denen, die unter der Glut der Sonne liegen und dösen, die ersehnte Abkühlung. Mir auch, ich bin am Strand, ausgebreitet im Sand, höre das Rauschen der Wellen und bin im Himmel. Fühlen Sie es auch? Erholung am Strand - das war nicht immer so. Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurden laut Historikern in Europa Strände als vollständig überflüssige Flächen betrachtet. Die Meernähe war bedrohend: Monster, Sturmfluten, Seeräuber. Strandurlaub: Ein relativ modernes Phänomen.
Alle an den Strand
Ab der Industrialisierung begannen die ersten zur Erholung an die Strände zu fahren. Sie entflohen der Enge ihrer Fabriken und sozialen Klassen. Heute entfliehen wir der Schnelllebigkeit, dem Stress unseres Alltags, brauchen den Rhythmus der Wellen als Gegenpol. Und das gilt für alle gleichermaßen. Denn unser Strand ist auch ein Ort der sozialen Freiheit. Hier braucht keiner ein VIP-Ticket für den besten Platz am Meer. Die Statussymbole bleiben spätestens am Parkplatz zurück und selbst der Porschefahrer hat später Sand in der Unterhose.
Man schützt nur, was man liebt
Der Strand-Kult reicht von Baywatch bis Bondgirl und ein gewöhnlicher Sonnenuntergang wird nur am Strand gefeiert wie ein Fest - an manchen Orten klatschen Menschen, wenn die Sonne im Meer versinkt. Etwas absurd, vielleicht aber auch nötig. Denn unser Strand braucht mehr Wertschätzung, braucht eine größere Lobby! Wir wissen, dass 75 bis 90 Prozent der Naturstrände weltweit gefährdet sind - auch bei uns setzen der steigende Meeresspiegel, aggressive Stürme, Erosionen und der Sandabbau der Bauindustrie den Küsten zu. Ein dankbares Hoch also auf jedes: "Vamos a la playa!". Denn von komplett nutzloser Leerfläche ist er schon lang entfernt, unser Strand.