Klimaneutrale Industrie in SH: Land sichert Hilfen zu
Bis 2040 soll Schleswig-Holsteins Industrie klimaneutral sein. Damit das gelingt, hat die Landesregierung am Mittwoch eine Absichtserklärung mit den größten Verursachern von Treibhausgasen im Land geschlossen.
Sie stellen Zellulose, Zement oder Gase her und verursachen dadurch eine große Menge an Treibhausgasen. Unternehmen wie Holcim, Linde oder die Raffinerie Heide produzieren Stoffe, die für viele Produkte unseres Alltags und andere Industriezweige unverzichtbar sind. Allerdings gehören sie damit auch zu den größten Emittenten von CO2 im Land.
Energieintensive Produktion
Das wird am Beispiel der Zement-Herstellung besonders deutlich. So werden zur Herstellung des Zementklinkers enorme Temperaturen benötigt und große Mengen klimaschädliches CO2 freigesetzt. Beim Zementklinker handelt es sich um den Bestandteil, durch den das Zement in Verbindung mit Wasser hart wird. Rund acht Prozent der globalen Emissionen entstehen laut Verband der deutschen Zementindustrie bei der Herstellung.
Klimaneutralität bis 2040
Industrien aus den Bereichen Chemie, Zement und Raffinerie sollen mit ins Boot geholt werden, damit das Land es schafft, dass die Industrie bis 2040 klimaneutral wird. Am Mittwoch haben sich Vertreter der größten Industrieunternehmen in Schleswig-Holstein mit Vertretern der Landesregierung in Kiel an einen Tisch gesetzt und sich schriftlich Unterstützung zugesichert.
In Form einer sogenannten Realisierungsvereinbarung - also einer Absichtserklärung - halten sie fest, wie sie die Ziele erreichen wollen, die mit dem Klimaschutzprogramm bis 2030 festgelegt wurden. Konkret geht es bei dem Programm darum, wie bis 2030 Treibhausgasemissionen um etwa 43 Prozent gegenüber den Jahren 2017 bis 2019 gesenkt werden können. Umweltverbände und Opposition kritisieren das Programm, da die Maßnahmen - zum Beispiel beim Klimaschutz - nicht weit genug gehen würden.
Zusicherungen von Land und Unternehmen
Mit der Absichtserklärung versichern die Unternehmen, dass sie weiter ihre Treibhausgase reduzieren. So sollen bis zum Jahr 2030 rund eineinhalb Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Im Gegenzug versichert das Land, die notwendigen Rahmenbedingungen im Land zu verbessern. Dazu will es die Energieinfrastruktur ausbauen, die personelle Ausstattung der Genehmigungsbehörden verbessern und die Versorgung mit grünem Wasserstoff sicherstellen.
Einsparungen und Wettbewerbsfähigkeit zugleich
"Mit der Realisierungsvereinbarung zeigen wir auf, wie Treibhausgase eingespart und gleichzeitig die nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen gestärkt wird", sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in einer schriftlichen Mitteilung. Weil er persönlich nicht an dem Termin teilnehmen konnte, hatte er die Vereinbarung vorab unterzeichnet.
Energiewendeminister Tobias Goldschmidt (Grüne) sprach von einem Industrie-Bündnis für Klimaneutralität. Dafür werde das Land die Rahmenbedingungen verbessern. Als Beispiel nannte er den Aufbau einer regionalen Wertschöpfungskette für grünen Wasserstoff.
"Gleichzeitig werden wir uns im Bund und bei der EU dafür stark machen, dass unsere Unternehmen einen Marktrahmen erhalten, der ihnen Rückenwind auf dem Weg zur Klimaneutralität gibt." Tobias Goldschmidt (Grüne)
Im Mittelpunkt stünde zudem, dass die Genehmigungsverfahren so aufgestellt würden, dass neue Anlagen schnell entstehen könnten und so die Unternehmen Planungssicherheit erhielten. "Wir statten die Behörden so aus, dass das Tempo zur Klimaneutralität erreicht werden kann", so Goldschmidt.
Holcims Weg zur Klimaneutralität
Viele Unternehmen haben sich bereits auf den Weg gemacht und ihre Produktion zum Teil klimaneutral umgebaut. So hat zum Beispiel das Schweizer Unternehmen Holcim begonnen, in Lägerdorf (Kreis Steinburg) ein neues, klimaneutrales Zementwerk zu bauen. Es soll weltweit eines der ersten seiner Art sein. Statt der natürlichen Umgebungsluft soll für das Brennen des Zementklinkers reiner Sauerstoff verwendet werden.
Dadurch kann nach Unternehmens-Angaben sehr sauberes CO2 ausgestoßen werden. Das soll mithilfe einer CO2-Aufbereitungsanlage, über die das neue Werk verfügen soll, aus der Abluft entfernt und zur industriellen Nutzung wieder aufbereitet werden. Rund 1,2 Millionen Tonnen CO2 sollen allein durch den Umbau des Werkes in Lägerdorf jährlich eingespart werden. 2029 soll die neue Anlage in Betrieb gehen.
Weitere Unternehmen, die neben dem Baustoff-Konzern Holcim an dem Abkommen beteiligt sind: der Düngemittelproduzent Yara in Büttel (Kreis Steinburg), der Materialhersteller Covestro in Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen), das Industriegasunternehmen Linde in Brunsbüttel, der Chemie-Konzern Sasol (Brunsbüttel), und die Raffinerie Heide (Kreis Dithmarschen).