Kindesentführung - die Rolle des Konsulats
Er war Katharina Dücks große Liebe. Jetzt lässt sie die Polizei nach ihm fahnden, denn er hat den gemeinsamen Sohn entführt, in Dubai. Es ist der vorläufige Höhepunkt einer tragischen Geschichte, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Norddeutschland spielt.
Familie Dück aus Bad Bevensen ist auf dem Weg zur Polizei. Sie wollen eine Vermisstenanzeige aufgeben. Ihr Enkel Rayan wurde vom eigenen Vater in Dubai entführt. "Unsere Tochter Katharina ist nach der Hochzeit mit ihrem Mann dorthin gezogen. Er hat sie dort eingesperrt, ihr die Pässe abgenommen und sie misshandelt. Deswegen ist sie vor ein paar Monaten mit dem gemeinsamen Sohn aus der Wohnung ausgezogen und hat die Scheidung eingereicht", erklärt die Großmutter, Elena Dück. Daraufhin hat der Vater das Kind entführt.
Selbst Interpol ist eingeschaltet
Die Polizei Uelzen gibt eine Fahndung nach dem 16 Monate alten Rayan raus, Interpol wird eingeschaltet. Sobald das Kind in die EU einreist, wird es noch am Flughafen abgefangen und den Großeltern übergeben. "Wir arbeiten vor allem intensiv mit den Behörden vor Ort in den Emiraten zusammen", sagt Kai Richter von der Polizeidirektion Lüneburg. Dort soll der Vater untergetaucht sein.
Mit Entführung gedroht
Wir konnte es dazu kommen? Die gelernte Hotelfachfrau Katharina Dück ist von Bad Bevensen nach Dubai gezogen, als ihr eine Stelle als Barmanagerin in einer großen Hotelkette angeboten wird. Dort lernt sie den erfolgreichen Anwalt Mohamed R. kennen. Er wirbt um sie und gewinnt ihr Herz. Kurz darauf heiratet das Paar im Kreise von Katharinas Familie in Norddeutschland. In Uelzen bringt sie ihren Sohn Rayan zur Welt. Das junge Glück scheint perfekt, als die Familie wieder nach Dubai zurückkehrt.
Doch kurz nach der Ankunft wandelt sich Mohamed. Er schließt Katharina und den gemeinsamen Sohn in der Wohnung ein, nimmt ihr die Pässe ab. Wenn sie seinen Anweisungen nicht folgt, schlägt er sie. "Immer wieder drohte er mir, das Kind zu seiner Familie nach Ägypten zu entführen", sagt die junge Mutter. Sie bittet das deutsche Generalkonsulat um Hilfe, doch die verweisen lediglich auf ihre geringen Einflussmöglichkeiten.
Ausreisesperre erwirkt
Panorama 3 hat bereits im Juli berichtet, wie sie und ihr Sohn erst mit Hilfe von ehrenamtlichen Helfern der Initiative "Hilfe für Deutsche im Ausland e. V." aus der gemeinsamen Wohnung flieht und in Dubai untertaucht. Ihr Ehemann hat eine Ausreisesperre gegen den Sohn erwirkt, deswegen muss sie in den Vereinigten Arabischen Emiraten den Scheidungsprozess führen. Ihr Ziel ist es, das Sorgerecht für den Sohn Rayan zu bekommen.
Keine Hilfe vom Konsulat
Erneut bittet sie das deutsche Generalkonsulat um Hilfe. Dort teilt man ihr mit, die "fortgesetzte eigenmächtige Unterbindung des Umgangs zwischen Vater und Sohn" sei "rechtswidrig". Der Rat des Konsuls: Sie solle Treffen von Vater und Sohn arrangieren. Das Auswärtige Amt äußert sich nicht en détail zum Rat des Konsulats - nur so viel: Katharina Dück sei "auf die örtliche Rechtslage hingewiesen" worden. Dass das Gericht keine Treffen mit dem Vater gefordert hatte, sei dem "Generalkonsulat ... nicht bekannt" gewesen. Katharina hegt große Zweifel, befolgt dennoch den Ratschlag des Konsulats. Sie möchte alles richtig machen.
Seit drei Wochen keine Spur von Rayan
Und so passiert das, wovor die junge Mutter sich am meisten fürchtet. Während eines Treffens kommt es zum Streit. "Mohamed schrie wie von Sinnen. Auf einmal packt er das Kind und rennt mit ihm raus. Weg war er", beschreibt Katharina Dück die Entführung. Drei Tage später kommt das erste und bis heute letzte Lebenszeichen ihres Sohnes - ein Foto. Kurz darf sie mit ihm am Telefon sprechen. Es sind nur Sekunden, dann unterbricht Mohamed das Gespräch. Seitdem hat er sein Handy ausgeschaltet, ist untergetaucht. Seit drei Wochen gibt es keine Spur.
Die emiratische Polizei fahndet nach ihm. Beim letzten Termin ordnete das Gericht an: Bis 1. Oktober müsse Mohamed R. das Kind an Katharina Dück zurückgeben. Währenddessen versucht sie weiter, auf eigene Faust ihren Sohn zu finden. Denn eines steht für sie fest: "Ein Leben ohne Rayan kann ich mir nicht vorstellen!"