Kassenärztliche Vereinigung kündigt 400 Bereitschaftsärzten
Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein hat zum 31. Dezember insgesamt 400 sogenannten Poolärzten gekündigt. Das teilte die KVSH am Mittwoch mit. Hintergrund sei ein Urteil des Bundessozialgerichts.
In dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel (Hessen) wurde ein Honorararzt aus Baden-Württemberg als sozialversicherungspflichtig eingestuft. In diesem Fall muss die dortige Kassenärztliche Vereinigung dann den Arbeitgeberanteil an die Rentenversicherung abführen. Das sei für Schleswig-Holstein nicht zu finanzieren, sagte ein Sprecher NDR Schleswig-Holstein. Es bestehe das Risiko, dass weitere Urteile auch in Schleswig-Holstein folgten. Daher die vorsorgliche Kündigung zum Jahresende.
Poolärzte sind Vertragsärztinnen und -ärzte, die gegen Honorar Bereitschaftsdienste übernehmen - etwa am Wochenende, abends oder an Feiertagen, wenn der Hausarzt nicht erreichbar ist. In Schleswig-Holstein gibt es flächendeckend 44 Praxen, in denen die Honorarkräfte tätig sind. Nach Informationen der KVSH übernehmen sie bis zu 30 Prozent der Bereitschaftsdienste in Schleswig-Holstein.
Poolarzt befürchtet mehr Arbeit für Not- und Rettungsdienste
Wenn die Honorarkräfte wegfallen, käme unter anderem auf die Notärztinnen und -ärzte mehr Arbeit zu, sagte einer der Poolärzte aus Boostedt im Kreis Segeberg im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein. Denn sie könnten durch ihren Einsatz gegebenenfalls verhindern, dass die Patientinnen und Patienten überhaupt erst einen Notarzt brauchen. Fallen die Honorarkräfte weg, müssten wieder die oft ohnehin schon überlasteten Hausärztinnen und -ärzte ran, um eine 24/7-Versorgung sicherzustellen.
KVSH fordert Änderung des Gesetzes
Die Kassenärztliche Vereinigung fordert daher von der Politik, Honorarkräfte generell aus der zusätzlichen Sozialversicherungspflicht zu nehmen, analog zu Notdienstärzten im Rettungsdienst. Das wäre Sache des Bundes. Käme diese Änderung nicht, befürchtet die KVSH, dass aufgrund der hohen Dienstbelastung die Niederlassungen weiter an Attraktivität einbüßen und noch mehr Praxen keine Nachfolge finden.
Gesundheitsministerin betont Wichtigkeit der Poolärzte
Auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein sagte Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU), die Kassenärztliche Vereinigung mahne zu Recht eine rasche politische Klärung der Folgen des Urteils an. Sie habe sich bereits auf Bundesebene gemeinsam mit anderen Ländern mehrfach für eine schnelle und pragmatische Lösung eingesetzt. "Die bisherigen Poolärztinnen und -ärzte leisten einen sehr wichtigen Beitrag zur Sicherstellung der Versorgung. Diese Leistung ist für die Kassenärztliche Vereinigung nicht einfach zu ersetzen", so Ministerin von der Decken.