Stand: 07.08.2019 18:42 Uhr

Ist das noch Wetter oder schon Klimawandel?

von Cassandra Arden

Temperaturen über 40 Grad, Platzregen so heftig, dass Autos fast vollständig unter Wasser stehen. Ist der Klimawandel in Europa angekommen? Oder sind das einfach Wetterextreme, die es ohne Treibhausgase auch geben würde? Die Klimatologin Friederike Otto beschäftigt sich mit genau dieser Frage. Sie ist in Kiel aufgewachsen und inzwischen geschäftsführende Direktorin des Environmental Change Institute an der Oxford Universität in England. Sie hat gemeinsam mit Kollegen angefangen, Wetterextreme danach zu untersuchen, wie wahrscheinlich sie wären, hätte die Menschheit nie Treibhausgase in die Atmosphäre gegeben.

Wie wahrscheinlich ist unser Wetter?

Friederike Otto ist Ende 30 und hat Physik und Philosophie studiert. Zu unterscheiden, was Wetter und was Klimawandel ist, sei wahnsinnig komplex, aber es sind Informationen, die wir unbedingt bräuchten, findet sie. "Nicht jede Dürre, nicht jeder Platzregen ist eine Folge des Klimawandels."

Die Hitzewellen in Europa, die die Forscherin untersucht hat, sind es. Die Forscher um Friederike Otto untersuchen ein Wetterereignis zunächst danach, wie wahrscheinlich solch ein Wetter in unserer Welt ist, erklärt Otto. "Dazu benutzen wir Beobachtungsdaten, statistische Modelle sowie Klimamodelle. Und dann simulieren wir, was ist das mögliche Wetter in der Welt, in der wir heute leben."

"Mit Hitzewellen müssen wir alle zehn Jahre rechnen"

Friederike Otto steht am Wasser. Vor ihr ist ein Filmteam, von dem sie interviewt wird. © NDR Foto: Cassandra Arden
Friederike Otto gibt viele Interviews und hat viel zu erklären. Denn sie und ihr Team arbeiten anders als die bisherige Klimaforschung.

Bei der Hitzewelle von Ende Juli dieses Jahres kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass das ein Ereignis ist, mit dem wir alle zehn Jahre rechnen müssen. "Damit wir dann zuordnen können, welche Rolle der Klimawandel spielt, müssen wir auch wissen, was ist mögliches Wetter in einer Welt ohne Klimawandel." Dazu benutzen die Klimaexperten die gleichen Modelle, nur dass sie die Treibhausgase, die aufgrund der Menschheit in der Atmosphäre sind, im Modell entfernen. "Diese Treibhausgase kennen wir sehr genau, das kann man genau messen. Es gibt Archive und genaue Daten darüber, welche fossilen Brennstoffe seit Beginn der Industriellen Revolution in die Atmosphäre gelangt sind", erklärt die Forscherin. "Und dann haben wir in diesem Modell die Welt, wie sie ohne den von Menschen gemachten Klimawandel gewesen wäre."

Am Computer wird eine Welt ohne Treibhausgase simuliert

Das Ergebnis zur letzten Hitzewelle im Juli ist deutlich: In einer Welt ohne Treibhausgase wäre solch eine Hitzewelle alle 100 Jahre vorgekommen. In unserer Welt müssen wir damit rechnen, dass sie alle zehn Jahre passiert. Es werden Wahrscheinlichkeiten berechnet, sagt Otto und dann wird geguckt, wie die sich durch den Klimawandel verschoben haben. "Es gibt durchaus Wetterextreme, die es so auch ohne Klimawandel geben würde",  sagt die gebürtige Kielerin. Auf die aktuellen Hitzewellen in Europa trifft das nicht zu.   

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 07.08.2019 | 17:00 Uhr

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