Hölk-Hochhäuser: Eigentümer wirft Quartiersmanagement raus
Seit Jahren sind die schlechten Zustände der Hölk-Hochhäuser in Bad Oldesloe Thema. Als Quartiersmanagerin kämpft Maria Herrmann seit Jahren für die Mieterinnen und Mieter - und soll nun ausziehen.
Sie sitzt wie jeden Tag mit einigen Mieterinnen und Mietern am Tisch. Ihr Büro, etwas kahler als sonst. Eine große Stadtkarte von Bad Oldesloe (Kreis Stormarn) hat Quartiersmanagerin Maria Herrmann schon abgehängt. Darauf markiert: ihr Quartier. Das bedeutet: die Hölk-Hochhäuser und die Straßen drumherum. "Maria ist ein Goldstück", sagt Mieterin Emma Fisenko, "eine wie sie gibt es unter tausend nur einmal." Die anderen drei stimmen ihr zu. Zwei haben Tränen in den Augen.
Hölk-Häuser gelten als "Schimmel-Häuser"
Seit Jahren sind die Hölk-Häuser in Schleswig-Holstein der Inbegriff für die schlechten Seiten der Immobilienbranche. "Schimmel-Häuser" werden sie genannt, weil die Zustände in vielen Wohnungen seit Jahren prekär sind. Gebaut in den 70er-Jahren, verfallen die Hölk-Häuser seit vielen Jahren und die beinahe jährlich wechselnden Investoren haben in den vergangenen Jahren wenig Interesse daran gezeigt, die Zustände hier nachhaltig zu verbessern. Dabei leben in den mehr als 200 Wohnungen hier rund 450 Menschen.
Quartiersmanagerin streitet für die Interessen der Mieter
Maria Herrmann kämpft als Quartiersmanagerin für das Inklusionsprojekt Plan B seit Jahren gegen diese Zustände. Ihre Basis bisher: Ihr Büro in genau diesen Hochhäusern, das konnte das Projekt bisher mietfrei nutzen. Die Arbeit wird aus Mitteln der Nordmetall-Stiftung bezahlt und der ARD-Fernsehlotterie - Träger ist die Evangelische Stiftung Alsterdorf. Als Herrmann hier 2017 anfing, habe es Menschen gegeben, die aus Verzweiflung vom Dach im zwölften Stock gesprungen seien, sagt Herrmann. Alles sei vermüllt gewesen. Als streitbar wird sie von vielen Menschen beschrieben. Weil sie aber eben auch keinem Streit aus dem Weg geht. Vor allem, wenn es um die Interessen der Vergessenen geht - den Mieterinnen und Mietern der Hölk-Häuser. Viele von ihnen haben einen Migrationshintergrund, sprechen schlecht deutsch. Andere haben ebenfalls bewegte Biografien, bis es sie hierher verschlagen hat. Für viele sind diese Häuser die letzte Station vor dem Obdachlosenheim. Wer hier wohnt, hat fast nichts mehr zu verlieren.
50 Mieter haben auffälligen Nebenkostenabrechnung widersprochen
Genau deshalb sind die Bewohner der Hölk-Häuser für die wechselnden Milliardenkonzerne leichte Opfer. Komplizierte Schreiben, mehrseitige Nebenkostenabrechnungen, behördlicher Paragraphendschungel - mit alldem sind viele hier schlicht überfordert. Genau dann ist Maria Herrmann da. Hilft, klärt auf, streitet sich mit den Ämtern und Vermietern. Mehr als 50 Mieterinnen und Mieter haben in diesem Jahr den auffällig hohen Nebenkostenabrechnungen widersprochen. Ein Erfolg für die Quartiersmanagerin. "Die hohe Anzahl, damit hätte man nicht rechnen können. Das zeigt, wie anerkannt wir hier mittlerweile sind." Doch zum Jahresende muss sie ihre Räumlichkeiten im Hölk aufgeben. Der aktuelle Inhaber will sie raus haben. "Es ist schade, dass er sich so auf mich einschießt. Warum genau das so ist, weiß ich nicht."
Neuer Mietvertrag nur mit neuer Quartiersmanagerin
Daniel Lietmeyer, Chef der Lietmeyer Gruppe, hat die Hölk-Häuser zum Jahreswechsel 22/23 übernommen. Seitdem ist an den Gebäuden sichtbar etwas passiert. Die Fassade ist neu, andere Sanierungen geht Lietmeyer ebenfalls an. Im Frühjahr hatte er dem Quartiersmanagement den Mietvertrag gekündigt, verbunden mit der Zusage, einen neuen abzuschließen. Doch ein Angebot hatte er zuletzt an Bedingungen geknüpft. Unter anderem die, dass die Quartiersmanagerin ausgetauscht wird. Auf Anfrage schreibt er: "Uns lag es am Herzen, mit Frau Herrmann einen würdigen Abschluss zu finden." Ohne sie würde er das Projekt Plan B finanziell erheblich unterstützen. Mit ihr müsse Plan B die Räumlichkeiten verlassen. Sogar ein Betretungsverbot steht im Raum.
Suche nach Räumen: Vielleicht direkt gegenüber der Hochhäuser?
Dabei ist Maria Herrmann für viele Mieterinnen und Mieter mittlerweile ein bekanntes Gesicht. Jemand, an die sie sich wenden können, wenn sie Hilfe brauchen. Ob die Nebenkostenabrechnung zu hoch ist, ein Wasserschaden nicht repariert wird oder es andere Probleme gab. Auch ein mobiles Impfteam hat sie während der Corona-Pandemie organisiert, ebenso Trommelkurse und andere Aktivitäten für die Kinder aus den Häusern und der Nachbarschaft. Nicht zuletzt soll Schleswig-Holstein ein Wohnraumschutzgesetz bekommen. Das liege fast ausschließlich an den Zuständen der Hölk-Häuser, heißt es aus dem Umfeld der Landesregierung. Und diese Missstände spricht seit Jahren öffentlichkeitswirksam immer wieder Maria Herrmann an. "Wir werden das auch weiter machen. Wir werden weiter den Finger in die Wunde legen." Ob der Inhaber ein Betretungsverbot durchsetzen könne, bezweifle sie, sagt Maria Herrmann. Als nächstes will sie Gespräche mit dem Begegnungshaus Bad Oldesloe aufnehmen, um mit Plan B dort einzuziehen - direkt gegenüber, auf der anderen Straßenseite.