Hilflos gegen Einbrüche
Für sie ist nichts mehr so, wie es einmal war: Das Haus, in dem sich Ulrike B. früher sicher fühlte, wurde zerstört. Einbrecher brachen ihre Schränke auf, wühlten in ihren Sachen, zerstörten Erinnerungsstücke. Als Ulrike B. uns von ihrer Geschichte erzählt, beginnt sie zu zittern: "Wenn ich nach Hause komme, habe ich immer Angst, dass wieder etwas passiert ist."
Der materielle Schaden ist zwar klein, aber der psychische Schaden umso größer: "Ich kann nicht mehr schlafen, das beeinträchtigt meinen Tagesablauf." Ulrike B. war nur kurz einkaufen, als die Einbrecher zuschlugen. Sie sah noch zwei fremde Männer auf ihrer Einfahrt, die weggingen. Einer schaute ihr direkt in die Augen: "Ich habe noch heute Angst, dass der mich kaltmachen will", sagt Ulrike B.
Besonders betroffen: der Landkreis Stormarn
Ulrike B. lebt in Großhansdorf im Landkreis Stormarn. Hier im Landkreis wird im Schnitt mehr als drei Mal pro Tag eingebrochen. Es gibt keine Gegend in Schleswig-Holstein, in der Einbrecher häufiger zuschlagen als hier. Hier im Hamburger Speckgürtel hoffen sie auf fette Beute, wissen sie um die guten Fluchtmöglichkeiten über die Autobahn oder mit der U-Bahn.
Günstige Gelegenheiten zum Einbrechen hat Siegfried Massat jahrelang genutzt. Er sei "Berufseinbrecher" gewesen, sagt er heute. Ob es in einem Haus etwas zu holen gibt, sieht er sofort: Je nachdem, welche Automarke vor der Tür parkt. Viele Schlösser oder Alarmanlagen zu überlisten, ist ein Kinderspiel für ihn. Er entwickelte immer neue Tricks und lernte von Einbruch zu Einbruch dazu. "Was von Menschenhand geschaffen, kann auch von Menschenhand überwunden werden." Ein schlechtes Gewissen hatte er damals nicht: "Ich habe nicht darüber nachgedacht. Ich habe davon gut gelebt."
Bürger gehen Streife
Alle drei Minuten wird in Deutschland im Schnitt eingebrochen. In Großhansdorf, dem Wohnort von Ulrike B., versuchen engagierte Bürger gegen die Einbrecher vorzugehen. Fast jeden Tag machen die Mitglieder der Bürgerinitiative für "Mehr Sicherheit in Großhansdorf" ihre Rundgänge. Joachim Kube und Karl-Heinz Schult-Bornemann tragen dabei grüne Warnwesten. Diesmal fällt ihnen ein Kühlwagen mit offener Tür und fremdem Kennzeichen auf. "Das ist verdächtig, ich notiere mir das Kennzeichen", sagt Kube: "Falls hier etwas passieren sollte, gebe ich diesen Hinweis an die Polizei weiter", erklärt der Chef der Initiative. Doch dann kommt ein Anwohner aus dem Haus, vor dem der Transporter parkt. Er gibt Entwarnung, mit dem Fahrzeug sei alles in Ordnung.
Weiter geht die Tour. Die Bürgerinitiative sammelt Auffälligkeiten, will vor allem aber die Mitbürger sensibilisieren. "Wir finden oft bei einem Nachbarn eine Leiter und im Haus daneben ein offenes Fenster im ersten Stock. Das ist eine Einladung für Einbrecher", sagt Kube. Genau auf diese Nachlässigkeiten weisen sie Anwohner hin.
Mehr Präsenz der Polizei
Der Bürgermeister von Großhansdorf, Janhinnerk Voß, unterstützt die Arbeit der Bürgerinitiative. Gleichzeitig wünscht er sich eine stärkere Präsenz der Polizei. "Es vermittelt den Bürgern große Sicherheit, wenn sie ihren Schutzmann, ihren Streifenwagen hier auf den Straßen sehen." Dennoch weiß er um die schwierige finanzielle Situation beim Land Schleswig-Holstein. Er könnte so viel fordern, aber es sei einfach kein Geld vorhanden. Das müsse man akzeptieren.
Ein Problem ist, dass im Landkreis Stormarn nur wenige Tatverdächtige ermittelt werden. Auch die Polizei ist unzufrieden, dass nur 6,2 Prozent der Einbrüche aufgeklärt werden, während es im Bundesdurchschnitt 15,2 Prozent sind. Es sei ein frustrierender Zustand, wenn man merke, man strenge sich an, aber man komme nicht weiter. Das sagt Holger Meincke von der Polizeidirektion Ratzeburg, die auch für Großhansdorf zuständig ist. Resignieren will man hier nicht. Im Gegenteil: "Es spornt uns an". Mehr Polizeistreifen halten die Verantwortlichen allerdings nicht für sinnvoll. "Wir wollen die zivile Präsenz erhöhen", sagt Kripo-Leiter Hans-Jürgen Köhnke. Sie hoffen mit zusätzlichen Stellen aus Landesmitteln die Lage in den Griff zu bekommen.
Die späte Einsicht des Einbrechers
Angst vor der Polizei hatte Einbrecher Massat nie. Seine Auffassung: "Die Polizei ist bei normalen Einbrüchen überfordert. Sie kann mangels Masse gar nicht so arbeiten, wie es angebracht wäre." Auf frischer Tat erwischt wurde er nie, aber ein paar Mal verpfiffen. Insgesamt neun Mal wurde er verurteilt. Warum er aufgehört hat? Eine Begegnung mit einem Opfer war ein Auslöser. "Das ist schlimm, wenn Sie sich bewusst machen, was Sie gemacht haben. Ich habe in der Intimsphäre fremder Menschen herumgewühlt." Heute könnte er nicht mehr einbrechen. Mittlerweile ist er 73 Jahre alt.