Grünen-Parteitag: Über Landwirtschaft, Europa und rechte Gefahren
Maue Umfragewerte, erboste Landwirte, schwindender Rückhalt in der Bevölkerung. Die Grünen hatten schon einmal bessere Zeiten. Trotzdem oder gerade deshalb zeigten sich die Delegierten auf dem Landesparteitag in Neumünster kämpferisch und suchten die Debatte mit ihren Kritikern.
Ein Themen-Schwerpunkt am Sonntag war die Agrarpolitik. Eingeladen war dazu auch der Präsident des Landebauernverbands, Klaus-Peter Lucht. In seiner Rede sparte er nicht mit Kritik: Er sei unzufrieden vor allem mit den grünen Bundesministern für Landwirtschaft und Umwelt, Cem Özdemir und Steffi Lemke. Deren Programme hätten nichts mit praktischer Landwirtschaft zu tun. Mehr Tierwohl, Klimaschutz und Artenvielfalt - das kann nach Überzeugung des Bauernpräsidenten nur mit einer wirtschaftlich erfolgreichen Landwirtschaft funktionieren. Und die brauche mehr Freiheit, weniger Verordnungen und Kontrollen.
Agrarpolitik: Mehr Mit- statt Gegeneinander
So mancher Delegierte in der Neumünsteraner Stadthalle winkte bei den Worten des Bauernpräsidenten ab. Denn die Grünen in Schleswig-Holstein wollen eine ökologische, nachhaltige Landwirtschaft. Auf dem Parteitag machten sie sich deshalb zum Beispiel für eine bessere Tierhaltung auf den Höfen stark, genauso wie für eine Ausweitung von Schutzzonen, in denen nicht gefischt werden darf. Doch mehrere Redner signalisierten auch Entgegenkommen: Man müsse mit den Bauern wieder mehr zusammen, statt gegeneinander arbeiten, so der Tenor. Grünen-Landeschefin Anke Erdmann versicherte: Man wolle einen Weg in die Zukunft finden, dass die Landwirte auf ihr Geld kommen und gleichzeitig die großen ökologischen Probleme gelöst werden.
Parteichefin Lang verurteilt Angriffe auf Politiker
Den meisten Applaus erhielt wohl die Bundesvorsitzende der Grünen, Ricarda Lang. Auch sie war nach Neumünster gekommen. In ihrer Rede machte sie klar, worum es neben inhaltlichen Fragen aktuell auch gehe. So verurteilte sie die jüngsten Angriffe auf Wahlkampfhelfer und Politiker verschiedener Parteien scharf: "Diese Gewalt im Wahlkampf ist ein Angriff auf unsere Demokratie", betonte Lang. Nach Langs Überzeugung müssen jetzt "alle Demokraten zusammenstehen und in aller Klarheit sagen 'Wir werden nicht weichen!'"
Auch der Spitzenkandidat der schleswig-holsteinischen Grünen für die Europawahl, Rasmus Andresen, wurde deutlich: Es gehe bei der Wahl in rund einem Monat nicht nur darum, welche Partei etwas besser oder schlechter abschneide, sondern auch um den Erhalt der Demokratie und der Freiheit. Diese, sagte Andresen, seien gefährdet durch die rechtsradikalen Feinde Europas, die überall auf dem Vormarsch seien.
Generaldebatte: Zwischen Tütensuppe und langem Atem
Zum Auftakt des Landesparteitags hatten die Grünen am Sonnabend eine Generaldebatte geführt: Wo ist Licht, wo fällt Schatten auf die Regierungsarbeit der Grünen im Bund und im Land? Kurz vor der Halbzeit der Legislaturperiode im Norden haben die Grünen eine überwiegend positive Zwischenbilanz ihrer Regierungsbeteiligung auf Landesebene und im Bund gezogen. Kompromisse klängen nicht immer sexy, sondern teils eher wie Spargelcreme-Suppe aus der Tüte. Ihre Partei habe jedoch einen verdammt langen Atem, so Erdmann.