Gemeinden nach Sturmflut: große Hilfsbereitschaft, große Sorgen
Vor einer Woche hat eine Rekordsturmflut die schleswig-holsteinische Ostseeküste erfasst. Seitdem haben Gemeinden mit den Nachwirkungen zu kämpfen, erleben aber auch eine starke Gemeinschaft.
Bei einem Punkt sind sich die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der überschwemmten Orte einig: Die Hilfsbereitschaft ist überall riesengroß. Es entstehen Gruppen in sozialen Medien, die sich darum kümmern, gemeinsam den örtlichen Strand aufzuräumen. Freiwillige Feuerwehren und das Technische Hilfswerk (THW) arbeiten Tag und Nacht, um die Deiche wieder herzustellen und die Küsten auf die nächste Sturmflut vorzubereiten.
Kaputter Damm und zerstörter Hafen in Damp
In Damp (Kreis Rendsburg-Eckernförde) pumpt die Feuerwehr das Wasser, das nach dem Deichbruch ins Hinterland floss, heraus. Weil es sonst bei der nächsten Flut von vorne und hinten auf den Deich drücken würde. Bürgermeisterin Barbara Feyock (SPD) weiß zu berichten, dass es am Wochenende dort deshalb keine ruhige Minute geben wird. Trotzdem blickt die Bürgermeisterin voller Elan auf die kommenden Wochen: "Wir gucken jetzt auf die Reparaturen und nicht auf das Schöne."
Das Gleiche gilt auch für den Hafen der Gemeinde, der nach der Flut aussieht wie ein Friedhof für Segelboote. Dort ist in den kommenden zwei Wochen ein Schwimmkran im Einsatz, der die gut 20 gekenterten Boote bergen soll. Der knapp 1.600-Einwohner-Ort ist aber an noch mehr Stellen hart getroffen. Auf den zwei Campingplätzen in der Gemeinde sind von den mehr als 300 Campingfahrzeugen nur noch acht unversehrt. Der Rest ist entweder ganz kaputt oder mindestens stark beschädigt.
Sonneninsel voller Zuversicht und Pläne
Auch auf der Sonneninsel Fehmarn (Kreis Ostholstein) berichtet Bürgermeister Jörg Weber (SPD) von Übergangslösungen: "Wir haben viel Organisatorisches zu tun, wir versuchen alles provisorisch irgendwie hinzubekommen." Dabei haben sich die Insulaner Materialien für die Reparatur, aber auch Pumpen besorgt, um sich auf die bald drohenden Regenfälle vorzubereiten. Weber möchte aber nicht nur wiederherstellen, sondern optimieren: "Wir waren an manchen Küstenstellen angreifbar. Deswegen muss man sich ja, wenn man es denn ordentlich endgültig wiederherstellen will, Gedanken machen, wie man es noch besser macht."
Nebenbei wird aufgeräumt und vorbereitet auf der Insel, schließlich soll zur nächsten Tourismussaison alles wieder halbwegs funktionsfähig sein, wie der Bürgermeister erklärt: "Es wird anders sein als in den letzten Jahren, das ist so. Vieles wird nur provisorisch hergestellt, manches wird noch gesperrt sein." Eben jene Sperrungen werden von einigen Leute missachtet. Etwas, das Weber missfällt. Sein Appell: "Die Abschnitte, die Wege und die Strandabschnitte, die abgesperrt sind, sollten nicht überwunden werden. Das machen wir nicht aus Jux und Tollerei." Die Rettungskräfte haben auch ohne Schaulustige oder Risikofreudige auf Fehmarn genug zu tun.
Schaulustige führen zu Straßensperrungen in Strande
Mit Schaulustigen hat auch der Bürgermeister von Strande (Kreis Rendsburg-Eckernförde), Dirk Klink (CDU), seine Erfahrungen gemacht: "Wenn jeder Sensationstourist, der im Moment im Ort ist, mit anpacken würde, dann wären wir nächste Woche fertig." Er berichtet von vielen Schaulustigen, die Selfies von sich unter umgestürzten Bäumen im Wald machen oder Rettungsarbeiten behindern: "Wir haben Straßen sperren müssen, weil wir überlaufen werden - leider Gottes im Moment auch von Publikum, die mehr ein Foto oder Selfie machen wollen, und weniger mit anpacken."
Ein Zustand, der ihn sprachlos macht, dabei hat man in der Gemeinde auch so genug zu tun: zerstörte Küstenschutzwälle, kaputte Straßen und Promenaden und Wanderwege, die nicht mehr zu nutzen sind. 30 Schäden wurden insgesamt festgestellt, diese werden nach den aktuellen Schätzungen der Gemeinde rund eine Million Euro für die Wiederherstellung verschlingen. Immerhin ist der Hafen der Gemeinde aber ohne schwere Schäden davongekommen, hier ist die Schadenssumme allerdings noch nicht genau taxiert. Die Mitarbeitenden der Gemeinde sind auch jetzt schon dabei, die Küstenschutzwälle zu flicken. Damit die nächste schwächere Sturmflut nicht zu stärkeren Schäden führt.
Schönberger Deiche machen ihren Job
Der Küstenschutz funktionierte in Schönberg (Kreis Plön) gut. Dort haben die Deiche das Schlimmste verhindert, kein Campingplatz wurde überflutet. Doch die Strände und die Deiche selbst wurden zum Teil stark mitgenommen, erzählt Bürgermeister Peter Kokocinski (SPD): "Insbesondere die Sandverluste sind so hoch wie noch nie. Der Deich sieht aus wie kurz nach dem Bau und selbst die Seebrücke hat Schaden genommen." Auch der von Einheimischen und Touristen geliebte Strand wurde in Mitleidenschaft gezogen, wie Kokocinski berichtet: "Etwas über 30.000 Kubik, die an unseren Stränden verloren gegangen sind, von Kalifornien bis Schönberger Strand. Schätzungen für die Sandaufspülungen gehen bis auf 1,5 Millionen Euro." Der Bürgermeister hofft dabei auf die Unterstützung vom Land und Kreis, da Tourismus für die Region enorm wichtig ist.