Flashmob am Gymnasium Marne: Tanzen gegen Gewalt an Frauen
Das Gymnasium Marne setzt ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen und beteiligt sich an der weltweiten Kampagne "One Billion Rising". Der Grund sind Erkenntnisse aus einer Projektwoche: Alle Schülerinnen haben schon mal sexualisierte Gewalt erfahren.
Laut den Vereinten Nationen (UN) erlebt weltweit jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt – also eine Milliarde Frauen und Mädchen. Darauf wollen sie in Marne (Kreis Dithmarschen) aufmerksam machen. Hinter "One Billion Rising" verbirgt sich eine internationale Bewegung. Jedes Jahr am 14. Februar tanzen Menschen auf der ganzen Welt in Rot und Pink - jetzt auch in Marne: Schülerinnen und Schüler versammeln sich um 9:30 Uhr auf dem Schulhof und tanzen und singen gemeinsam zum Song "Break the Chain". Auch Interessierte sind eingeladen, mitzumachen.
Erschreckende Erfahrungen auch schon in jungem Alter
In einer Projektwoche haben sich die Lehrerinnen Yvonne Herse und Svenja Hönig mit Schülerinnen der neunten bis elften Klasse mit Frauenrechten beschäftigt. Dabei ist eine #metoo-Wand entstanden, auf der sie anonym von ihren Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt berichten konnten.
Das Ergebnis: Alle Mitglieder der Projektgruppe waren bereits mindestens einmal direkt mit sexualisierter oder körperlicher Gewalt konfrontiert. "Die Erfahrungen, die unsere 15- bis 17-jährigen Schülerinnen gemacht haben, waren zum Teil so erschreckend, dass wir diesem Thema unbedingt mehr Raum geben wollten", sagt Lehrerin Yvonne Herse.
Schleswig-Holstein: Mehrere Hundert Fälle pro Jahr
Im Jahr 2023 gab es laut Polizeilicher Kriminalstatistik in Schleswig-Holstein 394 polizeibekannte Fälle sexualisierter Gewalt wie Vergewaltigung, sexuelle Nötigung oder Übergriffe - davon wurden 45 Taten versucht und 349 vollendet. Mit 378 war die weit überwiegende Mehrheit der Opfer weiblich.
Auf einer Ausstellung hat die Gruppe die #metoo-Wand öffentlich gemacht - auch andere waren eingeladen, sie zu beschriften. Die Wand ist eindrücklich, sagt Herse: "Die Reaktionen der Zuschauerinnen und Zuschauer während der Projektpräsentation haben gezeigt, dass vielen gar nicht bewusst ist, wie präsent das Thema auch bereits für Schülerinnen in diesem Alter ist."
Bedarf an Fortbildungen für Lehrkräfte
Professorin Simone Pülschen forscht an der Europa-Universität Flensburg unter anderem zu sexueller Gewalt. Sie begrüßt die Aktion, denn noch immer erfahre das Thema zu wenig Aufmerksamkeit: "Das spiegelt sich unter anderem darin, dass sowohl Fortbildungsangebote für Lehrkräfte und pädagogisches Fachpersonal als auch Präventionsangebote für Schülerinnen und Schüler nicht in ausreichendem Maße vorhanden sind."
Nach wie vor habe der Kinderschutz zudem keinen festen Platz in den Lehramtscurricula. Sie hofft, dass solche Aktionen dazu beitragen, dass Schulen zum Schutz- und Kompetenzort gegen Gewalt werden.
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