Wird die Hinterlandanbindung zum Millionengrab für Scharbeutz?

Stand: 18.06.2024 16:29 Uhr

In fünf Jahren sollen Züge über die Hinterlandanbindung des geplanten Fehmarnbelttunnels fahren. Für die regionale Bäderbahn an der Küste soll dann Schluss sein. Daran hat man in Scharbeutz große Zweifel - verbunden mit hohen Kosten.

von Hauke von Hallern

Sie bringt zahlungskräftige Touristen direkt an die Lübecker Bucht - in Kurorte wie Timmendorfer Strand, Scharbeutz oder zum Hansapark in Sierksdorf: die Bäderbahn im Kreis Ostholstein. Ursprünglich hatte die Deutsche Bahn beschlossen, die Strecke im Zuge des Neubaus der Schienenanbindung der geplanten festen Fehmarnbeltquerung stillzulegen. Anfang Juni dann beendete der bundeseigene Konzern das sogenannte Stilllegungsverfahren. Die Strecke solle weiter instand gehalten und auch nicht verkauft werden.

Scharbeutz rechnet mit vier Bahnhöfen auf engem Raum

Bis 2029, wenn auf der Hinterlandanbindung zum Belttunnel die ersten Züge rollen sollen, soll die Bäderbahn zwischen Lübeck und Neustadt weiter befahren werden. So sehen es die bisherigen Pläne vor. In Scharbeutz und dem dazugehörenden Haffkrug vermutet man jedoch, dass die Bäderbahn am Ende doch bleibt - und es in zwei Küstenorten dann vier Bahnhöfe auf engstem Raum gibt. Denn die Deutsche Bahn hält sich ein Hintertürchen für den Weiterbetrieb der Bäderbahn offen.

Deutsche Bahn: Bäderbahn kann jederzeit reaktiviert werden

Ab Herbst wird die Bäderbahn saniert und dann jährlich instand gehalten. Die Kosten dafür: 100.000 Euro pro Jahr. "In der Vergangenenheit wurden viele Strecken abgegeben, die heute nötig gebraucht werden", berichtet Bahn-Projektleiterin Jutta Heine-Seela. Sie betont, es sei alles offen und es könnte irgendwann doch noch eine Zukunft für die Bäderbahn geben, die Strecke könne jederzeit reaktiviert werden - obwohl das Land Schleswig-Holstein am Aus der Bäderbahn festhält und keine Züge auf der Strecke bestellen will.

Bürgermeisterin Schäfer: "Gedanken sind schwer zu erklären"

Das nährt die Zweifel in Scharbeutz. Bliebe die Bäderbahn, hätte die Gemeinde zwei Bahnhöfe als Haltepunkte an der geplanten Hinterlandanbindung - über die neben dem Regionalverkehr auch der Güter- und Fernverkehr rollen soll - und zwei an der alten Bäderbahntrasse. "Dann haben wir in zwei kleinen Küstenorten vier Bahnhöfe", sagt Bürgermeisterin Bettina Schäfer (parteilos), "in Haffkrug liegen sie 100 Meter und in Scharbeutz 200 bis 300 Meter auseinander. Das ist schon schwer zu erklären, wie man auf solche Gedanken kommen kann."

Pläne für Bäderbahn können Pläne für Hinterlandanbindung durchkreuzen

Für die Deutsche Bahn ist das Projekt Hinterlandanbindung das "vordringliche Ziel, das wir auch nicht verlassen", wie es Jutta Heine-Seela formuliert. Heißt auch: Die Bahn füttert Spekulationen über eine über 2029 hinausgehende Zukunft der Bäderbahn nicht. Erhält sie die Bäderbahn langfristig, könnte das Verzögerungen für den Bau der Hinterlandanbindung bedeuten: durch neue Gutachten, Umplanungen und möglichweise langwierige neue Klagen. Das will das Unternehmen unbedingt vermeiden.

Neue Bahnhöfe kosten Scharbeutz vier Millionen Euro

Kommunen wie Scharbeutz hängen deshalb in der Luft. "Wir müssen zwei neue Bahnhöfe bauen. Das kostet vier Millionen Euro aus der Gemeindekasse", sagt Bürgermeisterin Schäfer. "Dazu kommt noch die Verkehrsanbindung für die beiden neuen Bahnhöfe. Das ist für eine Gemeinde mit 12.000 Einwohnern viel Steuergeld." Die Hinterlandanbindung sei außerdem eine Fernverkehrsstrecke, die vor allem eine schnelle Verbindung sein soll. "Bleibt die regionale Bäderbahn, wird doch kaum ein Zug auf der neuen Schnellstrecke halten. Dann sind die Millionen Euro teuren Bahnhöfe in der Gemeinde Lost Places."

Schäfer fühlt sich von Bahn und Land im Stich gelassen. Es gehe nur noch darum, die Hinterlandanbindung durchzudrücken, ohne Klagen zu riskieren. Was das für die Menschen in der Region bedeute, sei egal, so Schäfer. Die Bürgermeisterin fordert jetzt Klarheit. Doch die wird sie laut Bahn nicht so schnell bekommen.

Weitere Informationen
Ein Zug fährt in den Bahnhof in Timmendorfer Strand © NDR Foto: Hauke von Hallern

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 18.06.2024 | 19:30 Uhr

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