Faulschlamm in Teichen: Lösen Bakterien das Kostenproblem?

Stand: 27.08.2023 10:00 Uhr

Im Mühlenteich in Trittau hat sich über Jahrzehnte Faulschlamm angesammelt. Die Entsorgung kostet die Gemeinde einen Millionen-Betrag. Der Einsatz von Bakterien könnte eine Alternative sein.

von Ole ter Wey

Mit einem lauten "Platsch" lässt ein Fahrer das Amphibienfahrzeug ins Wasser, wühlt sich danach mit einem monotonen Brummen durch den mehr als sportplatzgroßen Mühlenteich in Trittau (Kreis Stormarn). Unterbrochen wird das Geräusch immer dann, wenn der Schlauch vorne am Fahrzeug in eine neue Position gebracht wird. Ähnlich einem Rüssel hängt der Schlauch am vorderen Ende des Gefährts ins Wasser und saugt Schlamm vom Grund des Teichs ab. Dieses Bild hat sich am Mühlenteich in den vergangenen Monaten immer wieder gezeigt. Denn am Grund des Teichs hat sich viel Faulschlamm gebildet, der das Ökosystem belastet.

Entschlammung von Teichen gesetzlich nicht vorgeschrieben

Als Faustregel gibt der Naturschutzbund (NABU) an: Spätestens alle fünf Jahre sollte sich eine Gemeinde um Schlammablagerungen in Teichen kümmern. Die Ablagerungen bilden sich, wenn über einen längeren Zeitraum besonders viele Algen im Teich gewachsen sind und dann zersetzt werden. Sammelt sich dieser Schlamm über einen längeren Zeitraum, kann das fatale Auswirkungen auf das Ökosystem haben: Der Sauerstoffgehalt im Wasser sinkt, es gibt immer weniger Leben im Teich, außerdem fängt das Wasser an, unangenehm zu riechen.

In Trittau war die Fünf-Jahres-Marke beim Mühlenteich in diesem Jahr weit überschritten. "Genau kann ich nicht sagen, wie lange das her ist", erzählt Bürgermeister Oliver Mesch (parteilos). "Aber es gibt noch ältere Gemeindevertreter, die sich dunkel daran erinnern." Ein wenig Recherche später ist klar: Ganze 40 Jahre wurde der Mühlenteich nicht mehr entschlammt. Sanktionen muss die Gemeinde nicht fürchten, denn gesetzlich ist die Entschlammung von Teichen nicht vorgeschrieben.

Teure Entsorgung: Faulschlamm ist mit Schadstoffen versetzt

Die Entsorgung vom Schlamm aus dem Trittauer Mühlenteich mit Hilfe des Amphibienfahrzeugs kostet gut 1,3 Millionen Euro. Der Faulschlamm ist mit Schadstoffen aus dem Autoverkehr versetzt, die von angrenzenden Straßen über Jahrzehnte in den Teich geschwemmt wurden. Bei der Entsorgung wird deshalb ein Aufschlag fällig. Und sowohl die Bürgermeister der vergangenen Jahrzehnte als auch Oliver Mesch haben immer wieder andere Prioritäten gesetzt. "Für die Gemeinde ist das eine teure Tasse Tee", sagt er. "Wir bauen gerade eine neue Kita. Und wenn man Eltern da hat, die ihre Kinder in die Betreuung geben müssen, hat das natürlich einen deutlich größeren Druck als der Mühlenteich, in dem sich der Schlamm ansammelt. Man sieht es ja auch nicht."

Laut NABU ist der Schlamm bei einem Kontakt mit der Haut auch nicht gefährlich. Bei empfindlichen Personen könne er höchstens einen Ausschlag hervorrufen.

Städteverband: Kosten schränken Handlungsfähigkeit von Gemeinden ein

Dass in den vergangenen Monaten immer wieder das Amphibienfahrzeug über den Mühlenteich gefahren ist, hat zwei Gründe: Zum einen droht der Teich zu verlanden, an einigen Stellen ist er wegen des ganzen Schlamms nur noch 80 Zentimeter tief. Und zum anderen gewährt das Land einen Zuschuss für eine dringend benötigte Fischtreppe im Zulauf zum Mühlenteich, der Mühlau.

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Aber dieser Zuschuss ist an die Vorgabe gekoppelt, dass der Mühlenteich endlich entschlammt wird. Die Kosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro schlucken etwa fünf Prozent des gesamten Jahreshaushalts, schränken damit die Handlungsfähigkeit der Gemeinde ein, kritisiert Hanno Krause vom Städteverband Schleswig-Holstein.

Kein Geld vom Land: Entsorgung ist laut Umweltministerium Aufgabe der Kommunen

Nach Angaben des Landes gibt es tatsächlich keine Fördertöpfe für die Entschlammung von Teichen. Diese Aufgabe liege ganz klar im Aufgabenbereich der Kommunen, so ein Sprecher des Umweltministeriums. "Ich bin der Meinung, dass wir gerade in dem Bereich finanzielle Unterstützung vom Land brauchen", kontert Krause: "Die Gemeinden können nichts dafür, wenn Sedimente und Schadstoffe in ihre Teiche eingetragen werden. Und es darf nicht sein, dass unter diesen unverschuldeten Ausgaben dann Kulturangebote und das Vereinsleben leiden." Für Trittau käme eine etwaige Gesetzesänderung für diese Entschlammung in jedem Fall zu spät.

Gemeinde Ulsnis setzt auf Bakterien als Faulschlamm-Fresser

Und auch andere Kommunen suchen nach alternativen Strategien, den Kostenpunkt der Teichentschlammung zu minimieren. Die Gemeinde Ulsnis im Kreis Schleswig-Flensburg beispielsweise geht einen ganz neuen Weg und will dem Schlamm mit Bakterien beikommen. Dieses Verfahren ist laut Bürgermeister Jürgen Schmidt (FWU) in Deutschland gerade erst zugelassen worden. "Ein Gemeindevertreter hat durch Zufall von dieser neuen Technik aus den USA gehört und wir haben dann Kontakt zu der Firma aufgenommen", erzählt Bürgermeister Schmidt.

Zwei weiße Behälter stehen auf Gestellen mit Rollen und sind mit zwei Schläuchen verbunden. © Blue Planet Germany GmbH
In Ulsnis sollen Bakterien das Schlammproblem lösen. Dafür werden sie in Kanistern bei bestimmten Temperaturen gezüchtet und regelmäßig in den Teich eingelassen.

Die Vorteile seien, dass "Sie nicht ausbaggern müssen, Sie lassen die Teiche so, wie sie sind", sagt Schmidt: "Dann impfen Sie im Grunde die Teiche mit Bakterien und fügen Sauerstoff hinzu. Den Rest machen dann die Bakterien." Und ein weiterer, entscheidender Vorteil: In Ulsnis zahlen sie für die klassische Entschlammung des Klärteichs normalerweise 500.000 Euro. Die neue Alternative mit Bakterien koste die Gemeinde jetzt nur knapp 100.000 Euro, so Schmidt.

NABU schlägt vor, Wasser aus Teichen regelmäßig abzulassen

Die Gemeinde Ulsnis testet das Verfahren laut ihrem Bürgermeister nun seit etwa drei Monaten. In dieser Zeit seien tatsächlich bereits 70 Prozent des Schlamms von den Bakterien gefressen worden. Eine weitere, ebenfalls preisgünstigere Alternative schlägt Thomas Behrends vom NABU vor. "Bis in die 1950er-Jahre wurden gerade im Kreis Stormarn die Teiche noch regelmäßig abgelassen. Das lag an der fischereilandwirtschaftlichen Nutzung der Teiche. Und wenn der Boden der Teiche alle ein, zwei Jahre mit Sauerstoff in Berührung kommt, kann das schon ausreichen, um die Bildung von Faulschlamm zu verhindern", so Behrends.

Heute werden nur noch ganz wenige Teiche trockengelegt, Beispiele sind der Lebrader Teich und der Kührener Teich im Kreis Plön. Hier wird dieses Verfahren aus Naturschutzgründen weiterhin angewendet.

Trittau sucht nach Lösungen, damit der Schlamm gar nicht entsteht

Der Bürgermeister der Gemeinde Trittau, Oliver Mesch, ist jetzt erstmal froh, dass die Entschlammung vom Mühlenteich seit wenigen Tagen abgeschlossen ist. Als nächstes steht der Bau eines sogenannten Beipasses an, der den Großteil der Strömung vom Teichzufluss um den Teich herumführen soll. So sollen auch weniger Sedimente in den Mühlenteich gelangen und der Teich nicht so schnell wieder verschlammen.

Darüber hinaus möchte sich Mesch aber "mit unserem Ingenieursbüro zusammensetzen. Wir wollen Lösungen finden, wie wir präventiv der Verschlammung entgegenwirken können." Auch eine regelmäßige Trockenlegung des Teichs oder ganz andere Alternativen wie der Einsatz von Bakterien sollen laut Mesch dabei zumindest in Betracht gezogen werden.

Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 28.08.2023 | 19:30 Uhr

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