Existenzkampf der Meierei Horst: Das Hoffen auf neue Mitglieder
Die Meierei Horst kämpft um ihre Existenz. Geschäftsführer Achim Bock bleiben noch sieben Tage, um 300.000 Euro aufzutreiben. Für eine Rettung braucht er mindestens 186 neue Genossenschaftsmitglieder.
Bock sitzt auch im Vorstand der Traditionsmeierei im Kreis Steinburg. 132 Jahre ist sie alt und "die letzte ihrer Art", wie sie ihre Produkte bewerben. Vollmilch. Fettarme Milch. Buttermilch. Schlagsahne. Joghurt. Butter. Kräuterbutter. Alles Produkte, die in der 5.000-Einwohner-Gemeinde hergestellt werden. Doch wie lange noch, das wissen weder Achim Bock noch die Mitarbeiter. Gestiegene Preise bei Energie, Logistik und Verpackungen - die Herausforderungen für die kleine Genossenschafts-Meierei Horst sind enorm und haben dazu geführt, dass das Unternehmen kurz vor der Pleite steht.
Ob der Betrieb die kommenden Monate übersteht, ist noch nicht sicher - um die Liquidität zu sichern, braucht die Meierei kurzfristig Geld. Viel Geld: 300.000 Euro. Ein Drittel davon wollen sie über neue Mitglieder bekommen. Eine Besonderheit - denn an der Meierei können sich nicht nur Landwirte beteiligen, sondern auch Verbraucher.
Das Ziel: 186 neue Mitglieder in sieben Tagen
539 Euro kostet eine Mitgliedschaft - das entspricht sieben Anteilen á 77 Euro. Die Meierei braucht also 186 neue Genossenschafts-Mitglieder bis zum 15. Februar - vor rund zwei Wochen waren es 360. Bekommen sie diese nicht, müsste auch den noch verbliebenen zwölf Mitarbeitern gekündigt werden. Vier Beschäftigte hat es schon getroffen.
Zusätzlich wurde die Quarkproduktion komplett eingestellt. Die Verkaufszahlen seien zwar zufriedenstellend gewesen - aber die Produktion sehr energieaufwändig. Es habe sich einfach nicht mehr gerechnet, so Bock. Butter und Joghurt werden nun zudem in einem statt in zwei Gebäuden produziert, wegen der Heizkosten.
Die Tage für die Milchanfuhr haben sie reduziert, um an den anderen Tagen beispielsweise Butter produzieren zu können. "Die Lage ist schon ernst", sagt Achim Bock. "Wir müssen laut unserem Plan die Monate bis Juni überstehen. Da brauchen wir noch Geld, das wir jetzt einsammeln müssen."
Spendenaktion kommt auf 11.000 Euro
Nur wenige hundert Meter neben der Produktionshalle sorgt sich André Michen um die Zukunft der Meierei. Er verkauft die Produkte, neben anderen Spezialitäten aus der Region. Er findet, dass der Traditionsbetrieb geschützt werden müsse und hat deshalb vor etwa anderthalb Wochen eine Spendenaktion im Internet gestartet. Mehr als 11.000 Euro sind dort schon zusammen gekommen.
An anderen Stellen tut sich ebenfalls etwas: Der Leiter von drei Supermarkt-Filialen hat vergangene Woche Genossenschaftsanteile für alle drei Filialen gezeichnet, private Genossenschaftsmitglieder haben ihre Anteile noch mal erhöht - im schlimmsten Fall verlieren sie ihr Geld.
Für viele Kunden ist die Meierei eine Institution
An eine möglich Insolvenz will Geschäftsführer Bock am liebsten gar nicht denken. Nicht daran, was das für die elf Milchviehbetriebe im Umkreis bedeutet, die sie beliefern. Und die verbliebenen zwölf Mitarbeiter. Und für die Kunden, die ihnen jahrzehntelang treu waren.
Doch es gibt Grund zur Hoffnung: Unter anderem durch die Spendenaktion, durch neue Mitstreiter und Darlehen haben sie knapp die Hälfte der 300.000 Euro eingeworben. Es ist also möglich, dass die kleine Meierei in Horst auch diese Krise überstehen wird.