Europawahl 2024: Mit diesen Plänen werben die kleinen Parteien
Alle fünf Jahre wählen Bürgerinnen und Bürger bei der Europawahl ein neues EU-Parlament. In diesem Jahr stehen 34 Parteien und sonstige politische Vereinigungen auf dem Stimmzettel. Ein Novum: Erstmals dürfen auch Jugendliche ab 16 Jahren ihr Kreuz machen.
Die fehlende Fünf-Prozenthürde könnten auch kleineren Parteien den Einzug in das Europaparlament ermöglichen. Wir stellen vor, was sie fordern, darunter die Linke, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), die Partei und die Tierschutzpartei.
Die Linke: "Mehr Gemeinwohl, ein gerechtes Europa"
"Gemeinwohl, Gerechtigkeit, Gleichheit" - Für die Linke steht fest: Es braucht eine Vier-Tage-Woche. Um die Schere zwischen den hohen Profiten der Konzerne und niedrigen Löhnen abzuschaffen, fordert die Partei einen Mindestlohn von 15 Euro und eine 30-Stunden-Woche. 2019 erhielt die Partei 5,5 Prozent der Stimmen und zog mit fünf Abgeordneten ins EU-Parlament ein, diese sind: Özlem Alev Demirel, Cornelia Ernst, Martina Michels, Martin Schirdewan und Helmut Scholz. "Wir sind in dieser Legislatur zwar die kleinste, aber bei weitem nicht die politisch schwächste Fraktion", schreibt Schirdewan auf der Parteiseite.
Die Arbeit der vergangenen Jahre resümiert die Partei als "konstruktive, durchaus erfolgreiche Arbeit", auch wenn nicht alle Themen besetzt werden konnten, die der Partei wichtig seien, heißt es.
Als Spitzenkandidaten stehen Martin Schirdewan und Carola Rackete zur Wahl. Schirdewan kämpft unter anderem für öffentliche Investitionen statt Kürzungspolitik, Rackete will eine Perspektive für Menschen, die durch die Klimakrise zur Flucht gezwungen sind. Der Landesvorstand der Partei in Schleswig-Holstein besteht aus acht Mitgliedern. Landessprecher sind Susanne Spethmann und Luca Grimminger.
Auf ihrem Wahlprogramm für die Europawahl nennt die Linke zehn Gründe, die Partei zu wählen. Unter anderem setzt sie sich für einen "klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft ein, der sichere Arbeitsplätze mit guten Löhnen schafft." Auch soll ein soziales Klimageld eingeführt werden, um Menschen mit niedrigen Einkommen zu unterstützen.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW): Scharfe Kritik an EU-Politik
Das "Bündnis Sahra Wagenknecht - Vernunft und Gerechtigkeit" will das Parteienspektrum aufmischen. Sahra Wagenknecht, ehemalige Fraktionschefin der Linken, gründete im September 2023 ihre eigene Partei. In ihrem Wahlprogramm kritisiert die Partei die Europäische Union scharf und fordert ein Umdenken in der bisherigen EU-Klimapolitik. Gelingt es ihr am 9. Juni genügend Stimmen zu mobilisieren, will Wagenknecht unter anderem den Handel mit CO2-Zertifikaten abschaffen.
Die drei wichtigsten Themen der Partei: "Energiepreise senken für mehr Wettbewerbsfähigkeit, Meinungsfreiheit und das Beenden von Kriegen durch diplomatische Initiativen", heißt es auf der Webseite. So spricht sich das BSW gegen eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine und gegen weitere neue EU-Mitglieder aus. Auch sollten keine weiteren Waffen an die Ukraine geliefert werden, denn Europa könne "aufgrund seiner geopolitischen Lage und seiner Abhängigkeit von Rohstoffen zum Verlierer werden", heißt es im Parteiprogramm. Es sei ein Irrglaube, dass nur Waffen Konflikte lösen könnten. Stattdessen soll Europa erneut "zu dem Friedensprojekt werden, als dass es einst konzipiert worden war". In der Migrationspolitik plädiert die Partei für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen oder Drittstaaten. Spitzenkandidat für die Europawahl ist der frühere Linken-Europaabgeordnete Fabio De Masi.
Die Partei: Mit Politsatire überzeugen
Die "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative" wurde 2004 von Mitarbeitern des Satiremagazins Titanic gegründet. Seit 2014 ist der ehemalige Titanic-Chefredakteur Martin Sonneborn Abgeordneter im EU-Parlament. Nach eigenen Angaben zählt die Partei 1.801 Mitglieder in Schleswig-Holstein, Landesvorsitzender ist Florian Wrobel.
Das Markenzeichen der Partei: Parodistische Anspielungen auf politische Zielsetzungen der anderen Parteien. In ihrem Wahlprogramm weist die Partei mit Satire auf Missstände hin. Geht es nach dem schleswig-holsteinischen Landesverband sollte es beispielsweise mehr Spielekonsolen für medizinisches und pflegerisches Personal geben, um gegen die Langeweile nach der Pandemie vorzubeugen. Schulsanierungen sollten Schülerinnen und Schüler selbst vornehmen. Weiter heißt es: Damit Kreuzfahrtschiffe "nicht länger ausschließlich den Kieler Hafen verpesten", sollten die Schwentine, Pinnau und Treene ausgebaggert werden. Auch solle Sylt für einen symbolischen Euro an Dänemark übergeben werden und ein Naturschutzgebiet entstehen, um weitere Kosten für die Insel zu stoppen. Im Europawahlprogramm fordert die Partei unter anderem ein 1er-Abitur für alle, um anstrengende Abiturprüfungen zu vermeiden. Ihre Definition von Elitenförderung: "Unter 30 sollte man sich vor geregelter Arbeit drücken".
Tierschutzpartei: Biovegane Landwirtschaft
Die Tierschutzpartei rechnet sich Chancen aus, gleich mit mehreren Kandidaten ins Parlament einzuziehen, heißt es auf ihrem Wahlplakat.
Im Fokus des Programms: Das Wohl der Tiere sowie eine veränderte Agrarpolitik. Gegründet im Jahr 1993 entstand die "Partei Mensch Umwelt Tierschutz" aus einer Tierschutzbewegung. Nach eigenen Angaben verzeichnet die Partei 80 Mitglieder in Schleswig-Holstein, bundesweit sind es 2.400 Mitglieder. Ihr Wahlprogramm ist unterteilt in die Themenbereiche Mensch, Umwelt und Tierschutz, darunter unter anderem das Verbot von Tierversuchen. Außerdem will die Partei den Tierschutz im Grundgesetz verankern. Vorsitzende des Landesverbandes Schleswig-Holstein sind Claus Detlefs und Janine Bahr van Gemmert. Geht es nach der Partei soll ein EU-Kommissariat für Tierrechte entstehen.
#NDRfragt: Themen für Schleswig-Holstein unterrepräsentiert
Nach einer Umfrage von #NDRfragt fühlen sich nicht alle Menschen von der Politik im EU-Parlament angesprochen. 61 Prozent der befragten Teilnehmer hätten nicht das Gefühl, dass im EU-Parlament die für Schleswig-Holstein wichtigen Themen besprochen werden. Aus Sicht der Teilnehmender sind das vor allem Klimaschutz, Flüchtlingspolitik und Sicherheit. 79 Prozent der Befragten sorgen sich um den Zusammenhalt zwischen den EU-Ländern.