Der Elb-Fähre hat gerade in Brunsbüttel abgelegt. © NDR Foto: Sven Jachmann

Elbfähre Brunsbüttel-Cuxhaven: Reeder scheuen teure Investition

Stand: 14.09.2024 12:01 Uhr

Die Autofähre von Brunsbüttel nach Cuxhaven hat großes Potential, findet Brunsbüttels Bürgermeister Martin Schmedtje. Doch die Reeder fürchten Millionenverluste.

von Sven Jachmann

Drei Mal haben Unternehmer und Reeder probiert, eine Autofähre zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven gewinnbringend zu betreiben. Es hat nicht funktioniert. Zuletzt mussten die Betreiber von Greenferry Insolvenz anmelden. Nach nur neun Monaten kam im November 2021 das Aus. Der Treibstoff LNG hatte sich enorm verteuert, zudem bekam das Unternehmen keine Corona-Hilfen vom Land. "Da war schon auch Pech dabei", sagt Brunsbüttels Bürgermeister Martin Schmedtje (parteilos).

Mit Blick auf den Fähranleger in Brunsbüttel ist er aber sicher: Da geht noch was. "FRS hat den Anleger gekauft. Wohl nicht nur deshalb, damit hier drei Mal die Woche der Halunder-Jet nach Helgoland abfährt." Aber FRS-Geschäftsführer Tim Kunstmann winkt ab. Seine Reederei hätte diverse Kalkulationen aufgestellt, aber unterm Strich kam immer ein Millionenverlust heraus.

"Das Hauptproblem ist, dass die Fähre die Elbe nicht direkt quert, sondern die Elbe entlangfährt. Das macht die Fahrt aber zu lang und zu teuer." FRS-Geschäftsführer Tim Kunstmann

Das Vertrauen der Logistikbranche ist auf einem Tiefpunkt

Nur wenn genügend Lkw für eine Grundauslastung sorgen, macht eine Fähre Gewinn, weiß Tim Kunstmann. Er betreibt unter anderem die Elbfähre Glückstadt-Wischhafen. 80 Lkw pro Tag, damit hatte der letzte Betreiber kalkuliert. "Leider sind die Unternehmen aber sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, eine gewisse Anzahl an Lkw-Überfahrten zu garantieren", erklärt der Reeder.

VIDEO: Fähre zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven: Revival möglich? (2 Min)

Der Unternehmensverband Logistik spielt den Ball allerdings wieder zurück. "Um langfristige Verträge abschließen zu können, brauchen wir eine langfristige Zeitspanne, auf die wir uns verlassen können", fordert Thomas Rackow vom Unternehmensverband. Das Vertrauen seiner Branche ist nach den Fehlversuchen der Reedereien gesunken.

Eine Fähre nach Cuxhaven reicht nicht

Hinzu kommt: Zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven gäbe es mit nur einer Fähre zu wenig Überfahrten, so Tim Kunstmann von FRS. Wenn ein Lkw nur wenige Minuten zu spät kommt, weil er im Stau stand, muss er zwei Stunden auf die nächste Überfahrt warten.

Wasserstoff zu teuer: Reeder müssen 30 bis 45 Millionen Euro investieren

Tim Kunstmann, der Geschäftsführer der Reederei FRS © NDR Foto: Sven Jachmann
Tim Kunstmann, Geschäftsführer der Reederei FRS, befürchtet ein Minusgeschäft mit der Fährverbindung.

Kürzlich haben Brunsbüttels Bürgermeister Schmedtje und der Bürgermeister von Cuxhaven eine Studie in Auftrag gegeben. Hafenlogistik-Experten des Unternehmens Ramboll aus Rostock haben sie erstellt und kommen zu folgendem Schluss: Das Schiff muss schnell sein und in Zukunft mit Wasserstoff oder Methanol fahren. Ab 2030, so der Ausblick der Studie, sind größere Mengen Wasserstoff auf dem Markt. Bis dahin könne ein möglicher Betreiber ein bereits bestehendes Schiff auf der Strecke einsetzen, das zunächst mit Biodiesel fährt, so die Experten von Ramboll.

Doch der Umstieg auf Wasserstoff wird teuer. Ein Neubau kostet nach Schätzungen von Ramboll zwischen 30 und 50 Millionen Euro.

Cuxhaven produziert bereits Wasserstoff für Schiffe

Für einen neuen Versuch spricht hingegen die regionale Verfügbarkeit von Wasserstoff. Darauf hat die Studie hingewiesen. Es gibt mehrere Vorhaben in Norddeutschland. So ist unter anderem in Hamburg-Moorburg eine große Wasserstoff-Produktion geplant, die 2027 ihren Betrieb aufnehmen soll. In Cuxhaven wird sogar bereits Wasserstoff hergestellt. Mit dem fährt ein Versorgungsschiff zur Bohrinsel Mittelplate. Die Anlage produziert nach eigenen Angaben des Unternehmens Turneo 200 Kilogramm am Tag. 1.000 Kilogramm wären möglich. Ein schneller Elbkatamaran bräuchte allerdings zwei Tonnen täglich. Laut Turneo wäre ein Ausbau in einem Jahr möglich. Dann könnten fünf Tonnen Wasserstoff pro Tag produziert werden.

Martin Schmedtje (CDU), der Bürgermeister von Brunsbüttel © NDR Foto: Sven Jachmann
Der Bürgermeister von Brunsbüttel, Martin Schmedtje, bleibt optimistisch, auch wenn die Vorzeichen schwierig sind.
Mit Elbfähre würden zwei boomende Regionen zusammenwachsen

Martin Schmedtje will nicht aufgeben. "Die Verbindung wirtschaftlich zu gestalten wäre ein Traum", sagt er. Unterstützt wird er von der Entwicklungsgesellschaft Westholstein (egw), die als regionale Wirtschaftsförderungsgesellschaft die regionale Entwicklung begleitet. Dort kann die erwähnte Ramboll-Studie heruntergeladen werden. Roy Kühnast von der Entwicklungsgesellschaft erklärt dazu: "Wir sind mit allen Akteuren im Gespräch. Aber man muss auch klar sagen: Nach den drei gescheiterten Versuchen wird sich die Logistikbranche den nächsten Fährbetreiber genau anschauen und prüfen, inwiefern der auch schwierige Zeiten durchstehen kann." Seine Wirtschaftsfördergesellschaft will in den kommenden Monaten auch ermitteln, wer denn eine neue Fähre nutzen würde.

Zu den aktuellen Bedingungen mag sich die Fähre zwar nicht lohnen, FRS-Geschäftsführer Tim Kunstmann sagt aber auch: "Wir sind in grüner Schifffahrt involviert, wir betreiben Wasserstoff- und Elektroschiffe. Aktuell sind die Preise für grünen Wasserstoff noch exorbitant hoch. Aber nichtsdestotrotz, wir werden das im Auge behalten und überprüfen das laufend." Für Bürgermeister Martin Schmedtje ist klar: durch die Fähre würden zwei Boomregionen stärker zusammenwachsen: "Würde ich noch einmal an Bord dieser Fähre stehen und nach Cuxhaven fahren, wäre das sicher emotional."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 16.09.2024 | 16:30 Uhr

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